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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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of Walraven gehörte es, den Schiffen entlang der Küste Geleitschutz zu geben. Ein Dienst, für den die Kapitäne zu zahlen hatten. Und zwar an einen Zöllner des Dukes, der auf den Skoken Islands lebte, einer Inselgruppe unmittelbar vor der Küste. Doch Maximilian of Walraven, Victorians Vater, nahm die Aufgabe des Geleitschutzes nicht wahr – bezahlen mussten die Schiffskapitäne trotzdem.“
    „Psst!“ Eloïse sah Raine erschrocken an und legte ihren Zeigefinger vor den Mund. „Nicht so laut. Victorian sitzt dort hinten.“
    „Soll er es hören, es ist die Wahrheit!“, erwiderte Raine unbeeindruckt. „Aber wahrscheinlich wird er mir meine Ehrlichkeit bei unserem nächsten Trainingskampf heimzahlen!“
    „ Wenn wir irgendwann einmal trainieren sollten“, murrte Harper, bevor er sich den nächsten Löffel Kohlgemüse in den Mund schob.
    „Wo war ich stehen geblieben?“, fragte Raine.
    „Dass Victorians Vater sich nicht um den Schutz der Handelsschiffe gekümmert hat“, half Eloïse weiter.
    „Richtig. Das war sein Pech und unser Glück. Vor zehn Jahren hat mein Vater die Skoken Inseln besetzt, und dem Duke gelang es trotz all seiner Macht nicht, uns zu vertreiben, weil er seine Kriegsmarine aus Kostengründen verkleinert hatte.“ Raine lächelte diabolisch. „Der König, eigentlich ein guter Freund des Hauses Walraven, ärgerte sich über die Nachlässigkeit von Maximilian. Zur Strafe entzog er ihm die Skoken Inseln, adelte meinen Vater und setzte ihn als Baron dort ein. Seitdem gewährt meine Familie den Handelsschiffen Schutz.“
    Er bemerkte ihren fragenden Gesichtsausdruck. „Mein Vater war tatsächlich ein Pirat, aber das ehrbare Leben als Lord gefällt ihm viel besser. Und so kam es, dass ich zusammen mit Victorian die Adelsschule besucht habe – kein glückliches Aufeinandertreffen, wie du dir sicher denken kannst.“ Raine zuckte mit den Schultern. „Und wie es aussieht, gehen die Niederlagen für Seine Gnaden in Greystone gleich weiter: belehrt vom ehrlosen Fechtmeister und gestritten mit dir, dem Sohn eines unbedeutenden Barons.“
    „Das müssen zwei rabenschwarze Tage für Victorian sein“, stimmte Harper zu. „Normalerweise wagt es niemand, ihn zu kritisieren. Mal sehen, wie lange er es in der Akademie aushält.“
    Raine lachte, doch dann verschwand aller Spaß aus seiner Stimme. „Korin, ich muss dich warnen. Solltest du wider Erwarten häufiger mit Seiner Gnaden zu tun haben, vergiss nicht: Victorian kennt keine Freunde, nur Untergebene. Du wärst nicht der Erste, der von ihm lediglich benutzt wird.“
    Eloïse wollte etwas erwidern, doch in diesem Moment lief Victorian an ihrem Tisch vorbei. Er sagte nichts, aber in seinem Blick lag pure Verachtung. Eloïse schlug die Augen nieder – auch wenn sie nach allem, was sie eben gehört hatte, nicht verstehen konnte, wieso sie ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte. Um Raine nicht antworten zu müssen, biss sie in ein Stück Brot und lauschte Harper, der sich erneut über den untauglichen Fechtmeister aufregte.
     
    Am Nachmittag versammelten sich die Studenten wieder in der Waffenhalle. Und Harpers Wunsch, der Fechtmeister möge sie diesmal richtig kämpfen lassen, schien sich tatsächlich zu erfüllen.
    „Wir fangen mit Übungen in Kleingruppen an“, erklärte Ian den jungen Männern. „Gruppe eins: Korin, Leroy, Crispin und Victorian.“
    „Wie bitte?“ Victorian trat auf Ian zu. „Diese Einteilung ist lächerlich! Es ist wider alle Vernunft, schwache und starke Kämpfer miteinander trainieren zu lassen, das bringt niemandem etwas.“
    „Ich behaupte aus Erfahrung das Gegenteil“, erwiderte Ian. „Oder teilt Ihr die Burgwache von Walraven so ein, dass immer nur sehr gute und sehr schlechte Soldaten zusammen ihren Dienst versehen?“ Er lächelte Victorian an. „Dann will ich nicht in Eurer Burg übernachten, wenn die schwache Gruppe das Tor bewacht.“
    „Darüber musst du dir keine Gedanken machen“, antwortete Victorian kalt, „denn du wirst nie auch nur einen Fuß nach Walraven setzen!“
    „Das mag so sein“, entgegnete Ian. „Gruppe zwei: Raine, Finley, Prosper und Nathaniel. Gruppe drei: Harper, Brendan …“
    Missmutig fanden sich die Studenten zusammen. Insgeheim teilten sie wohl alle Victorians Meinung über die merkwürdige Einteilung, vermutete Eloïse. Ian trat vor die jungen Männer und demonstrierte eine Angriffskombination, die aus fünf Einzelschlägen bestand. Anschließend wies er die

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