Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Rote Kornfeld

Das Rote Kornfeld

Titel: Das Rote Kornfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
Vom Netzwerk:
kehrten sie auf die Straße zurück und machten sich auf den Weg zur Gemeinde Nordost-Gaomi. Eine Staubwolke folgte ihren Spuren.
    Einen Augenblick war er verwirrt, dann erkannte Großvater, was geschah. «Scheiße», sagte er und schlug sich auf den Schenkel. «Diese Entführung ist in die Hose gegangen!»
    Die zwei jungen Banditen, denen die Feinheiten der Situation entgingen, fragten dümmlich: «Wo reiten die denn hin?»
    Ohne ein Wort zu sagen, feuerte Großvater ein paar Schüsse auf die sich entfernenden Reiter ab. Aber sie waren außer Schussweite, und seine Kugeln trafen nur den Staub, den die Pferde aufgewirbelt hatten.
    Der schlaue kleine Yan führte seine Männer in unser Dorf in der Nordostgemeinde und direkt zu unserem Haus. Er hatte ein flinkes Pferd, und er kannte den Weg. Inzwischen lief Großvater so schnell ihn seine Beine tragen wollten. Der Sohn des Richters Cao, der ein Luxusleben gewohnt war, war so anstrengenden Tätigkeiten nicht gewachsen und schaffte nur etwa einen halben Kilometer, bevor er zusammenbrach und reglos auf dem Boden lag. «Knall ihn ab und lass die Sache gut sein», schlug einer der jüngeren Banditen vor. «Er macht zuviel Ärger.»
    «Der kleine Yan ist hinter meinem Sohn her», sagte Großvater.
    Also hob Großvater den kleinen Cao auf, packte ihn auf die Schulter und machte sich im Laufschritt auf den Weg. Als die jüngeren Banditen ihn anfeuerten, schneller zu laufen, sagte er: «Wir sind sowieso zu spät dran, also brauchen wir uns auch nicht mehr zu beeilen. Es kommt schon alles in Ordnung, wenn nur dieser kleine Schweinehund am Leben bleibt.»
    Der kleine Yan und seine Leute brachen die Tür auf, stürzten ins Haus, schnappten sich Großmutter und Vater und banden sie auf einem Pferd fest.
    «Du blinder Hundesohn», tobte Großmutter, «ich bin die Pflegetochter des Richters Cao !»
    Mit finsterem Lächeln sagte der kleine Yan : «Ja, und seine Pflegetochter sollen wir uns holen, hat er gesagt.»
    Der kleine Yan und seine Reiter trafen Großvater auf halber Strecke. Man hielt den Geiseln die Pistole an den Kopf, als sie so nahe aneinander vorbeigeschleppt wurden, dass sie einander hätten berühren können. Aber niemand wagte es, eine drohende Bewegung zu machen.
    Großvater sah Großmutter an, der man die Hände auf den Rücken gebunden hatte, und Vater, den der kleine Yan fest im Arm hielt.
    Die Pferde des kleinen Yan und seiner Leute tänzelten fröhlich, die Glöckchen an ihren Hälsen klingelten leise, und alle außer Großmutter, die wütend aussah, lächelten. «Zhan’ao», sagte sie zu Großvater, der niedergeschlagen war, «lass den Sohn meines Pflegevaters frei, damit sie mich und deinen Sohn gehen lassen.»
    Großvater drückte die Hand des Jungen fest. Er wusste, dass er ihn früher oder später laufenlassen musste, aber jetzt war der Augenblick noch nicht gekommen.
    Es blieb dabei, dass der Geiselaustausch auf der Holzbrücke über den Schwarzwasserfluß stattfinden sollte. Großvater mobilisierte fast alle Banditen in der Gemeinde; es waren mehr als zweihundertdreißig. Mit geladenen und entsicherten Waffen lagen oder saßen sie am nördlichen Ende der Brücke. In der Flussmitte trieb noch Eis, aber das Eis an beiden Ufern war in der warmen Frühlingsluft geschmolzen und hatte zwei grüne Wasserbänder freigegeben. Das Eis in der Mitte krachte unter einer schwarzen Erdschicht, die der Nordwind dorthin getragen hatte.
    Spät am Vormittag erschienen vom Südufer des Flusses her die Soldaten des Richters. Vier von ihnen trugen eine Sänfte, die über ihren Köpfen schaukelte und schwebte.
    Als sie das südliche Brückenende erreicht hatten, begrüßten die beiden Parteien einander. Der Mann, der Großvater seinen Gruß entbot, war der edle und würdige Richter Cao Mengjiu. Lächelnd und zuvorkommend sagte er: «Zhan’ao, wie konnte der Mann meiner Pflegetochter seinen eigenen Neffen entführen? Wenn du Geld brauchst, musst du doch nur deinem Pflegevater Bescheid sagen.»
    «Es geht nicht um das Geld. Ich habe dir die dreihundert Schläge mit der Schuhsohle nicht vergessen.»
    Cao Mengjiu rieb sich lachend die Hände und sagte: «Das war ein Irrtum, nichts als ein Irrtum. Aber ohne diese Prügel hätten wir einander nie kennengelernt. Ehrenwerter Schwiegersohn, du hast dir wahren Ruhm verdient, als du Blatternacken erledigt hast, und das werde ich meine Vorgesetzten wissen lassen. Deine Tat soll nicht unbelohnt bleiben.»
    «Wer will schon für seine Taten

Weitere Kostenlose Bücher