Das Rote Kornfeld
wartete er weiter, aber sie kam und kam nicht. Der Hof lag still. Nur der Ruf einer Elster auf dem Dach war zu hören. Von Wut übermannt, stürzte er in den Innenhof und wollte sich beschweren, als er Großmutters Stimme hinter dem Papierfenster hörte: «Melde dich im östlichen Gehöft.»
Plötzlich sah Yu Zhan’ao ein, dass er sich nicht der Etikette entsprechend benommen hatte, und sein Zorn ließ nach. Das Bettzeug auf dem Rücken, ging er zum Ostgehöft, wo er Reihen von Schnapsfässern, Stapel von Hirse und alle Angestellten sah, die in der Dampfbrennerei arbeiteten. Er betrat das Zelt und fragte einen Arbeiter, der auf einem hohen Hocker stand und Hirse in einen Eimer über dem Mühlstein schüttete: «He, du da! Wer ist hier der Chef?»
Der Mann sah ihn aus dem Augenwinkel an. Als er die ganze Hirse in den Eimer geschüttet hatte, sprang er vom Hocker und trat ein paar Schritte zurück. Jetzt hielt er ein Sieb in der einen, den Hocker in der anderen Hand. Dann stieß er einen Ruf aus, und das Maultier mit der schwarzen Binde über den Augen fing an, den Mühlstein zu drehen. Rund um den Mühlstein hatten die Hufe eine tiefe Rinne in den Boden gegraben. Mit dumpfem Knirschen fiel die zerquetschte Hirse wie Regen zwischen den Steinen hervor und fiel in einen hölzernen Bottich. «Der Vorarbeiter ist im Laden», sagte der Mann mit geschürzten Lippen und zeigte mit dem Kinn auf das Gebäude westlich vom Haupttor.
Sein Bettzeug in der Hand, trat Yu Zhan’ao durch die Hintertür ein und erkannte die vertrauten Umrisse eines alten Mannes, der mit dem Abakus in der Hand hinter der Theke saß und gelegentlich einen Schluck aus einem kleinen dunkelgrünen Porzellankrug nahm.
«Vorarbeiter», meldete sich Yu Zhan’ao, «Stellt Ihr Leute ein?»
Onkel Luohan blickte zu Yu Zhan’ao auf und dachte einen Moment nach. «Suchst du eine Dauerstelle oder einen Aushilfsjob?»
«Das kommt darauf an, was gebraucht wird. Ich möchte so lange arbeiten, wie es geht.»
«Wenn du ein oder zwei Wochen arbeiten willst», sagte Onkel Luohan, «kann ich dich anstellen. Aber wenn du eine Dauerstelle suchst, muss die Herrin darüber entscheiden.»
«Dann solltest du sie fragen.»
Yu Zhan’ao trat an die Theke und setzte sich auf einen Hocker. Onkel Luohan ließ die Thekenschranke herunter und verschwand durch die Hintertür. Im Gehen wandte er sich noch einmal um, kam zurück, nahm eine grobe Tonschale, füllte sie zur Hälfte mit Hirsebrand und stellte sie auf die Theke. «Du hast bestimmt einen trockenen Mund. Trink etwas !>»
Yu Zhan’ao trank den Schnaps und dachte über die undurchschaubaren Pläne der Frau nach. Er konnte einen Seufzer der Bewunderung nicht unterdrücken.
«Die Herrin will dich sehen»», sagte Onkel Luohan, als er wiederkam.
Zusammen gingen sie ins westliche Gehöft. «Warte hier», sagte Onkel Luohan.
Elegant und graziös trat Großmutter aus dem Haus. Eine Zeitlang befragte sie Yu Zhan’ao, dann sagte sie mit einer leichten Handbewegung: «Nimm ihn mit nach drüben. Wir werden ihn für einen Monat auf Probe anstellen. Gehalt bekommt er ab morgen.»>
So wurde Yu Zhan’ao als Arbeiter im Familienbetrieb angestellt. Mit seiner Kraft und seinen geschickten Händen war er ein idealer Arbeiter, und Onkel Luohan hatte Großmutter viel Lobendes über ihn zu berichten. Nach dem ersten Monat ließ er ihn zu sich kommen und sagte: «Die Herrin ist mit deiner Arbeit zufrieden. Du kannst bleiben.» Er überreichte ihm ein in Tuch geschlagenes Bündel. «Das soll ich dir von ihr geben.»»
Yu Zhan’ao packte das Bündel aus. Es enthielt ein Paar neue Stoffschuhe. «Vorarbeiter», sagte er, «sag der Herrin bitte, dass Yu Zhan’ao ihr für das Geschenk dankt.»»
«Du kannst gehen», sagte Onkel Luohan. «Ich erwarte harte Arbeit von dir. »»
«Das verspreche ich», sagte Yu Zhan’ao.
Wieder vergingen zwei Wochen, und Yu Zhan’ao fiel es immer schwerer, an sich zu halten. Die Herrin kam zwar täglich ins Ostgehöft, um nach dem Rechten zu sehen, aber sie stellte nur Onkel Luohan Fragen und schien die verschwitzten Arbeiter kaum zu bemerken. Das gefiel Yu Zhan’ao überhaupt nicht.
Als die Brennerei noch von Shan Tingxiu und seinem Sohn betrieben wurde, hatten Lokalbesitzer im Dorf das Essen für die Arbeiter bereitet und in die Brennerei geschickt. Aber als Großmutter das Geschäft übernahm, stellte sie eine Frau in den Fünfzigern ein, die man die alte Liu nannte, und ein dreizehn- oder
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