Das Rote Kreuz - Geschichte einer humanitaeren Weltbewegung
Luftangriffs der deutschen Legion Condor auf eine kleine nordspanische Stadt – Guernica – bildgewaltig dramatisiert, ist gar zu einer Ikone der Antikriegsmalerei des 20. Jahrhunderts geworden. Die Gründe für sein Engagement, das sich etwa auch im Vertrieb der satirischen Flugblätter «Traum und Lüge Francos» manifestierte, hat der Künstler im Dezember 1937 wie folgt erläutert: «Der mit geistigen Werten lebt und umgeht, [kann sich] angesichts eines Konflikts, in dem die höchsten Werte der Humanität und Zivilisation auf dem Spiel stehen, […] nicht gleichgültig verhalten.» Nichts anderes aber konnte und musste natürlich «erst recht» für die Rotkreuzbewegung gelten. Deren programmatisches Leitbild «inter arma caritas» knüpfte ja nicht an die Art und Weise der Gewaltausübung an – zwischenstaatlicher Krieg oder «nur» Bürgerkrieg –, sondern nahm allein die Opfer und ihr Leiden in den Blick. Als die ersten Nachrichten vom Geschehen in Spanien im August 1936 Genf erreichten, zögerte das Komitee denn auch nicht lange: «Das Internationale Rote Kreuz kann nicht gleichgültig bleiben, wenn irgendwo Männer, Frauen und Kinder leiden» – so wird die spontane Reaktion des Präsidenten Max Huber überliefert.
In einem beispiellosen Kraftakt finanzieller, personeller und logistischer Natur sowie mit viel diplomatischem Geschick bemühte sich das Internationale Komitee im Verbund mit über 40 nationalen Rotkreuzgesellschaften in der Folgezeit denn auch in diesem innerstaatlichen, durch die Einmischung zahlreicher ausländischer Staaten allerdings stark internationalisierten Konflikt, Hilfe für Verwundete und Gefangene ebenso wie auch für die Zivilbevölkerung zu organisieren: Klassische Sanitätshilfe, Gefangenenaustauch sowie die Evakuierung von Zivilisten wurden ermöglicht durch großzügige Spenden, insbesondere aus den USA und lateinamerikanischen Staaten, die ihrem Mutterlandnoch immer in besonderer Solidarität verbunden waren. Von unschätzbarem Wert, da oftmals die einzigen Kommunikationskanäle überhaupt, waren erneut die vom IKRK auf beiden Seiten der Front eingerichteten Auskunftsstellen (Nachrichtenbüros): Dank mehr als fünf Millionen übermittelter Nachrichten konnte nicht nur Klarheit über das Schicksal hunderttausender kampfunfähiger, das heißt verwundeter oder gefangener Kriegsteilnehmer, aber auch Zivilinternierter geschaffen, sondern auch unzählige Familienzusammenführungen organisiert werden.
Nicht alle Ziele konnten erreicht werden, gerade was den Schutz der Zivilbevölkerung anging. Die verbreitete Praxis von Geiselnahmen und die wahllose Bombardierung der Städte etwa stellten die Hilfswilligen vor enorme Herausforderungen, für die wirklich zufriedenstellende Lösungen nur ausnahmsweise gefunden werden konnten. Eine davon war die Einrichtung sogenannter neutraler Zonen, in der die Zivilbevölkerung Schutz vor den immer verheerenderen Luftangriffen finden sollte. Tatsächlich konnten auf Initiative des Internationalen Komitees derartige Zonen für Salamanca und Madrid eingerichtet werden, für Barcelona und Valencia hingegen scheiterte eine entsprechende Vereinbarung am Widerstand der nationalistischen Junta. Möglichkeiten und Grenzen der Rotkreuzarbeit im Krieg wurden hier exemplarisch deutlich: Mit hartnäckiger Überzeugungsarbeit, diplomatischem Geschick sowie vertrauensbildenden Maßnahmen und praktischer Hilfestellung kann die Rotkreuzorganisation mit einigermaßen großer Aussicht auf Erfolg auf die Erreichung ihrer humanitären Ziele hinarbeiten. Den hierfür in den allermeisten Fällen notwendigen Konsens der Kriegsparteien erzwingen kann sie indes nicht.
Als zukunftsweisender Dreh- und Angelpunkt des dennoch insgesamt deutlich mehr als weniger erfolgreichen humanitären Großeinsatzes des Roten Kreuzes im Spanischen Bürgerkrieg sollten sich die bis zu neun festen Delegationen des Genfer Komitees erweisen. An den wichtigsten Orten beiderseits der immer unübersichtlicheren Frontlinie stationiert – und mit mehr als 50 Mitarbeiter(inne)n teilweise auch von beachtlicher Größe–, wurden diese Delegationen allesamt geleitet von Schweizer Staatsangehörigen. In einem Konflikt, an dem ein Großteil der europäischen Staaten zumindest indirekt in einer Sympathisantenrolle für die eine oder andere Seite beteiligt war, erwies sich diese «neutrale» Herkunft der Rotkreuzdelegierten als eigentliches Erfolgsrezept – und wurde so für mehr als 50 Jahre zum
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