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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Verletzungen … die besagten Verletzungen wahrscheinlich am Tag oder in der Nacht vor ihrem Tod zugefügt wurden, zweifeln Sie das dann an?»
    «Nein.»
    «Dann kann Ihr Diener es nicht gewesen sein. Denn Ihre Frau war mit der Kleinen am Nachmittag zu Besuch bei den Wienholds, und als sie zurückkam, war ihr Diener bereits unterwegs, um ein neues Kutschpferd abzuholen. Er hat in Cleve übernachtet, er war noch nicht wieder zurück, als man die Kleine tot vorfand. Er ist unschuldig, Dr.   Erbling.»
    Erbling sah ihn verwirrt an. «Aber … aber wer war es dann?»
    «Das müssen wir herausfinden.» Borghoff sagte dem Doktor nicht, dass alles darauf hindeutete, dass dem Mädchen die Verletzungen im Hause Wienhold beigebracht worden waren. Und er hatte noch keine Idee, wie er das dem Bürgermeister beibringen sollte.
    Mit hängenden Schultern ging Erbling hinaus.
    «Ich weiß nicht», sagte Ebel. «Ich hätte den Kerl nicht freigelassen …»
    «Haben Sie nicht zugehört, Ebel? Heute Morgen kam ein Brief der Clever Polizei, die den Pferdehändler vernommen hat. Der Diener brach erst bei Tagesanbruch mit dem neuen Pferd auf.»
    «Und Sie glauben einem Pferdehändler?»
    Ebel war unverbesserlich.

    Finchen tauchte nicht auf. Den ganzen Nachmittag sah Lina immer wieder aus ihrem Fenster, in der Hoffnung, das Mädchen im Regen zu entdecken. Gegen Abend bemerkte sie plötzlich eine Gestalt, die sich rasch aus dem Licht der Laterne entfernte und sich in eine Häuserecke drückte. Sie hatte den Mann nur kurz gesehen, ihn aber gleich erkannt: Es war Hans Brecht.
    Als Borghoff vom Dienst kam, war Brecht nirgends zu sehen, doch Lina war sich sicher, dass er noch da war. «Sie wissen von ihrer Flucht», sagte sie. «Brecht drückt sich da draußen herum, er wartet bestimmt auf sie.»
    «Das ist doch gar keine so schlechte Nachricht», sagte Borghoff. «Es beweist, dass ich richtiglag. Die Kleine ist geflohen – und hoffentlich in dieser Nacht irgendwo in Sicherheit.»
    Dann erzählte er von Erblings Erscheinen im Dienstquartier.
    «Das lässt nur einen Schluss zu», sagte Lina. «Vielleicht kommen Sie nun endlich bei den Wienholds weiter.»
    Borghoff schüttelte den Kopf. «Nicht wenn Frau Erbling schwört, dass das Kind wohlbehalten mit ihr nach Hause kam.»
    «Haben Sie mit dem Bürgermeister darüber gesprochen?»
    Er schüttelte den Kopf. «Ohne einen Beweis?»
    «Den würden Sie ja vielleicht finden …»
    «Lina, Sie haben selbst gesehen, wie schnell sie den Schmuggelkeller ausgeräumt hatten. Dort wird sich nichts finden, rein gar nichts.» Er bemerkte, dass Lina die Stirn runzelte. «Woran denken Sie?»
    «Daran, dass nicht allein wir wissen, wo das Kind geschändet wurde. Auch Dr.   Erbling weiß es jetzt. Wenn er in Ruhe über alles nachdenkt, kommt er darauf.»
    Borghoff nickte. «Hoffentlich kann ich ihn davon abhalten, etwas Dummes zu tun.»
    Lina sah ihn direkt an. «Aber vielleicht ist etwas Dummes genau das, was helfen könnte, den Orden in Unruhe zu versetzen, damit er Fehler macht.»

    Lina schlief schlecht in dieser Nacht. Zwei-, dreimal wachte sie auf und stellte sich ans Fenster. Die Laternen waren längst gelöscht, der Nachtwächter hatte seine letzte Runde gedreht. Von Hans Brecht war nichts zu sehen.
    Als sie am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich, als hätte sie gar nicht geschlafen. Wilde, böse Träume, in denen die Bilder aus dem Schmuggelkeller und der tote Pater Johannes auftauchten, gaben ihr das Gefühl, die ganze Nacht unterwegs gewesen zu sein.
    Bevor sie in die Küche ging, warf sie einen vorsichtigen Blick vom Hinterzimmer des Ladens durch das Ladenfenster auf die Straße. Wenn Brecht noch da war, dann versteckte er sich.
    So müde Lina auch war, sie hatte ein Kleid fertigzunähen und es heute noch auszuliefern. So saß sie wieder den ganzen Vormittag in ihrem Zimmer und nähte. Es war ein sehr gelungenes Stück, wieder eines «ihrer» begehrten Nachmittagskleider, diesmal nicht mehrfarbig, sondern Ton in Ton mit einer Baumwoll und einer Jacquardseidenvariante. Es gefiel ihr eigentlich noch besser als die zweifarbigen Entwürfe, weil es ihrem eigenen Geschmack mehr entsprach. Aber heute konnte sie einfach keine Freude darüber empfinden. Immerzu musste sie an Finchen denken.
    Am Nachmittag brachte sie das Kleid zur Schwägerin des Bürgermeisters und schlug gegen ihre sonstige Gewohnheit eine Einladung zum Kaffee aus. Sie entschuldigte sich bei der Hausherrin mit Arbeit, die auf

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