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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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zurück. Er keuchte fast vor Aufregung.
    «Was ist passiert?», fragte Dehnen so leise er konnte, doch die Schritte draußen entfernten sich schon.
    «Wir müssen so schnell wie möglich wieder hier heraus.» Doch dann hielt er einen Moment inne. «Ich will aber noch sehen, worin sie das Kind eingeschlossen hatten.»
    Vorsichtig, immer auf der Hut, dass jemand kommen könnte, gingen sie mit ihren neuentzündeten Fackeln in den Versammlungsraum. Hinnerk Dehnen stocherte mit seinem Stock in den Überresten der Hülle herum, die einen üblen Geruch verbreitete.
    «Das ist eine frische Schweinehaut», sagte er.
    Borghoff deutete auf den Mantel. «Wickeln Sie es da hinein und nehmen Sie es mit.»
    Ohne zu fragen, kam Dehnen seinem Wunsch nach, und dann hasteten sie, zunächst noch darauf bedacht, leise zu sein, den Gang zurück, Richtung Packhaus.
    Als sie wieder im Keller unter dem Haus waren, sagte Dehnen: «Herr Haniel bot an, dass wir hier schon wieder ans Tageslicht kommen. Sein Hausdiener hat mir auch diesen Schlüssel gegeben.»
    Borghoff folgte ihm durch eine Falltür hinauf in die Haniel’ schen Vorratskeller. Die beiden anderen Schiffer verabschiedeten sich und gingen unterirdisch weiter in Richtung Hafen. Dehnen stieg die Kellertreppe hinauf und klopfte dort laut an die Tür. Borghoff wunderte sich nicht, dass sofort geöffnet wurde. Der Hausdiener hatte sie offensichtlich erwartet.
    «Herr Haniel ist im Kontor», sagte er, ließ Borghoff aber noch Zeit, sich den Staub von der Uniform zu klopfen.
    Als er und Hinnerk Dehnen Franz Haniels Büro betraten, saßen zu ihrem Erstaunen Bürgermeister Weinhagen und die Pfarrer Mancy und Wortmann bei ihm, außerdem Haniels Sohn Hugo.
    «Haben Sie den Jungen gefunden?», fragte Haniel.
    «Nein. Aber das hier.» Borghoff nahm Dehnen den Mantel ab, warf ihn auf den Boden und faltete ihn auseinander. Die blutige Schweinehaut kam zum Vorschein. «Darin hatten sie ein Kind eingenäht, einen etwa fünfjährigen Jungen. Sie haben so etwas wie eine Geburt nachgestellt. Die Zeremonie wurde von Wienhold persönlich geleitet.»
    «Das ist doch nicht Ihr Ernst!», sagte Weinhagen schockiert, während die Pfarrer vielsagend schwiegen.
    «Ich war auch Zeuge.» Hinnerk Dehnen schien jetzt noch zu schaudern. «Das Kind hat jämmerlich geschrien. Es war grausam.»
    «Du solltest endlich zugeben, dass sich eine teuflische Sekte in Ruhrort eingenistet hat, mein lieber William», sagte Pfarrer Wortmann. «Ich weiß, es ist schwer zu glauben, dass es so etwas zu unseren Zeiten gibt …»
    «Und noch schwerer für wackere Protestanten», ergänzte Mancy mit einem Lächeln.
    «… aber wir müssen beratschlagen, was wir tun sollen.» Wortmann blieb ernst.
    Weinhagen sah stumm in die Runde.
    «So, wie ich es bisher verstanden habe, Herr Bürgermeister», setzte Borghoff nach, «bedrohen diese Leute nicht nur die Seelen der Ruhrorter. Ihnen geht es um ganz weltliche Macht. Vom kleinen Handwerker bis hin zu respektablen Geschäftsleuten haben sie viele eingewickelt und sich in ihre Geschäfte gemischt. Die großen Familien sind wohl noch nicht betroffen.» Er sah Franz Haniel an. «Aber auch wenn ihre Macht unterhalb dieser großen Vermögen wächst, sind sie eine Bedrohung.»
    Der Bürgermeister blickte ungläubig auf seinen Polizeichef. Dieser Blick sagte viel. Er hatte ihn durchaus für fähig gehalten, die Polizeiarbeit in Ruhrort zu organisieren. Aber darüber hinaus zu denken, das Wohl und die Wirtschaft von Ruhrort im Auge zu haben, hatte er ihm nicht zugetraut. Jetzt stellte sich heraus, dass Borghoff die Dinge besser erkannt hatte als er selbst.
    «Wieso sind Sie damit nicht eher zu mir gekommen?», fragte er schwach.
    Franz Haniel nahm Borghoff die Antwort ab. «Weil du, William, es ihm niemals geglaubt hättest. Du glaubst ja nicht einmal uns.»
    «Meine Herren!», unterbrach ihn Borghoff, der ahnte, dass nun eine lange Diskussion folgen würde. «Auch wenn es wichtig ist, zu beratschlagen, was wir unternehmen werden, ich muss Sie jetzt verlassen. Fräulein Kaufmeister, von der viele meiner Erkenntnisse stammen, könnte in höchster Gefahr sein. Ich muss sie sicher aus dem Hause der Wienholds heimbringen.»
    «Dann beeilen Sie sich, mein Lieber», sagte Franz Haniel. «Und kommen Sie sobald wie möglich zurück.» Ein einziges Nicken von ihm und Hinnerk Dehnen folgte dem Commissar.
Weinhagen saß zusammengesunken da.

    Lina wagte es nicht, das Damenkränzchen allein zu verlassen.

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