Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)
war überredet worden, Borghoff endlich freie Hand zu lassen. «Ich gehe davon aus, dass der Orden seinen Sabbat in der Nacht zum 1. November abhalten wird. Ganz gleich, was der Staatsanwalt ihnen später vorhalten wird, ich bin sicher, dass genügend Verbrechen zusammenkommen werden. Ob wir ihnen jemals die Morde zur Last legen können, ist schwierig zu beantworten.»
Alle willigten ein, dass Borghoff mit der Bürgerwehr den Sabbat stören und beenden sollte. «Vielleicht genügen ja ein paar Signale, um sie dazu zu bringen, Ruhrort wieder zu verlassen», hatte Franz Haniel gesagt.
Borghoff wurde aus seinen Gedanken gerissen, weil nebenan aus Finchens kleinem Zimmer ein leises Schluchzen drang. Wir dürfen das Wichtigste nicht vergessen , dachte Robert. Wir müssen Oskar retten.
Es klopfte leise an die Tür. Robert öffnete Lina, und sie fielen sich in die Arme.
Lina hatte nicht gedacht, dass sie sich trotz der Geschehnisse an diesem Abend so leidenschaftlich lieben würden. Zufrieden lag sie in Roberts Armen, die Bettdecke ballte sich irgendwo am Fußende, denn der kleine Ofen hatte das Zimmer kräftig geheizt.
«Hast du eigentlich Brecht gestellt?», fragte sie plötzlich.
«Nein, Hinnerk Dehnen hat ihn bis zum Hause der Wienholds verfolgt und dann noch eine Weile gewartet, ob er wieder herauskommt, aber das tat er nicht. Dehnen ist ein kluger Bursche, er hat nicht versucht, ihn aus dem Haus zu holen.»
«Ich muss mit Cornelius von Sannberg darüber sprechen.»
«Ich will nicht, dass du zu ihm gehst», sagte er widerstrebend. «Er ist in dich verliebt.»
«Ja, das ist er. Aber er weiß, dass ich ihn nicht erhören werde.»
«Das weiß er?», fragte Robert erstaunt und bedeckte ihr Gesicht und dann ihren Busen wieder mit kleinen, leichten Küssen.
«Wo hast du das gelernt?» Sie räkelte sich wohlig. «Woher weißt du, wie du einer Frau solchen Genuss bereiten kannst?»
Er hielt inne. «Von einer zwanzig Jahre älteren Regimentshure. Sie lehrte mich, dass es schöner für beide ist, wenn der Mann dabei nicht nur an sich denkt. Meine Kameraden waren offenbar anderer Meinung, für sie war immer nur das eigene Vergnügen wichtig. Sie wussten nicht, was sie verpassen.»
«Es ist bestimmt entsetzlich sündhaft, was wir hier tun …»
«Ja, ganz sicher», bestätigte er. «Wo wir gerade über Sünde sprechen – du wolltest mir erzählen, wie du deine Unschuld verloren hast.»
«Das ist eine kurze und leider gar nicht so schöne Geschichte.» Sie setzte sich auf und stopfte sich das Kissen in den Rücken. «Ein Geschäftsfreund meines Vaters hatte seinen Sohn für ein paar Monate zu uns in die Lehre geschickt. Er malte, am Geschäft hatte er gar kein Interesse. Ich nahm Unterricht bei ihm. Mina war mit einer Tante auf Reisen, meine Mutter war schon krank und ich einsam. Ich verliebte mich sofort in ihn, Martin war so ein fröhlicher Hallodri.» Sie lächelte. «Ganz sicher einer, der nur an sein eigenes Vergnügen dachte.»
«Es war nicht schön für dich?» Robert spielte mit einer Strähne ihres Haares.
«Nein, das war es ganz und gar nicht. Und dann kam auch noch Mina nach Hause, und er erkannte, dass er die gleiche Ware ohne Sprung bekommen konnte.»
«Deine Schwester hat dir den Mann weggenommen?»
«Sie hat nur mit ihm gespielt. Ich glaube nicht, dass sie vor Justus Bleibtreu mit einem Mann verkehrt hat. Sie wusste nichts von uns beiden – sie weiß es bis heute nicht. Ich habe nicht darunter gelitten, ich dachte, dieses eine Mal reicht auch.» Sie lachte. «Ich hatte unrecht, ich gebe es gerne zu.»
Als sie kurze Zeit darauf wieder engumschlungen dalagen, stieg in Lina wieder die Erinnerung an den Tag hoch. Robert spürte, wie sie zu zittern begann.
«Das Bild. Ich hatte solche Angst, als er mitten durch mein Gesicht geschnitten hat. Es macht mich auch traurig. Ich mochte das Bild sehr.»
« Amor und Psyche », sagte Robert nachdenklich. «Das war doch ein Aktbild, oder?»
«Ich habe ihm doch nicht nackt Modell gesessen», sagte Lina entrüstet. «Es war nur mein Gesicht auf Jutta Wienholds Körper.»
Robert fuhr vorsichtig mit dem Finger über die Linie vom Nacken zur Schulter und dann über ihren festen kleinen Busen. «Ich finde, er hätte auch deinen Körper malen sollen.»
«Mach dich nicht lustig über mich.» Ihr Körper versteifte sich. Aber Robert nahm sie in seine Arme und flüsterte: «Lina, du bist wunderschön. Und das denke nicht nur ich.»
Sie gab nach, schmiegte sich
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