Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
Vom Netzwerk:
vor einer halben Stunde nach ihm gesehen, da atmete er ganz ruhig. Und dann eben … er ist tot. Friedlich im Schlaf gestorben.» Heinrich standen die Tränen in den Augen. Er arbeitete schon mehr als dreißig Jahre bei den Kaufmeisters.
    Cornelius von Sannberg war ebenfalls in den kleinen Flur getreten. «Mein Beileid», sagte er leise und drückte einem nach dem anderen die Hand. Dann rief er seinen Diener, um die Mäntel holen zu lassen.
    Lina war wie betäubt, als sie mit den anderen durch die Nacht lief. Gerade noch hatte sie den schönen Abend genossen, und nun hatte sich ihre Freude in Trauer verwandelt. «Ich hätte ihn nicht allein lassen dürfen», murmelte sie bedrückt.
    «Hör auf, Schwester», sagte Mina leise. «Er war so krank, und wer weiß besser als du, dass der Tod eine Erlösung für ihn ist. Ich glaube nicht, dass er noch leben würde, wenn du da gewesen wärest heute Nacht.»

    Am Mittwoch, dem 3. Januar, zog der Trauerzug für den alten Kaufmeister aus dem Haus in der Carlstraße zur Kirche und danach zum neuen Friedhof.
    Lina stand wie versteinert zwischen ihrer Familie und den Trauergästen. Als sie zum Grab trat, war sie sehr froh, sich auf ihren Stock stützen zu können. Die drei Schwestern und ihr Bruder hielten sich tapfer, nur Aaltje weinte hemmungslos. Sie hatte dem alten Mann nie vergessen, dass er ihr einen sehr freundlichen Empfang bereitet hatte, als sie als Fremde nach Ruhrort und in sein Haus gekommen war.
    Viele seiner alten Freunde waren da, um sich von ihm zu verabschieden, darunter auch alle wichtigen Ruhrorter Honoratioren, Bürgermeister Weinhagen, Julius Stinnes, Carl Liebrecht, Caspar von Eicken und natürlich Franz Haniel, seine Söhne und seine Frau Friederike. Alle Kapitäne und Schiffsbesatzungen, die Ruhrort in der kurzen Zeit noch hatten anlaufen können, waren da und auch viele Arbeiter aus den Lagern. Es war ein langer, beeindruckender Zug von Menschen, der am Sarg vorbeidefilierte und der Familie sein Beileid aussprach.
    Langsam löste sich die Trauergemeinde auf, um Richtung Dammstraße zur Gesellschaft Erholung zu wandern, wo der Leichenschmaus stattfinden sollte. Lina blieb noch einen Moment am offenen Grab stehen und folgte dann langsam.
    Der Pfarrer hatte sich längst entschuldigt, weil er noch eine weitere Beerdigung vornehmen musste. Lina war erstaunt, als sie ihn mit Commissar Borghoff auf dem Friedhof entdeckte. Sie kamen herüber von jenem kleinen Feld, wo die Armenbegräbnisse stattfanden. Der Pfarrer ging gleich zum Tor, um den Angehörigen der Kaufmeisters zum Leichenschmaus zu folgen, Borghoff hingegen wartete auf Lina.
    «Mein herzliches Beileid, Fräulein Kaufmeister.»
    «Ich danke Ihnen. Wen haben Sie denn zu Grabe getragen?»
    «Eine junge Frau, die am Neujahrstag ermordet wurde. Ich habe Ihnen neulich von ihr erzählt – die Hure, die von einem Freier entstellt wurde.»
    Lina nickte. «Ich erinnere mich. Heißt das, dass Sie diese Spur nun verloren haben?»
    «Leider ja.» Er sah bekümmert aus.
    «Und ihr Mörder?»
    Borghoff zuckte die Schultern. «Dr.   Feldkamp war sich nicht einmal sicher, ob sie wirklich ermordet worden ist. Die Verletzungen, die sie damals davongetragen hatte, konnten auch ihre Atmung beeinträchtigen.»
    «Aber Sie glauben nicht daran?»
    «Nein. Ich hatte sie für den 2. Januar auf die Dienststelle beordert, weil ich sie verhören wollte. Und vermutlich wollte das jemand verhindern.»
    Lina blickte hinüber zu den Trauergästen, die gerade aus ihrem Blickwinkel verschwanden. «Ich muss zum Leichenschmaus.»
    «Darf ich Sie ein Stück begleiten, Fräulein Kaufmeister?»
    «Sicher.»
    Auf dem Weg schilderte er die Begegnung in der Silvesternacht.
    Eine Weile schwiegen sie, doch dann sagte Lina: «Das kann nur jemand wissen, der Sie mit ihr zusammen gesehen hat. Marthas Diener vielleicht?»
    «Mit dem habe ich schon gesprochen, er ist zwar ein unangenehmer Kerl, aber an Neujahr besuchte er einen Freund in der Neustadt, da haben ihn viele Leute gesehen. Er kann es nicht gewesen sein.» Er seufzte. «Sie muss mit irgendjemandem, der bei Martha war, darüber gesprochen haben. Und das war ihr Verhängnis.»
    «Vier Morde in nur zwei Monaten», sagte Lina leise. «Ruhrort scheint ein gefährlicher Ort geworden zu sein.»
    «Und das Schlimmste ist, dass ich als Polizist völlig machtlos bin.» Borghoffs Stimme klang bitter.
    «Nun, es sind auch andere Zeiten. Die vielen Fremden, die hierherziehen, es sind so viele

Weitere Kostenlose Bücher