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Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das rote Licht des Mondes: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Karte war verkleinert darauf abgebildet, und es gab auch einen französischen Spruch.
    Lina hatte zwar bisher noch nie Wahrsagekarten gesehen, doch ihr war sofort klar, dass hier eine Kartenlegerin am Werk war.
    «Fräulein Kaufmeister, das ist Madame Allenberg, die berühmte Kartenlegerin.» Frau Erbling sprach den Namen französisch aus, und die Dame nickte Lina zu. «Sehr erfreut», sagte sie mit französischem Akzent.
    «Sagen Sie bloß meinem Mann nichts davon, dass die Madame hier Karten legt.» Frau Erbling zwinkerte ihr verschwörerisch zu. «Er hält gar nichts davon.»
    Lina hätte ihr gern gesagt, dass sie da ganz seiner Meinung war, wollte aber weder ihre Auftraggeberin noch die Französin beleidigen.
    «Wäre es schlimm, wenn sie die Legung für mich erst beendet, bevor wir uns den Entwürfen zuwenden?», fragte Frau Erbling. «Ich bin froh, dass ich diesen Termin bekommen konnte.»
    «Sicher nicht», sagte Lina. «Ich höre gern zu, wenn es nicht zu privat ist.»
    «Wo denken Sie hin.» Frau Erbling lachte. «Früher war das unser liebstes Vergnügen, wenn wir uns im Salon trafen. Aber mein Mann ist da sehr streng, deshalb habe ich nur noch selten Gelegenheit, mir mein Schicksal deuten zu lassen.»
    So hörte sich Lina eine Weile die Erklärungen der Kartenlegerin an. Sie sprach von Nachrichten, von einem Kind, das möglicherweise schon bald unterwegs sein würde, und kleinen Querelen mit dem Ehemann, einer wichtigen Einladung und vielem mehr.
    Lina war nicht sehr beeindruckt. Frau Erblings Familie wohnte in Kassel, wahrscheinlich schrieben sie sich oft. Sie war noch eine junge Frau und hatte bereits ein Kind, es war also nicht unwahrscheinlich, dass sie ein weiteres bekam. Querelen mit dem Mann – Lina musste ein wenig schmunzeln –, die standen leicht ins Haus, wenn er merkte, wofür seine Frau Geld ausgegeben hatte.
    Endlich hatte Madame Allenberg ihre Deutung beendet, und Lina hoffte, sie könnte nun ihre Zeichnungen präsentieren, doch Frau Erbling wurde vom Hausmädchen zu ihrer kleinen Tochter gerufen, die hingefallen war und nun bitterlich weinte.
    Zunächst schwiegen Lina und Madame Allenberg sich an. Dann meinte die Französin plötzlich: «Soll ich Ihnen auch die Karten legen?»
    Lina lächelte. «Nein, danke.»
    «Meine Zeit ist bereits bezahlt.»
    «Das ist sehr freundlich, aber …»
    Die Madame lächelte nachsichtig. «Sie halten das alles für Scharlatanerie, n’est pas?»
    Lina seufzte. Madame Allenberg war ihr nicht unsympathisch, aber sie war ein zu ehrlicher Mensch, um Höflichkeitsfloskeln zu äußern. Ruhig und freundlich schilderte sie ihre Überlegungen während der Wahrsagerei für Frau Erbling.
    Die Französin lachte nur. «Natürlich haben Sie recht. Sehr viel meiner Kunst hat mit gesundem Menschenverstand und dem rechten Gefühl für mein Gegenüber zu tun. Aber ich sehe auch oft Dinge, die nicht so offensichtlich sind. Kommen Sie, stellen Sie mich doch auf die Probe.»
    Immer noch skeptisch, willigte Lina ein.
    Die Kartenlegerin mischte, legte drei Stapel vor sie hin und ließ sie einen auswählen. Dann begann sie, alle sechsunddreißig Karten auszulegen. Lina betrachtete die Karten jetzt genauer: Die meisten hatten sehr klare Symbole, ein Brief etwa, ein Haus, ein Herz, Hund und Fuchs, Störche …
    «Ist ein älteres Familienmitglied kürzlich verstorben?», fragte Madame Allenberg.
    Lina nickte. «Mein Vater starb an Silvester.»
    «Das hat Ihr Leben von Grund auf verändert.» Madame Allenberg änderte ihren Ton. Nun klang sie nicht mehr fragend, sondern stellte nüchtern fest, was sie aus den Karten sah.
    «Sie sind umgezogen vor gar nicht allzu langer Zeit. Das Haus ist sehr gut für Sie, dort liegt das Glück. Sie haben viel Geld verloren.» Ihr Finger kreiste über das Kartenbild. «Ist jemand in Ihrer Nähe, der gewalttätig ist?»
    Lina war überrascht, dann dachte sie daran, dass Frau Erbling der Madame vielleicht etwas über die Schläge erzählt hatte, die ihr Bruder ausgeteilt hatte.
    Als hätte die Kartenlegerin ihre Gedanken gelesen, sagte sie: «Ich weiß wirklich gar nichts über Sie, Fräulein. Aber dort liegt der Bär, bei ihm der Mond und die Sense und alles sehr nah bei Ihnen. Das bedeutet nichts Gutes. Er ist ein Feind, vor dem Sie sich in Acht nehmen sollten, und ich vermute, er kommt aus Ihrer Familie.» Sie lächelte. «Und nun die Zukunft?»
    Lina nickte stumm, und wieder kreiste der Finger über den Karten, blieb mal hier und mal da

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