Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
mit der Hand über ihren Arm, die Haut fühlte sich kühl an, obwohl sich Hitze unter ihrer Haut ausgebreitet hatte. Lan g sam zog sie Luft durch die Nase und versuchte, sich zu ber u higen.
Du meine Güte, was ging in ihr vor? Das musste eine Art Nachhall der Musik sein. Falls Rudger ihre Gedanken gelesen hatte, ließ er es sich nicht anmerken, sondern blickte aufmerksam auf die Straße. Wie immer fuhr er viel zu schnell, aber ansonsten schi e nen die aufwü h lenden Bässe ihn kalt gelassen zu haben. Sie brauchte frische Luft. Suchend tastete sie an der Innenseite der Tür, und kurz darauf surrte das Fenster hinab.
„Du hattest vorhin angedeutet, dass dieser Künstler sich nicht nur Bragi nennt, sondern mö g licherweise Bragi ist.“ Sie hielt ihr Gesicht für einen Moment in die kühle Nachtluft und hatte ihre Gedanken und G e fühle wieder etwas mehr unter Kontrolle.
„Er ist Bragi. Zumindest war er es heute Abend.“
Seine tiefe Stimme vermischte sich mit dem leisen Röhren des Motors. Er war zwar kein Sänger, doch wenn er sprach, verwa n delte sich ihre Haut in eine em p findliche Membran, die unter seinem Klang vibrierte.
„Du meinst den germanischen Dichtergott?“ Das würde einiges erklären, denn sie hatte nie zuvor einen schöneren Gesang g e hört. O f fenbar gab es tatsächlich etwas, das sie noch überraschte. Obwohl, sie war mit einem Vampir liiert, eine unerschöpfliche Quelle für nie endende Geheimnisse. Grund genug, um nicht mit dem Argument des Mythos aufzuwarten, wenn gerade einer di e ser Mythen neben ihr einen zweihu n dert-PS-Jaguar lenkte.
Er blickte sie kurz an und nickte. „Götter haben keine physischen Körper, sie sind Lichtwesen. Man sagt, sie erschufen die Erde und ihre Bewohner zu ihrem Vergnügen und empfanden Genu g tuung, als die Menschen sich verselbstständigten. Je weiter die Menschen sich entwickelten, desto mehr zogen sich die Götter zurück. Man könnte es auch a n ders herum betrachten, vielleicht rückte ihr Glaube an die Götter in den Hintergrund. Irgen d wann schienen die Götter in Vergessenheit zu geraten. Doch sie waren immer hier – z u mindest von Zeit zu Zeit.“
„Und fahren dann in Menschenkörper wie Parasiten?“ Sie blickte ihn erstaunt an, etwas bemüht seinen Worten zu folgen. O b wohl sie keinen Alkohol getrunken hatte, fühlte sie sich b e schwipst.
„Manchmal, wenn sich nichts anderes bietet.“
„Oh, ich verstehe, die ehrwürdigen Herrschaften bevorzugen Va m pire als Wirtskörper, um auf Erden zu lustwandeln.“
Rudger wirkte belustigt, als er sie anblickte. „Nun, es ist viel mehr eine Symbiose, weil beide Individuen von der Allianz profiti e ren. Vampire sind strapazierfähiger als Menschen. Ihre Körper halten mehr aus und sind weniger vergänglich. Götter haben ein anderes Zeitempfinden. Ein Menschenleben ist für sie vergleichswe i se ein Jahr.“
Es sah ganz danach aus, als gäbe es einiges, das er ihr erklären musste. Doch im Moment fiel es ihr schwer, sich zu konzentrieren. Selbst ihre Kopfhaut strömte Hitze aus.
Sie erreichten das Parkhaus des Multiplexkinos Aurodom, welches in Rudgers Besitz war. Sie fuhren in die Dunkelheit des u n tersten Parkdecks, denn dort befand sich sein privater Fuhrpark. Als fünfhundert Jahre alter Vampir war Rudger dennoch ein Mann, der sich für die Entwicklung des Automobils von Anbeginn begeiste r te. Er nannte eine beachtliche Anzahl von Autos aus allen Jahrzehnten sein Eigen. Unter der Leitung seines Vertrauten Konrad Knecht wurden die kostb a ren Fahrzeuge gepflegt. Hin und wieder vermietete er einen seiner Oldtimer an zahlungskräftige Ku n den.
Sie kamen an den Mauervorsprung, der die Aufzugsnische verbarg. Die Knöpfe des Ta b leaus waren Attrappen und in Wahrheit Sensoren. Diese sicherheitstechnische Errungenschaft war auf Rudgers Fingerabdruck programmiert. Inzwischen hatte er den Ei n gabecode so geändert, dass auch Leyla ihn bedienen konnte. Der private Aufzug am Seiteneingang des Gebäudes fuhr über die öffentlichen Etagen hinaus zum Roten Palais und dem darüber liegenden Penthouse in der sie b ten Etage.
Im Aufzug lehnte sich Leyla gegen die Spiegelrückwand und stützte sich mit beiden Händen auf den metallenen Haltegriffen. Das kühle Material tat gut. Die Aufzug s tür zog hinter ihnen zu und sofort erfüllte Rudgers Präsenz die Kabine. Sie lächelte ihm unverfänglich zu und versuchte, möglichst lässig auf ihre Fußspitzen zu starren. Langsam kam ihr das
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