Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
unverbindlich zu und amüsierte sich über ihren Unmut, was die skurrile Leidenschaft ihrer Zarin für nächtliche Ausritte betraf. Von den anderen G e sprächen konnte er nur einzelne Wortfetzen verstehen, weil nur wenige deutsche Höflinge anwesend w a ren.
In den vorderen Reihen kam Unruhe auf und wenig später näherte sich Katharina die Große auf ihrem Pferd. Alle Rücken ve r steiften sich, eben noch missgelaunte Gesichter rangen sich ein Lächeln ab. Bisher hatte er die Zarin nur aus der Ferne gesehen, da sie ständig von ihren engsten Höflingen umringt war. Auch jetzt ritt sie mit stolzer Haltung auf ihrem prachtvollen Hengst an se i ner Gruppe vorbei. Im Gegensatz zu ihren Untergebenen war sie eher schlicht gekleidet. Der Rock ihres grünen Jagdkostüms bauschte sich unter ihrer schmalen Taille an den Flanken des Pferdes auf. Ein zierlicher Dreispitz schmückte ihre schwarze L o ckenpracht. Wie häufig verzichtete sie auf die modischen Weißhaarperücken und hatte ihr eigenes Haar aufwendig aufstecken la s sen. Einzelne widerspenstige Locken fielen über ihren Rücken, als sie voranritt. Die Gesellschaft folgte ihr, bis sie das Freiland erreichten. Wie jede Nacht pflegte die Kaiserin an dieser Stelle in einen Galopp überzugehen und ihre Begleiter hinter sich zu la s sen. Die Höflinge fielen in einen langsamen Trab und sanken sichtlich erleichtert in sich zusammen. Einige schienen auf ihren Pferden eingeschlafen zu sein, während ihre Zarin sich in einer Staubwolke aus Hu f schlägen von ihnen entfernte. Es war ihre Art von Freiheit, einer der wenigen Momente, den die Herrscherin außerhalb ihres Palastes allein verbringen konnte. Fasziniert blickte Ru d ger ihr hinterher. In der Entfernung war sie für ihn noch deutlich zu erkennen.
Plötzlich blieb ihr Pferd stehen und bäumte sich mit wild schlagenden Vorderläufen auf. Katharinas Aufschrei drang zu ihnen herüber. Die spitzen Schreie der Hofdamen mischten sich unter die entsetzten Ausrufe der Herren, als sie begriffen, dass das Pferd der Zarin durchgegangen war. Ratlose Gesichter, wo Rudger hinblickte. Augenblicklich gab er seinem Pferd die Sporen und presc h te los. Hinter ihm setzten sich weitere Reiter in Bewegung. Die kaiserliche Leibgarde war aus ihrer Ersta r rung erwacht.
Rudger trieb das Tier an und raste über die Weide. Die Zarin war eine ausgezeichnete Reiterin, doch ein Sturz mit dieser G e schwindigkeit, konnte tödlich sein. Sie entfernte sich immer weiter. Verdammt, er kon n te sie nicht einholen. Sein Pferd gab schon sein Bestes und war dennoch nicht schnell genug. Im rasanten Galopp warf er einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass die anderen Reiter weit zurücklagen. Er musste es riskieren. Mit einem Satz sprang er vom Pferd und rannte los. Seinem Tempo kon n ten die menschlichen Augen nicht fo l gen.
Schon aus der Entfernung hörte er Katharina laut fluchen. In ihrer Stimme war keine Spur von Angst, nur Zorn. Er musste l ä cheln. Die nass geschwitzten Flanken ihres Pferdes kamen in Sichtweite, und Ru d ger setzte zum Sprung an. Im Flug riss er die Reiterin von ihrem Ross und rannte mit ihr auf dem Arm ein Stück weiter. Für sie war lediglich der Bruchteil einer Sekunde ve r gangen, als sie sich unter einem Baum sitzend wiederfand. Sie brauchte einen Moment, um sich zu fassen. Rudger hockte währen d dessen neben ihr, einen Arm stützend an ihren R ü cken gelegt. Verwirrt blickte sie sich um und strich dabei ihre gelösten Locken aus dem Gesicht. Große, braune Augen star r ten ihm entgegen und ein Schwall russischer Worte hagelte auf ihn ein. Dem was er verstand, entnahm er, dass sie jemanden verdächtigte, ihr treues Pferd dazu gebracht zu haben, durchzugehen. Mit einer verstän d nislosen Miene ve r suchte er ihr zu verdeutlichen, dass er der russischen Sprache kaum mächtig war.
„Кто Вы такой? Что Вы такое?“ Sie klang aufgebracht. Abwehrend hob sie die Hand und drückte sich von ihm ab. Dabei forschte sie ne u gierig in seinem Gesicht.
Sie wollte also wissen wer und was er war. Das hatte er verstanden. Ihre tiefe, klangvolle Stimme ließ die abfällige Frageform, der sie sich ve r mutlich aus Gewohnheit bedient hatte, weicher erscheinen.
„Rudger von Hallen, Euer ergebenster Diener.“ Ein Teil der Antwort sollte vorerst g e nügen.
„Unbestreitbar.“ Fließend war sie in die deutsche Sprache überg e wechselt.
Hufgetrappel aus dem Hintergrund lenkte ihre Aufmerksamkeit von ihm
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