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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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gegeben hatte, zur Seite und nahm einen Schluck aus der Flasche. Dann zündete er sich eine Zigarette an und zog mehrmals daran. »Ich arbeite gerade an einem Mordfall«, erklärte er schließlich. »Dem Regent’s-Canal-Mord. Sie haben davon gehört?«
    Ich überlegte einen Moment. »Ich hab vor ein paar Tagen in der Zeitung davon gelesen. Eine Leiche, die am Kanal gefunden wurde?«
    »Ja, genau, das ist der Fall. Was war Ihr Eindruck?«

    »Hat sich traurig angehört.« Ich zog eine Grimasse. »Ein kleiner Artikel ganz unten auf der Seite. Dass es ihn überhaupt gab, lag einzig und allein daran, dass die Leiche ein paar üble Verletzungen aufwies. Ihr Name war zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt, stimmt’s?«
    »Wir wissen ihn immer noch nicht. Aber wir haben einen Verdächtigen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Da habt ihr ja gute Arbeit geleistet. Aber –«
    Er brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Fragen Sie mich nach dem Namen des Verdächtigen.«
    »Wie bitte?«
    »Nun machen Sie schon!« Er lehnte sich mit verschränkten Armen und einem breiten Grinsen in seinem Stuhl zurück und wartete.
    »Also gut«, antwortete ich gehorsam. »Wie lautet der Name des Verdächtigen?«
    »Sein Name ist Anthony Michael Doll.«
    Ich starrte ihn an, musste seine Worte erst verdauen. Er erwiderte meinen Blick mit triumphierender Miene.
    »Verstehen Sie jetzt, warum Sie die Kandidatin für diesen Job sind? Perfekt, was?«
    »Eine Gelegenheit, mich zu rächen«, sagte ich langsam.
    »Ich habe mir die Chance durch die Lappen gehen lassen, in der Zelle auf ihn einzutreten, aber dafür kann ich jetzt vielleicht mithelfen, ihn wegen Mordes in den Knast zu schicken. So in etwa stellt ihr euch das vor, oder?«
    »Nein, nein«, widersprach er in besänftigendem Ton.
    »Mein Boss hätte einfach gern, dass Sie für uns arbeiten.
    Keine Angst, Sie kommen dabei schon auf Ihre Kosten.
    Und vielleicht macht es Ihnen sogar Spaß. Fragen Sie Ihren Freund Seb Weller.«
    »Spaß«, sagte ich. »Wie könnte ich da widerstehen?
    Schließlich hatten wir beim letzten Mal schon so viel Spaß miteinander.«
    Ich ging zum Kühlschrank und zog eine offene Flasche Weißwein heraus. Ich schenkte mir ein Glas ein und hielt es ins dämmrige Licht. Dann nahm ich einen Schluck, spürte, wie die eiskalte Flüssigkeit meine Kehle hinunterlief. Ich starrte aus dem Fenster, auf die rote Sonne, die tief am türkisfarbenen Himmel stand. Es hatte zu regnen aufgehört und versprach ein schöner Abend zu werden. Ich drehte mich wieder zu Furth um.
    »Warum glauben Sie, dass es Doll war?«
    Er wirkte einen Moment überrascht, dann erfreut.
    »Sehen Sie? Die Sache interessiert Sie. Doll verbringt seine Tage mit Fischen am Kanal. Er hält sich jeden gottverdammten Tag dort auf. Nachdem wir unseren üblichen Aufruf an alle gerichtet hatten, die zur betreffenden Zeit in der Gegend waren, hat er sich bei uns gemeldet.« Furth sah mich scharf an. »Überrascht Sie das?«
    »Was?«
    »Dass sich ein solcher Mann freiwillig meldet?«
    »Nicht notwendigerweise«, antwortete ich. »Wenn er unschuldig ist, tut er besser daran, sich zu melden. Und wenn er schuldig ist …« Ich hielt inne. Ich wollte mich nicht in ein Beratungsgespräch hineinziehen lassen, das auf Furths grober Skizze von einem Verdächtigen basierte.
    Er zwinkerte mir trotzdem zu, als hätte er mich bereits fest an der Angel. »Wenn er schuldig ist«, griff er meine letzten Worte auf, »dann möchte er womöglich auf irgendeine Weise bei den Ermittlungen mitmischen, wenn auch vielleicht nur ganz am Rand. Oder was meinen Sie?«

    »So was ist schon vorgekommen.«
    »Natürlich ist so was schon vorgekommen. Solche Leute fahren da voll drauf ab. Sie möchten nahe am Geschehen sein, um zu spüren, wie clever sie sind. Als kleinen Extrakick. Diese kranken Scheißkerle!«
    »Was hat er denn überhaupt gesagt?«
    »Wir haben noch nicht mit ihm gesprochen.«
    »Warum nicht?«
    »Wir werden ihn ein bisschen schmoren lassen. Aber wir haben auch nicht auf der faulen Haut gelegen. Bei uns gibt es eine junge Beamtin namens Colette Dawes. Ein nettes Mädchen. Sehr clever. Sie hat sich mit ihm angefreundet.
    In Zivil natürlich. Ihn zum Reden gebracht. Sie kennen so was ja. Ein bisschen Alkohol, ein paar Schmeicheleien, hin und wieder die Beine kokett übereinander geschlagen, wenn er gerade hinsieht, das Gespräch geschickt in die gewünschte Richtung gelenkt. Dabei hat sie die ganze Zeit ein Mikrofon getragen,

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