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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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nicht schaffte, einen einfachen Stecker in eine Steckdose zu schieben. Erst fluchte ich nur in Gedanken vor mich hin, dann auch laut. Es war doch bloß ein verdammter Stecker, mehr nicht!
    Endlich hatte ich es geschafft und brachte das Gerät auf Obans Schreibtisch in Position.
    »Sie müssen genau hinhören«, erklärte ich. »Die Aufnahme hat nicht gerade die beste Qualität. Es handelt sich um eine alte Kassette, die ich in irgendeiner Schublade gefunden habe.«
    Die beiden Detectives wechselten einen viel sagenden Blick, während ich auf den Playknopf drückte. Es war ein bisschen peinlich, weil ich nicht richtig zurückgespult hatte, sodass man mich erst mal »eins-zwei, eins-zwei«
    sagen hörte. Ich sah Oban an. Er biss sich auf die Lippe, als müsste er ein Lachen unterdrücken. Es wurde nicht viel besser, denn nun folgte unser endlos scheinendes Geplapper über Emilys Kindergarten und meine Verletzung. Oban rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her.

    »Hat es gerade gehagelt, als Sie das Interview aufgenommen haben?«, fragte Furth mit einem spöttischen Grinsen.
    »Ich weiß, dass das Band ein bisschen rauscht«, gab ich zu.
    »Tut mir Leid, dass sich das so hinzieht, aber ich wollte, dass Sie das Ganze hören, damit Sie den Zusammenhang haben.«
    Er murmelte etwas vor sich hin.
    »Was haben Sie gesagt?«, wollte ich wissen.
    »Nichts.«
    Ich schaltete das Band aus und spulte es ein wenig zurück.
    »Um Gottes willen!«, rief er. »Wir müssen es uns doch kein zweites Mal anhören, oder?«
    »Ich möchte nur sicherstellen, dass Sie alles mitbekommen.«
    Er stöhnte. Als sich das Gespräch den Geschehnissen auf dem Spielplatz zuwandte, runzelte er konzentriert die Stirn. Plötzlich verkündete Emily, ihr sei langweilig, es klickte und krachte, und dann waren wir mitten in Hotel California – es war eine Partykassette aus den Achtzigerjahren. Die beiden Männer grinsten.
    »Der Teil gefällt mir«, meinte Furth. »Da ist die Klangqualität auch besser.«
    »Also, was halten Sie davon?«, fragte ich ungeduldig.
    »Spielen Sie es noch mal vor«, antwortete Oban. »Nur das letzte Stück«, fügte er hastig hinzu.
    Nach kleineren technischen Schwierigkeiten schaffte ich es, die Kassette zurückzuspulen und ihnen Emilys Aussagen über die Frau ein zweites Mal vorzuspielen.
    Noch bevor die Aufnahme zu Ende war, beugte sich Oban vor und schaltete das Gerät aus. Dann lehnte er sich zurück. Aus seiner Miene sprach leichtes Unbehagen.
    »Nun?«, fragte ich.
    Er schaute aus dem Fenster, als hätte er draußen gerade etwas Faszinierendes entdeckt, das seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Nach einer Weile blickte er sich um, als wäre er überrascht, dass ich noch da war.
    »Entschuldigen Sie«, begann er. »Ich musste nur gerade daran denken, dass es erst ein paar Wochen her ist, dass wir Ihnen eine Kassette vorgespielt haben. Es ist schon komisch, wie sich die Kreise schließen.«
    »Das finde ich eigentlich nicht«, antwortete ich.
    »Was wollen Sie denn jetzt von mir hören?«, fragte er.
    Ich hatte schon die ganze Zeit das ungute Gefühl gehabt, dass es nicht so lief, wie ich mir das vorstellte. »Ich glaube nicht, dass ich was Bestimmtes hören wollte«, antwortete ich. »Ich dachte eher, Sie würden vielleicht vor Aufregung einen Luftsprung machen.«
    »Weswegen sollte ich in Aufregung geraten?«
    Ich sah die beiden an. Furth s Miene wirkte seltsam gütig, was mein schlechtes Gefühl noch verstärkte.
    »Hören Sie denn nicht, was ich höre? Daran hätten wir schon vor einer Ewigkeit denken müssen. Man kann eine Mutter nicht so mir nichts, dir nichts entführen, während sie, umgeben von einer Menge anderer Leute, auf ihr Kind aufpasst. Da war eine andere Frau im Spiel, eine Frau, die ein paar Minuten auf Emily aufgepasst hat, während Philippa Burton zu dem Auto gelockt und umgebracht wurde.«
    »Das höre ich aber nicht«, meinte Oban.
    »Was hören Sie dann?«

    Er schnaubte verächtlich. »Ich höre, wie ein dreijähriges Mädchen vage auf Suggestivfragen antwortet. Ich meine,
    ›die nette Frau‹, was soll das sein? Das könnte jede Frau sein, die ihr im letzten Jahr einen Lutscher gekauft hat.«
    »Dann glauben Sie Emily also nicht?«
    »Erstens wissen Sie genau, dass ein solches Band vor Gericht auf keinen Fall als Beweismaterial zugelassen würde. Und zweitens halte ich das Ganze für Blödsinn.
    Tut mir Leid, Kit, aber ich glaube, diesmal ist wirklich Ihre Fantasie mit Ihnen

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