Das Runenschwert (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
die ganze Burg in Flammen stand. Sie hörte keine Schreie und sah keine fliehenden Menschen, was die Sache noch unheimlicher machte. Auch heute Nacht träumte sie diesen Traum. Als sie aufwachte, sah sie durch das Fenster der Sakristei einen Schatten vorbei huschen. Sie schlief wieder ein in einen unruhigen Schlaf, diesmal ohne zusammenhängenden Traum.
Als sie erneut erwachte war es eine Hand, die sie an der Schulter schüttelte. „Prinzessin, wacht auf.“ Ihre Knochen schmerzten von dem harten, vom Stroh kaum abgefederten Untergrund. Außerdem war ihr kalt – die alte Decke, die sie bekommen hatte, hatte sie nicht wärmen können. Sie blinzelte und sah, dass es noch dunkel war.
„Prinzessin, wir müssen schnell weg.“ Warum nannte dieser Mann, ach ja, Vater Balain, sie „Prinzessin“? Sie schaute ihn an und sah Besorgnis. „Guthorm ist fort und ich vermute, dass er Euch bei Eurem Raethgir verraten hat.“ „Was meint ihr… mit verraten?“ Balain holte Luft. „Cathyll, ich habe keine lange Zeit für Erklärungen, aber Euer Onkel muss mittlerweile wissen, was Ihr gehört habt. Daher vermute ich, dass er es sich nicht leisten kann Euch am Leben zu lassen. Gestern wurde schon öffentlich nach Euch gesucht und ich vermute dass Guthorm der Belohnung von 10 Silberkunings erlegen ist.“ Cathyll richtete sich auf.
„Zieht Euch schnell an. Ich kenne einen der Händler am Hafen. Mit dem solltet Ihr erst einmal wegreisen.“ Cathyll wollte nicht daran denken, was das bedeuten würde. Sie würde alleine mit einem Fremden irgendwohin fahren und wahrscheinlich als Sklavin ve rkauft werden. Doch der dringliche Blick Pater Balains ließ sie innehalten und ihr Gedankenspiel abbrechen. Als sie bereit war, gingen Balain und sie hinaus auf den Weg, auf dem sie gekommen waren, Balain hatte noch einen Sack mit Proviant dabei. Die kühle Luft weckte Cathyll auf, von irgendwo kam der Geruch frischen Brotes.
Sie waren noch keine drei Schritte gegangen, als beide Stimmen hörten. Wie angewurzelt blieben sie stehen und lauschten. Es kamen Geräusche aus dem Unterholz. Balain packte Cathylls Hand und führte sie hinter die kreisrunde Sakristei. Hier war neben einer Hütte ein Brunnen. „Runter“, sagte Balain. „Was?“ „Runter.“ Er stieg über den Brunnenrand, wo kleine Stufen in die Mauer eingebaut waren, die spiralförmig in die Tiefe gingen. Cathyll blickte zum Weg und sah wie Männer durch das Dickicht kamen. Sie folgte dem Pater. Die Treppe führte mehr als vier Meter tief, bis man das Wa sser sehen konnte. Etwas 30 cm oberhalb der Wasseroberfläche war ein Gang ins Gemäuer eingehauen. Balain bückte sich, um in den Gang zu kommen, Cathyll folgte ihm. Sie gingen längere Zeit diesen Gang, der sich wand und beständig bergab ging, entlang, sie hätte nicht sagen können, ob es 10 Minuten oder eine Stunde war. Durch ihre Erfahrung mit Geheimgängen war sie einigermaßen geübt, was das Gehen im Dunkeln anging. Schließlich kamen sie durch ein Erdloch an der Südseite des Hafens heraus, dicht an der Wasseroberfläche. „Ein Mann der Kirche muss immer einen Geheimgang haben“, sagte Pater Balain leutselig. Cathyll blickte auf die Schiffe, die am Kai vor Anker lagen, ungefähr 8 bis 9 kleinere Handelsschiffe, Knorr, die schwer im Wasser lagen.
„Ich werde nicht wegfahren.“ „Was?“ „Ich werde nicht wegfahren, Pater. Ich bleibe hier. Ich werde mich Rabec und meiner Tante Eleanor stellen. Die Leute kennen mich hier. Ich werde nicht ei nfach so umgebracht werden.“
Balain blickte auf das schwarze Meer hinaus. Er schien zu überlegen. Als er sich umdrehte, um Cathyll zu widersprechen, sah er sie schon den Hügel hinauflaufen in Richtung Festung. Er lief ihr hinterher. „Cathyll, nicht.“ Sie hörte nicht auf ihn. Sie ging unbeirrt durch die Straßen der Stadt, viel stolzer und würdevoller als das kleine Mädchen, das sie gestern noch zu sein schien.
„Cathyll, Euer Raethgir wird Euch töten.“ Er sprach zum weißen Saum ihres Rockes, der den Boden schleifte, denn viel mehr bekam er nicht zu Gesicht. „Ihr habt es doch selber gehört. Geht dort nicht hinein.“ Einmal drehte sie sich um, doch nur um den Priester mit einer Handbewegung Einhalt zu gebieten. Schließlich kam sie am Burgtor an, an den zwei Wachen sie erstaunt und müde anblickten. Sie nickte den beiden nur zu, so dass sich einer der beiden daran machte das schwere Holzportal zu öffnen.
„Da bist Du ja. Wir haben uns solche Sorgen
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