Das sag ich dir
üble Sache zu.«
»Welche?«
»Ich verliebte mich in einen Komponisten und Songschreiber. Er war älter als ich, Mitte zwanzig, gut gekleidet, hübsch und elegant. Und weißt du was, Jamal? Er hatte den Dreh raus. Er schrieb Musik für Filme, Discos und Modeschauen. Er war ein echtes Genie - viel begabter als ich und jemand, der die Musik einfach aus dem Ärmel schüttelte. Wie es manchmal bei Heteros der Fall ist, fand er es toll, von einem Schwulen angehimmelt zu werden. Er mochte meine Fragen, und es gefiel ihm, dass ich so fasziniert von ihm war. Ich war sein Groupie. Aber es war zu heftig.«
Er fuhr fort: »Ich war so sehr in ihn verknallt, dass ich seine Schwester geheiratet habe.«
»Großartige Idee.«
»Mein Gott, es war eine phantastische indische Hochzeit, finanziert von meinem Onkel, und im Grunde war sie länger als die Ehe. Als ich dann nachts mit der Frau schlafen wollte, die ziemlich nervös und aufgeregt war, musste ich an ihren Bruder denken, um einen Steifen zu bekommen. Die beiden sahen sich sehr ähnlich, und sie hat mich immer sehr an ihn erinnert.« Er zitterte. »Sie wollte Sex mit mir haben, ihrem Mann, und Kinder bekommen. Als ich ihr die Wahrheit gebeichtet habe, war sie völlig fertig und erlitt einen Nervenzusammenbruch. Sie wollte sich erhängen und musste vom Strick geschnitten werden.« »Was ist in dir vorgegangen?«
»Ich habe geglaubt, meine Homosexualität würde sich legen. Ich wollte ja nicht außergewöhnlich sein. Es war ein Geheimnis.«
Als hätte er kurz vergessen, wo er sich befand, verstummte er und sah sich im Raum um - betrachtete seine Freunde und deren Gesprächspartner. Sie hatten gesehen, dass wir uns unterhielten, und uns in Ruhe gelassen. Er berührte mich an der Schulter, streichelte mich kurz. Dann fiel ihm ein, wer er inzwischen war, und er wurde wieder förmlich.
Ich schaute ihn an, dieses unbeholfene, eifrige, dickliche Kind, das sich irgendwie zu einem attraktiven und glamourösen Mann verpuppt hatte. Allein durch die Tatsache, dass er ein berühmter Popstar war, strahlte er ständig etwas Hippes aus. Endlich war er wichtig und wurde beneidet. Er war einer jener Menschen geworden, die immer unter Beobachtung standen. Ob er das noch genoss, konnte ich allerdings nicht beurteilen.
»Ich kann nur hoffen, dass du das Wochenende genießt, Jamal. Ich freue mich sehr, dass wir jetzt wieder Freunde sind. Darf ich dir noch eine Frage stellen? Wenn nicht, glaube ich nämlich, dass ich verrückt bin.«
»Nur zu.«
»Hast du manchmal nachts vor unserem Haus gestanden? Mein Schlafzimmer ging ja zur Straße hinaus, und ich bin oft lange aufgeblieben und habe zu Thin White Duke getanzt. Und ein paar Mal stand jemand draußen und hat das Haus betrachtet - warst du das?«
»Ja, das war ich.«
»Warum hast du das getan? Ich habe mich immer gefragt, in wen von uns beiden du verliebt warst. War ich es?« »Ich wusste, wen ich wollte.« »Und warum hast du das gemacht?«
»Ich war ein verliebter Trottel.«
»Weißt du, dass ich Jedem zerreißt es einmal das Herz schon damals zu Hause geschrieben habe? Später ist es in fast unveränderter Form ein weltweiter Nummer-eins-Hit geworden. Die Melodie war geklaut, aber die Leute waren zu blöd, um das zu merken.«
»Man braucht Talent, um die passende Melodie abkupfern zu können.«
»Das ist ein Song über dich, Jamal.«
Er saß dicht neben mir. Manchmal ergriffen wir uns bei der Hand, als hätten wir jetzt, da die Vergangenheit zurückkehrte, Trost nötig.
Er sagte: »Das einzige Fenster zum Garten befand sich im Schlafzimmer meiner Schwester. Wenn ich zu Hause war, habe ich oft hinter dem Vorhang gesessen, die Ellbogen auf die Fensterbank gestützt, und nach draußen geschaut. Du hast die ganze Zeit Selbstgedrehte geraucht und immer Schwarz getragen. In den Anzügen hast du flott ausgesehen, vor allem mit den Baseballschuhen.
Aber ich fand, dass du nackt und mit steifem Schwanz am besten ausgesehen hast. Du warst schlank und wunderbar braun, und du konntest es oft machen, o Mann! Ihr wart geil drauf, ihr beiden!« Er fuhr fort: »Dann habe ich mit dir in der Küche gesessen, wenn Ajita sich umgezogen oder telefoniert hat. Ich fand es großartig, wenn du dich mit mir unterhalten hast.
Aber ich konnte nicht erwarten, dass du mir ein Vorbild sein würdest. Ich hätte Arzt werden sollen. Das war der Wunsch meines Vaters.«
Er betrachtete mich lächelnd, während ich versuchte, all dies zu verdauen. Dann stand er
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