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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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in Fußballkluft zu dem Spiel, obwohl das eine Tor aus zwei Bäumen und das andere aus Beuteln und einem Berg von Tops bestand. Das Feld war matschig und zertrampelt, und auf der einen Seite befand sich ein Teich, in den zahlreiche Kinder liefen, nur um beim Herauswaten gleich wieder hineinzufallen.
    Rafi lief in der vollen Manchester-United-Montur auf, die er zu Weihnachten bekommen hatte, samt Schweißbändern an jedem Handgelenk, Kapitänsbinde, Schienbeinschonern und makellosen Nike Total 90 s in Silber oder Gold. Ab und zu zog er auch andere Hemden an, zum Beispiel von Juventus oder Barcelona, die ich ihm besorgt hatte, wenn ich irgendwo an einer Konferenz teilgenommen hatte, doch abgesehen von dem einmaligen »Arsenal-Zwischenfall« hätte er niemals das Trikot eines anderen britischen Clubs getragen. Er hatte sich das Haar zur starren Bürste hochgegelt, und aus Angst, seine Frisur zu zerstören, mochte er den Ball nicht köpfen. Wenn er ein Tor schoss was oft geschah, denn er war schnell, zäh und erstaunlich stark -, spielten wir es zu Hause in der Küche mehrmals nach.
    Wie man weiß, muss man aufpassen, wenn man den Leuten erzählt, man sei ein Fan der Red Devils. Hat man keinen überzeugenden Grund dafür parat, dann wird einem schnell vorgeworfen, man falle ja nur auf einen erfolgreichen und angesagten Club herein. Meine Gründe waren allerdings tadellos und wunderbar kraus. Als Junge hatte ich Fußball gemocht und fast jeden Tag im Park gespielt, doch als ich als Teenager feststellte, dass die Mädchen weniger auf Fußball, sondern eher auf Musik standen, verlor ich das Interesse.
    Es erwachte erst wieder, als Eric Cantona, ein Franzose, 1992 von Leeds zu Manchester United wechselte und, wie es in den Sportseiten heißt, »das Blatt des Clubs wendete«. Auf einmal gewann Manchester Cups. Meines Wissens nach war Cantona der einzige Fußballer, der je eine Psychoanalyse gemacht hatte, und nicht nur das - es war sogar eine Analyse nach Lacan. Als er von Nimes nach Leeds gewechselt war, hatte es ihn zutiefst beunruhigt, seinen Analytiker verlassen zu müssen. Er sagte: »Wenn ich eine Analyse mache, ist das wie ein Ölwechsel. Dann bin ich in Bestform. Ja, ich muss wieder eine beginnen. Inzwischen ist es keine Neugier mehr, sondern Notwendigkeit. Ich bin der Meinung, dass jeder den Mut haben sollte, eine zu machen. Man sollte auf jeden Fall wenigstens Freud und Groddeck lesen.«
    Einem Mittelfeldspieler, der auf der Couch gelegen, bei einem Spiel einen pöbelnden Fan von Crystal Palace mit einem fiesen, zweibeinigen Kung-Fu-Tritt flachgelegt hatte und auch noch den verrückten Groddeck las - den »wilden« Analytiker, von Freud bewundert und einer der Ersten, die sich mit psychosomatischer Medizin auseinandersetzten -, konnte ich nicht widerstehen. Von da an war ich ein lebenslanger Fan von »Man U«, und das galt auch für meinen Nachwuchs.
    Ich hatte überlegt, Ajita zu dem Spiel zu bitten. Wir hatten täglich telefoniert, um einander wieder zu beschnuppern, aber sie hatte Rafi und mich aufs Land eingeladen, denn dorthin war sie mit Mustaq nach einem kurzen Aufenthalt in London zurückgekehrt, um zu entspannen. Ich wollte zwar nichts mit Ajita überstürzen, wäre aber gern hingefahren, zumal ich ihr viel zu sagen gehabt hätte. Aber Rafi hatte sich geweigert, weil er das Wochenende nicht mit »lahmarschigen Erwachsenen« verbringen wollte. Nicht einmal die Tatsache, dass einer dieser Erwachsenen ein Rockstar war, konnte ihn umstimmen.
    Wir Männer waren alle ganz wild auf das Fußballspiel am Sonntagmorgen und hatten außerdem unseren Ehrgeiz. Die meisten Familien waren miteinander befreundet, und die Kinder gingen überall freizügig ein und aus. Das taten Rafi und ich zwar nicht, aber ich freute mich immer, wenn ich einem der anderen Väter begegnete. Leute, mit denen man Fußball spielt, findet man wohl zwangsläufig sympathisch, obwohl die Jungen oft sauer waren oder sich ausgegrenzt fühlten, wenn ihnen der Ball nicht zugespielt wurde. Genau wie ich war auch Rafi ein schlechter Verlierer. Vor ein paar Jahren hatte er noch zu der Art Jungen gehört, die ihren Ball nahmen und abdampften, wenn die gegnerische Mannschaft ein Tor geschossen hatte.
    Nach dem Spiel freute ich mich immer auf meine Wohnung, wo ich aufseufzte und ausgepumpt auf einen Stuhl fiel. Fußball war der einzige Sport, den ich betrieb oder betreiben wollte, und hinterher hatte ich jedes Mal das Gefühl, in einem Fass einen Hügel

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