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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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unten.
    Sobald Ajitas Vater eingetroffen war, ging alles sehr schnell. Das Garagentor öffnete sich, und er fuhr hinein. Nun, da er uns nicht mehr sehen konnte, glitten wir aus dem Auto und betraten die Garage durch die Seitentür, gleich bei der Küche.
    Wir waren drin. Ich schloss die Tür hinter uns. Valentin hatte eine Taschenlampe mitgenommen, die er angeknipst auf eine Bank legte. Es war gerade so hell, dass wir unser Opfer sehen konnten. Wir umringten ihn, als er aus dem Auto stieg.
    Wolf gab ihm zwei Ohrfeigen, damit er wusste, dass wir da waren. Valentin trat vor und schlug ihn überraschend heftig in den Bauch.
    Ich zischte derweil wütend: »Lass deine Tochter in Ruhe, fass sie nie wieder an, sie ist dein Kind, und du wirst keinen Sex mehr mit ihr haben, kapiert - sonst schneiden wir dir die Eier ab.«
    Er versuchte zu nicken, während er um Atem rang. Er war erschrocken, so tief erschrocken, dass er offenbar gar nicht wahrnahm, was ich sagte oder was wir wollten.
    Dann tat er etwas Seltsames. Val hatte ihn gegen das Auto geschlagen, und dort fummelte er an etwas herum. Einen Augenblick lang - warum, weiß ich nicht - glaubte ich, es könnte eine Pistole sein. Dann begriff ich, dass er seine Uhr abgenommen hatte. Er reichte sie mir mit zitternden Händen, und ich ließ sie in meine Tasche gleiten.
    Als ich ihn beim Jackenaufschlag packte, um meine Warnung noch einmal aus größerer Nähe auszusprechen, versuchte er, mir seine Brieftasche zu geben.
    »Was wollt ihr von mir?«, wiederholte er. »Ich kenne dich! Ich habe dich schon gesehen! Wie heißt du gleich? Was tust du hier? Hilfe! Polizei!«
    Ich konnte die Brieftasche nicht nehmen, denn inzwischen war ich wild entschlossen, ihn endlich zum Schweigen zu bringen, damit er mir richtig zuhörte - und ich zog eines der Küchenmesser meiner Mutter aus der Jacke. Ich wollte, dass ihn die Angst zur Besinnung brachte. Und er hatte Angst.
    Als er das Messer erblickte, begann er zu hyperventilieren und keuchte so sehr, dass er kein Wort mehr hervorbringen konnte. Er hielt mein Handgelenk gepackt. Ich musste seine Finger regelrecht loseisen.
    Er zitterte, umklammerte seine Brust und seinen Arm, stieß grauenhafte Laute aus und bettelte um Hilfe, als er auf die Knie fiel. Schließlich brach er zusammen und rollte auf die Seite. Ich trat zurück und wollte ihn gegen den Kopf treten, als Valentin sagte: »Das reicht!« Er zog mich weg.
    Wir nahmen die Taschenlampe und gingen.
    Bevor ich die Tür schloss, hörte ich, wie der Vater erstickt keuchte und röchelte. Aber das bildete ich mir vielleicht auch nur ein. Ich bin mir allerdings sicher, dass Wolf sagte: »Ist erledigt«, und meine Hand schüttelte. »Dieses miese Schwein hat sein Fett weg.«
    »Er hat seine Lektion gelernt«, sagte Valentin.
    Wolf ließ einen Lederhandschuh auf den anderen klatschen. »Wir haben es ihm heimgezahlt. Rein geschäftlich.«
    Wir fuhren los, ohne einander anzuschauen. Niemand sagte etwas. Wir waren nicht aus dem Häuschen oder high, sondern erschöpft und verängstigt. Immerhin war der Job getan. »Rein geschäftlich.«
    Wolf und Val setzten mich ab und fuhren nach London weiter. Ich lief lange durch die Gegend, oft im Kreis, folgte meinen eigenen Spuren und kehrte in mehreren Pubs auf ein Bier ein. Ich konnte mich nicht normal bewegen; meine Gliedmaßen schienen die Verbindung untereinander verloren zu haben.
    Zu Hause wusch ich das Messer im Badezimmer - obwohl es eigentlich keinen Grund dafür gab -, trocknete es ab, tat es wieder in die Schublade und wandte mich zu meiner Mutter um, die die kleine Küche betreten hatte. Diesmal freute ich mich, sie zu sehen.
    Abends trug sie unter dem Hausmantel immer ein knallrosa Nachthemd aus Nylon, das sich statisch auflud, wenn sie vor dem Fernseher saß, und das beim Aufstehen knisterte. Damals begriff ich nicht, wie sie dort sitzen konnte, nüchtern und mit leuchtenden Augen, Stunde um Stunde und Jahr für Jahr völlig aufgesogen von dieser Leidenschaft - für das Fernsehen oder besser: für die Gestalten, die auf dem Bildschirm hin und her zuckten.
    Vor den Neun-Uhr-Nachrichten aß sie gern Sahnecracker mit Käse und Gurken. An mindestens drei Abenden in der Woche war ich bei ihr zu Hause, hörte Musik und las, aber irgendwann leistete ich ihr immer im Halbdunkel Gesellschaft.
    Doch an diesem Abend war ich überzeugt dass sie mich aufmerksamer betrachtete als sonst. Vermutlich wirkte ich wie auf der Hut; gut möglich, dass ich rot wurde

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