Das sag ich dir
keinen Fall einem deiner Patienten begegnen. Diese Leute machen heute Abend ihre Therapie!«
»Ich werde mitkommen«, sagte ich. »Aber nicht heute Abend, sondern ein anderes Mal. Ist das okay?«
»Ja«, sagte Miriam und gab mir einen Kuss.
Sobald ich wieder drinnen war, vermisste ich ihren Lärm und ihre Freude. Die Wohnung kam mir leer vor. Da war ich und las zum wiederholten Mal dasselbe Buch - versteckte meinen Penis zwischen den Deckeln.
Ich setzte mich an den Schreibtisch. Höchste Zeit, mir die Ereignisse jener Nacht vor Augen zu führen, in der ich es nicht mehr ausgehalten hatte, jener Nacht, in der ich mich zum Handeln entschlossen hatte. Ich musste sie mir vergegenwärtigen, ich konnte nicht anders, und ich wusste, dass ich dies zwanghaft bis an mein Lebensende tun würde, immer und immer wieder.
FÜNFZEHN
Fast Mittemacht. Wolf, Valentin und ich saßen in einem Leihwagen, der neben der Garage parkte.
Ich war ganz leer - in meinem Inneren herrschte völlige Stille.
Wahrscheinlich hatte ich das Gefühl, als wären die Uhren stehengeblieben, aber wir saßen auf jeden Fall schon zwei Stunden dort, schweigend, angespannt, reglos und wagten kaum zu atmen. Trotzdem rauchten, seufzten und flüsterten wir, rutschten auf den Sitzen herum, und wie üblich war das Kokain alle, versteht sich.
Je länger wir warteten, desto unruhiger wurde ich. Ich hoffte sogar, dass Ajitas Vater nicht nach Hause käme, dass er bei seiner Geliebten wäre, falls er eine hatte. Vielleicht wäre all das besser als ein Stelldichein mit uns dreien. Ja, es wäre genau die richtige Nacht für ihn, um diese imaginäre Frau zu besuchen, denn sein Sohn und seine Tochter - meine Liebste - hielten sich bei Freunden in Wembley auf.
Vor zwei Abenden hatte Wolf mich gefragt: »Was ist denn los, mein Freund? Deine Stirn ist ja schon wieder so düster umwölkt.«
»Du würdest das gleiche Gesicht ziehen, wenn jemand deine Freundin fickt.«
»Glaubst du, das läuft immer noch? Stimmt es denn wirklich? Aber wer könnte es sein, Mann? Und wann trifft sie sich mit ihm?«
»Das darf ich dir nicht sagen. Sie hat mich gebeten, die Sache für mich zu behalten. Es ist bitterernst, Wolf.«
»Dann weißt du also, wer es ist?«
»Ja, ich weiß Bescheid. Ich habe es endlich erfahren.«
»Echt? Dann musst du es uns erzählen. Immerhin sind wir deine Freunde und Kumpel«, sagte Wolf. »Sie ist ein tolles Mädchen. Sie kommt hierher. Sie kocht für uns. Wir lieben sie wirklich. Wenn du nicht mit ihr zusammen wärst, würde ich mich an sie heranmachen - einfach so.« Er schnippte mit den Fingern.
Sie überredeten mich zu einem Bier im Pub, wo ich ihnen berichtete, was Ajita mir erzählt hatte.
»Mann, das ist ja wirklich übel«, sagte Wolf.
»Ich kann nicht zulassen, dass sie das noch eine Nacht mitmacht«, sagte ich. »Wir müssen etwas tun. Wenn es ein Film wäre, würden wir einfach in sein Haus eindringen und ihn abknallen. Und zwar mit Vergnügen.«
»Du hast recht. Wir sollten diesem Vater eine Lektion erteilen«, sagte Wolf. »Er braucht ganz dringend eine kleine, höfliche Warnung. Wäre doch ein Kinderspiel.«
»Warum nicht?«, erwiderte ich. »Er kennt euch ja nicht. Er wird nicht zur Polizei gehen, weil dann alles herauskommen würde. Was meinst du dazu, Val?«
Valentin war nicht so scharf darauf, denn eigentlich war er ein sanfter Typ und fand ein fast priesterliches Vergnügen an Leid und Selbstverleugnung. Doch er wollte seine besten Freunde nicht im Stich lassen. Nach einer Weile sagte er, wir würden das moralisch Richtige tun; das, was im Sinne von Sokrates das »Gute« sei. Und wenn es für Sokrates gut genug war, dann war es wohl auch gut genug für mich.
Meine Freunde standen bereit. Die Lektion würde erteilt werden, sobald ich das Zeichen gab. Ich wartete darauf, dass Ajita mir sagte, wann sie das nächste Mal außer Haus war. Ich wusste, dass es in den nächsten Tagen geschehen musste, denn sonst würde unser Enthusiasmus verfliegen. Die Sache wäre kinderleicht, wenn wir genau wussten, was die Familie tat. Und als Ajita mir erzählte, dass sie und Mustaq nicht zu Hause seien, planten wir sorgfältig unsere »Überraschung«.
Wir schliefen fast oder waren schon halb katatonisch, als wir ein Auto hörten. In diesem Viertel gab es kaum Verkehr. Ich drehte mich nach dem Fahrzeug um.
»Das ist er«, flüsterte ich.
»Dann los«, sagte Wolf. »Ganz ruhig. Ist rein geschäftlich.«
Wir rutschten auf unseren Sitzen nach
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