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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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wollt Kissen?«
    »Voll groovy«, murmelte Miriam und schloss die Augen. »Ich glaube, ich bin schon auf Kissen gebettet.«
    Es waren die frühen Achtziger. Ich hatte meinen Abschluss gemacht. Man hatte Lennon ermordet, und die Revolution war endlich über uns hereingebrochen - ihre Leitfigur hieß Margaret Thatcher. Miriam und ich saßen in einem uralten Morris Minor, der flächendeckend mit aufgefädelten Glasperlen und Glöckchen geschmückt war. Offenbar glaubte Miriam, wir wären zu irgendeiner Art von spirituellem Idyll unterwegs und würden jeden Moment über Mia Farrow, Donovan und George Harrison stolpern, die vor einem murmelnden Inder meditierten.
    Der Fahrer war scharf links von der Straße abgebogen, zwischen ein paar Bäumen durchgebrettert und über jede Menge Dreck gerumpelt. Dort hielt er schließlich an. Er stieg aus, rannte zur Hintertür, zerrte uns heraus und befahl uns mitzukommen. Wir gehorchten. Er schwenkte seine Pistole vor unseren Gesichtern. Das hier war nicht Dads Haus; das hier war das Ende. Ein jäher, gewaltsamer Tod zur frühen Morgenstunde - am ersten Tag im Vaterland. Ein Tod, jenem nicht ganz unähnlich, den ich vor nicht allzu langer Zeit verursacht hatte. Das wäre Gerechtigkeit, die ehrliche und fast sofortige Erfüllung des Karmas, oder? Ich fragte mich schon, ob man zu Hause über uns berichten und ob Mum den Zeitungen Fotos von uns geben würde.
    Allerdings waren Miriam und ich nicht allein. Ich konnte in der Nähe Leute sehen, die in Zelten und Baracken hausten. Manche hockten sich hin, um uns zu beobachten, andere - magere Kinder und Erwachsene - standen einfach nur da. Hier sah es aus wie bei einem immerwährenden Open-Air-Festival: zerfetzte und vermodernde Zeltplanen, verrostetes und verbogenes Metall, Feuer, Hunde und herumlaufende Kinder, und allmählich wurde es immer heller und heißer. Niemand würde uns helfen. Wir versuchten, uns dem Mann mit der Waffe verständlich zu machen - und wie! Meine Schwester und ich schrien, wir sprangen auf und nieder und brüllten wie verrückt, sodass der Räuber recht verwirrt aus der Wäsche schaute. Offenbar kapierte er allmählich, dass wir kein Geld hatten. Dann kam die in Extremsituationen erfahrene Miriam auf die glorreiche Idee, ihm die Dosen mit Corned Beef zu geben.
    »Das ist ihnen doch nicht heilig, oder?«, fragte sie.
    »Corned Beef? Nein, ich glaube nicht.«
    Sie war ganz aus dem Häuschen. Offenbar war sie der festen Überzeugung, dass diese Leute dringend Corned Beef in Dosen brauchten, vielleicht, weil gerade eine Hungersnot geherrscht hatte. Und sie wollten wahrhaftig Corned Beef. Der Räuber entriss uns die schwere Tasche, ohne einen Blick hineinzuwerfen, und der andere Mann fuhr uns zurück zur Straße und im Anschluss zu Papas Haus. In Karatschi sind sogar die Raubüberfälle von Taxifahrern exzentrisch.
    »Dann bekommt Papa also keine nagelneue Tasche«, sagte ich, als wir auf die Hauptstraße abbogen. Miriam stöhnte, als wir an Eselkarren, BMWs, Kamelen, einem Tankwagen mit chinesischen Symbolen und an psychedelisch bunten Bussen vorbeikurvten, von deren Dächern die Leute hingen wie Glasperlen von einem Vorhang.
    Zum Glück hatte ich ein paar Dosen Corned Beef zu den von Papa bestellten Reggae-LPs in meine eigene Tasche getan. Papa war nicht enttäuscht, denn er bekam ja, was er wollte. Miriam hatte er zwar erzählt, das Einzige, was er an Großbritannien wirklich vermisse, sei das Corned Beef, aber wahrscheinlich brauchte er keinen ganzen Koffer voll davon. Man konnte allerdings sehen, dass ihm das Zeug schmeckte, und wenn er an seiner Schreibmaschine saß, aß er es direkt aus der Dose und spülte es mit Wodka hinunter, den er von einem befreundeten Polizisten bekommen hatte. »Könnte schlimmer sein, die Ernährungslage«, sagte er gelegentlich. »Zur Abwechslung gibt es immerhin Ziegenhirn-Curry.«
    Mutter hatte uns zu diesem Besuch gedrängt. Sie hatte die Nase voll davon, sich Sorgen um Miriam zu machen, wenn diese nicht zu Hause war, und mit ihr zu streiten, wenn sie aufkreuzte, um Stunk zu machen. Zeitweise war Mutter auch wütend auf Vater. Wir hatten ihr die Hölle heiß gemacht, und sie hatte keine Hilfe bei unserer Erziehung gehabt. Es würde uns allen guttun, wenn wir eine Weile bei ihm waren, sahen, wie er lebte, und erfuhren, wie er tickte und dachte. Sogar Miriam stimmte dem zu.
    Sie hatte sich wie viele andere »Ethnos« schon lange vor unserem Besuch in Pakistan mit ihren Wurzeln

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