Das Sakrament
Wachen daran wärmten und von der Heimat erzählten. Die Ritter trugen nur eine Halbrüstung und hatten keine Schilde. Ihre Pferde waren ganz ohne Rüstung. Die Kriegsmönche verlängerten ihre Steigbügel für den Angriff. Um die Tiere ruhig zu halten, legten sie ihnen Seidentücher über und führten sie bergab zur Bighi-Bucht. Tausend Fuß vor dem Lagerfeuer der Wache blieben sie stehen, bis zu den Knien im Nebel, wie ein Trupp gerade ans Tageslicht getretener Unterweltgestalten. Manch ein ungeduldiger Blick wanderte zum östlichen Horizont, während sie ihreWaffen bereithielten. Das Wasser war zu schwarz, als daß man es hätte sehen können. In ihrem Kreis des Schweigens schien sogar das sanfte Rauschen der Wellen laut. Da noch viel Zeit blieb, knieten die Ritter neben ihren Pferden nieder, beugten die Köpfe zum Knauf ihrer Schwerter, und ihre Lippen bewegten sich über dem Nebel in stummem Gebet.
So verharrten sie mit gebeugten Knien, bis der Gesang der Vögel die erste Vorahnung der Morgendämmerung verkündete. Über den indigoblauen Himmel zog sich von unterhalb des fernen Horizonts ein breiter violetter Schein, und während der Farbton rasch in hellere Farben überging, bekreuzigten sich die Ritter noch einmal und erhoben sich. Sie nahmen den Pferden die Seidentücher ab, worauf die Tiere schnaubten und mit den Hufen im Sand scharrten. Steigbügel und Geschirre klirrten, als die Ritter wieder aufstiegen und die Zügel kurz faßten. Sie lockerten ihre Schultern, beugten und streckten ihre Ellbogen, um die eingefetteten Gelenke ihrer Rüstungen beweglich zu machen. Im unsicheren Licht des frühen Morgens waren ihre Gesichter so bar jeden Erbarmens, wie Tannhäuser es selten gesehen hatte. Das Terrain lag flach vor ihnen, hier und da mit ausgedorrtem Strandhafer gesprenkelt, aber ohne einen Felsen oder Busch weit und breit. Sie gruppierten sich zu einer schattenhaften Staffel, mit De Lugny und Escobar de Corro in der Mitte. Von irgendwo auf dem fernen Corradino schwebte das gespenstische und klagende Echo eines Gesangs:
Allahu akbar
Allahu akbar
Allahu akbar
De Lugny hob seine Lanze, und die Ritter fächerten sich auf und spornten ihre Pferde an. Im Gegensatz zu ihren Feinden, die leichte Araber und Berber mit kurzem Rücken ritten, benutzten die Ritter ungeheuer große Tiere von gemischtem nordeuropäischem und andalusischem Blut, die auf Stärke gezüchtet waren, damit sie bei einem Angriff zweihundert Pfund tragen konnten, und die so blutrünstig waren wie ihre Reiter. Tannhäuser blieb amStrand stehen, streichelte Buraqs Kopf und schaute ihnen nach. Er hatte seinen Teil beigetragen. Der Sinn stand ihm nicht nach Kampf, noch viel weniger nach Gemetzel. Trotzdem war es ein Schauspiel, das man nicht verpassen sollte. Er stieg auf, zog seinen Krummsäbel und beobachtete alles aus dem Sattel.
In fünfhundert Fuß Entfernung hatten die ausgeschwärmten Ritter nun ihre größte Geschwindigkeit erreicht, und nichts auf Erden oder im Himmel hätte sie noch aufhalten können. Er sah den ersten Rand der aufgehenden Sonne über den Batterien der Landzunge auftauchen. Im schrägen Morgenlicht, das über die Ebene strahlte, glänzten die Helme und polierten Rückenplatten der Reiter in schimmerndem Rosa. So farbenfroh im Licht des neuen Tages stürzten sie sich auf das Lager und machten sich mit einer Begeisterung über die noch halb schlafenden Verteidiger her.
Menschengestalten sprangen in Panik auf und wurden genauso rasch wieder zu Boden geschmettert. Streitkolben wirbelten und streckten nieder, Lanzen durchbohrten nacktes Fleisch, Äxte hoben sich und fielen herab. Schwertklingen wehten blutrot über den rosigen Rüstungen. Das lauter werdende Klagen furchtsamer Maultiere, verspätete Alarmsignale, Todesschreie und vergeblich gebrüllte Befehle zerrissen den kristallklaren Morgen. Inmitten all dieses Getümmels wurden die Namen Jesu Christi, Johannes’ des Täufers und Allahs gerufen, und wie immer wenn Männer ihrem Schöpfer in so schrecklichen Umständen entgegengehen, erschallte das Wort »Mutter« in vielen Zungen.
Tannhäuser trieb Buraq zum Trab an.
Als er das Wachfeuer an der Lagergrenze erreichte, kamen ein paar Flüchtlinge herangetaumelt. Sobald sie Tannhäusers weißen Turban, seinen dunkelgrünen Kaftan und sein goldenes Mongolenpferd sahen, rannten sie in der blinden Hoffnung auf Rettung auf ihn zu. Sie sahen aus wie Bulgaren oder Thraker und trugen keine Helme. Ihre Augen rollten, als
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