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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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umzusehen. Plötzlich wurde ihm klar, daß er nicht nach Stambul zurückkehren konnte. Auch die Türken waren nicht seine Leute. Wenn es einen Menschen auf Erden gab, der gar keine Leute hatte, dann war er es. Er war allein. Und er war frei.
    »Statt nach Süden bin ich also nach Westen geritten«, erzählte Tannhäuser und blickte Amparo an. »Nach Wien und in die Länder der Franken, in den Krieg und in Narrheiten einer anderen Art. Aber das ist eine andere Geschichte.«
    Amparo beobachtete ihn mit Tränen in den Augen.
    Er wandte sich ab. »Du verstehst also«, fuhr er fort, »daß ich meinen Vater gesehen habe, er mich aber nicht.«
    Amparo fragte: »Und was sollte das für einen Sinn haben? Er hat dich geliebt. Er hätte alles auf der Welt darum gegeben, dich zu sehen.«
    Das wollte er nicht von ihr hören. Beinahe hätte er gesagt: Ich habe mich geschämt. Und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß er sich möglicherweise auch meiner schämen würde. Er sagte: »Kaum etwas, was ich mache, hat viel Sinn. Warum wäre ich auch sonst in dieses jammervolle Höllenloch zurückgekehrt?«
    »Du liebst mich nicht mehr.«
    Diese Anschuldigung traf ihn so unvermittelt, daß er herausplatzte: »Unsinn.«
    Sie legte den Kopf schief und starrte ihn an, wie ein wilder Vogel ein größeres, erdgebundenes Wesen anblickt, das viel ungeschlachter und dümmer ist. Es war klar, daß sie seine Antwort nicht als ausreichend empfand, und doch hatte sie ihm eine Liebeserklärung entlockt. Sie wartete darauf, daß er noch tiefer in ihre Falle geraten würde.
    »Ich habe nie in meinem Leben eine Frau mehr angebetet.«
    Die Wahrheit, die in diesem Satz mitschwang, reichte aus, um sie augenblicklich zufriedenzustellen. Amparo sagte: »Warum nimmst du mich dann nicht in dein Bett?«
    Ihre Augen durchbohrten ihn. Sie schienen von innen heraus zu leuchten. So war es von Anfang an gewesen, als er sie gesehen hatte, wie sie im Halbdunkel der Taverne getanzt hatte. Er rang mit sich, zwang sich, seine Hände an ihrer Taille zu halten. Ihm schwirrte der Kopf.
    »Hörst du mir zu?« fragte sie.
    »Natürlich«, versicherte er ihr, und seine Gedanken waren verflogen.
    »Warum tust du es dann nicht?«
    »Ja, warum nicht?« Die Worte kamen von wer weiß woher. Sie waren jämmerlich wenig wert und wären am besten ungesagt geblieben. »Alle möglichen Wehwehchen«, murmelte er. »Fieber, ermüdende nächtliche Wachen. Alle möglichen Krankheiten und Sorgen …«
    »Ich kann alle möglichen Krankheiten heilen.«
    Sie küßte ihn, und Tannhäuser gab ohne weiteres Zögern seine tugendhaften Vorsätze auf. Er entdeckte ihre geschickte, flatternde Zunge aufs neue. Ihr schwarzes Haar war gewachsen und fiel in ungebändigten Locken um ihren Hals. Sanft faßte er mit der Hand unter ihren Hintern und führte die Spitze seines Gliedes in die Falten ihrer Scham. Er spürte einen Widerstand, der zwar auch seinen Reiz hatte, ihn aber einen Augenblick lang befürchten ließ, er würde ihr Schmerzen zufügen, wenn er mit zu großem Eiferweiterdrängte. Amparo packte den Rand der Wanne hinter ihm, verankerte ihre Fersen an seinen Oberschenkeln und ließ sich auf ihn herab. Sie schrie mit einer Leidenschaft auf, die ihn nur noch weiter entflammte, während er sich weiter in sie schob und immer wieder innehielt. Sie schwebte über ihm, ihre Gliedmaßen straff gespannt wie Saiten, mit angehaltenem Atem. Sie schlug die Augen auf und schaute ihn an. Er stützte ihr Gewicht mit den Händen und streckte die Beine aus. Der Wannenrand schürfte ihm die Haut auf dem Rücken auf, während er sich aufrichtete und ganz in sie eindrang. Wieder schrie sie auf, ein Schrei aus ihrer tiefsten Seele. Er klammerte sich fest an sie, während er immer weiter in sie hineinstieß. Ihre Knochen drückten ihm gegen die Hüften, und er küßte sie auf den Mund und spürte ihr winselndes Echo im ganzen Schädel, während er sie langsam und noch langsamer durchbohrte, mit sanften, gleitenden Stößen. Er war taub für das Dröhnen der Belagerungskanonen, für die wilde und verzweifelte Kakophonie der Alarmtrompeten. Für ihn gab es nur noch Amparo, die sich an ihn klammerte, die Nägel tief in seine Lenden vergraben.
    Der Boden unter der Wanne bebte und zuckte, als hätte ein mythisches Urtier sie von unten gerammt. Amparo ließ ihn los und sank zurück, umklammerte den Eisenreifen der Wanne, lag zuckend da und wimmerte freudvoll vor sich hin. Er drehte sie um, daß sie in den verdorrten

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