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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Mann niederstrecken. »Ich kann von hier aus mehr Schaden anrichten.«
    Starkey widersprach nicht. »Wie Ihr wollt«, sagte er.
    »Großer Gott!« rief Bors, der über die Brüstung starrte.
    Ein dumpfes unterirdisches Grollen drang an Tannhäusers Ohren. Er drehte sich um.
    Vor seinen Augen tauchten auf der Ebene zwei breite, tiefeGräben auf, und Palisaden aus orangegelben Flammen loderten durch die vorrückenden moslemischen Truppen. Die Horden schwenkten verwirrt ab. Es war, als hätte der Satan persönlich das Dach der Hölle geöffnet, und ganze Scharen von Männern verschwanden in den feurigen Schlünden.
    Tannhäuser begriff sofort, daß die unterirdischen Gänge, die Monatones am frühen Morgen in Brand gesteckt hatte, nun unter dem Gewicht des Angriffs zusammengebrochen waren.
    »Das ist unser Zeichen!« schrie Starkey. »Gott ist mit uns!«
    Bors brüllte: »Für Christus und Johannes den Täufer!«
    Tannhäuser schaute ihn entsetzt an. Die deutsche Zunge wiederholte den Schlachtruf mit großem Eifer. Mit Starkey und seinen Engländern in der Vorhut klirrten sie den Mauergang entlang auf die Treppe zu. Tannhäuser packte Bors beim Arm. Sein Gefährte nahm seinen Beidhänder und schüttelte den Kopf.
    »Bitte laß mich in Frieden«, sagte Bors. »Ohne mich zieht die englische Zunge nicht in den Kampf.«
    Bors stapfte hinter seinen Landsleuten her. Tannhäuser hatte mit einem plötzlichen Aufwallen von Übelkeit zu kämpfen. Der Schweiß rann ihm über Rücken und Brust, ihm wurde eiskalt, und er zitterte in seiner Rüstung. Er legte das Gewehr an, zielte auf die hohen weißen Hauben, die auf die Bresche zuströmten, und drückte ab. Ohne das Ergebnis zu betrachten, lehnte er die Flinte zu den anderen und zog seine Panzerhandschuhe aus dem Gürtel. Sein Kampfeswille schwand. Ihn grauste vor der Arbeit, die vor ihm lag. Er schaute nach Osten zum Monte Salvatore. Die türkischen Zelte und Gräben lagen verlassen da. Nur die Topchu -Artilleristen waren noch geblieben. Bei Einbruch der Nacht würde man mit einem raschen Spaziergang in die Freiheit gelangen, aber die Sonne war gerade eben erst über dem Berggrat des Salvatore aufgegangen. Als er die Panzerhandschuhe anziehen wollte, fiel sein Blick auf den goldenen Armreif an seinem Handgelenk. Die Mäuler der Löwen brüllten noch. Er folgte einem abergläubischen Impuls und streifte den Reif vom Arm, las noch einmal die arabische Inschrift.
    Ich komme nach Malta nicht für Reichtümer und Ehre, sondern um meine Seele zu retten.
    Diese Aussicht war nun noch unwahrscheinlicher denn je, und doch schenkte ihm der Spruch Trost. Tannhäuser legte den Armreif wieder an und zog die Panzerhandschuhe über. Er nahm sein Schwert und machte sich auf den Weg zur Treppe. Wenige Augenblicke später gesellte er sich zu Bors und den anderen Nordmännern, die einen stählernen Keil gebildet hatten. Bors lachte ihm zu, und Tannhäuser wünschte ihn zum Teufel. Auf Starkeys Befehl kletterten sie den Geröllhaufen hinauf, und zum Entsetzen der Zirhli Nefer , die dicht an dicht in der Bresche standen, stürzten sich nun die deutsche und die englische Zunge in den wütenden Kampf.
    Kurz nach Mittag wurden alle Mitarbeiter des Heiligen Hospitals zusammengerufen. Carla hörte sich an, wie Fra Lazaro den Befehl des Großmeisters verkündete, daß jeder Mann, der sich noch irgendwie rühren könne, sich so schnell wie möglich zu den Verteidigern auf die Wälle gesellen solle.
    Da überhaupt niemand mehr als Patient aufgenommen worden war, der nicht mindestens Gliedmaßen verloren hatte, traf diese Anordnung zunächst auf ungläubiges Staunen. Der Ausdruck in Lazaros Augen, die graue Blässe seines Gesichtes, all das ließ erkennen, daß er genauso verwirrt war wie alle anderen. Er hatte indes schon Zeit zum Nachdenken gehabt und auch persönlich mit La Valette gesprochen, und er begriff, daß dieser Befehl ernst gemeint war. Niemand hegte große Erwartungen, daß die Verwundeten sich in den Kampf stürzen würden, aber sie sollten Helme und rote Überwürfe anlegen und sich auf den Wällen zeigen, um dem Großtürken den Eindruck von einer Truppenstärke zu geben, die sie nicht mehr besaßen. Hunderte von Frauen und Jungen fochten inzwischen schon mit dem Speer Seite an Seite mit den Soldaten. Der Kampf bis zum letzten Blutstropfen war keine rhetorische Floskel mehr. Allen hier Versammelten oblag es nun, die Freiwilligen vorzubereiten und ihnen auf ihre Posten zu helfen.
    Lazaro bat

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