Das Sakrament
Sie kommen nur nachts aus ihren Löchern.«
Der Priester zuckte zusammen, und Tannhäuser schlug ihm mit der Handfläche den Hut vom Kopf.
»Wer hat dir diesen niederträchtigen, feigen Auftrag gegeben?«
Ambrosios Mund schnappte wortlos auf und zu. Tannhäuser lehnte sich in die Kutsche und packte den geschorenen Priesterschädel fest mit einer Hand. Mit einer abrupten Bewegung seines Schwerts hieb er dem Priester ein Ohr ab. Carla zuckte zusammen, als Ambrosio den ersten jämmerlichen Klagelaut von sich gab und ihm das Blut über den Nacken rann. Seine Augen flackerten voller Verwunderung und Todesangst zu ihr. Nein, du wirst nicht wegschauen, befahl sie sich. Tannhäuser drehte das Gesicht des Priesters zu sich hin.
»Antworte mir, du Hund!«
Ambrosio rang nach Luft. »Pater Gonzága von der Kongregation des heiligen Petrus des Märtyrers.«
»Gut. Und was war dein Auftrag?«
»Die Signora zum Kloster zum Heiligen Grab in Santa Croce zu bringen, wo sie zum Besten ihrer unsterblichen Seele auf unbestimmte Zeit verbleiben sollte.«
»Und was ist mit Gonzagas Herrn, Ludovico?«
Dieser Name schockierte Carla mehr als alles, was sie an diesem Tag bisher hatte erdulden müssen. Seit dreizehn Jahren hatte sie ihn nicht mehr gehört. Sie wartete auf Ambrosios Antwort.
»Ich habe von Seiner Eminenz nun schon Monate lang nichts mehr gehört – seit er nach Malta gereist ist.«
Tannhäuser neigte sich zu dem blutenden Loch in Ambrosios Kopf herunter. »Jetzt mußt du sterben. Und du sollst wissen, daß Luzifer sich ins Fäustchen lacht und zusieht, wie du im Feuer schmorst, wenn dein Gott tatsächlich einen Himmel und eine Hölle geschaffen hat.«
»Jesus!«
Tannhäuser hob sein Schwert hoch und stieß es dem Mann in die Kehle. Dann wischte er es an der Kutte des Priesters ab. Während Carla dastand und zusah, als stünde sie im Fenster und blickte auf einen dunklen und verstörenden Traum, baute Tannhäuser die Welt um wie ein blutbefleckter Maurer, riß eine Wand ein, während er schon die nächste errichtete. Er steckte das Schwert in die Scheide und zog einen Dolch.
»Wo ist Eure treue Gefährtin Amparo?« fragte er.
»In der Villa. Meine Entführer wußten nichts von ihrer Existenz. Und ich habe sie nicht darüber aufgeklärt.«
»Das habt Ihr gut gemacht.«
Carla schaute ihm zu, wie er den toten Kutscher aus dem Geschirr befreite, und trat einen Schritt zurück, als er sich den Leichnam wie einen Ballen Stoff auf den Rücken lud. Er untersuchte sein golden gestreiftes Wams nach Blutflecken. Als er keinen fand, schaute er zufrieden drein. Dann nahm er dem Kutschpferd Hintergeschirr, Schwanz- und Hüftriemen ab.
Er sagte: »Aus der Verschwörung, die Ludovico gegen uns angezettelt hat, schließe ich, daß er der Vater Eures Jungen ist.«
»Ich bedaure, daß ich es Euch nicht früher gesagt habe. Vielleicht hättet Ihr dann dieses Unheil verhindern können.«
Tannhäuser schüttelte den Kopf. »Die Würfel waren bereits gefallen. Als ich von Eurer Villa zurückkehrte, versuchten mir einige städtische Büttel eine Falle zu stellen.«
Er führte das nun befreite Kutschpferd zur Seite und beruhigte es mit Worten und sanften Berührungen. Als wollte er den Eindruck vermeiden, daß sein Angebot nur galant gewesen war undman also darüber streiten könnte, sagte er: »Bitte, Buraq hat mich heute schon weit getragen und wird sich über ein geringeres Gewicht sehr freuen.«
Im Mondlicht erschien das Pferd weiß wie Milch.
»Er schaut so makellos rein aus wie ein Gleichnis der Tugend«, sagte sie.
Tannhäuser erwiderte: »Ich bin sicher, er würde von Euch das gleiche sagen, wenn er könnte.«
Tannhäuser führte das Kutschpferd am Geschirr und beruhigte Buraq, während Carla die Röcke raffte und mit großer Leichtigkeit aufstieg. Sie bemerkte, daß Tannhäuser ihre kurzen Lederstiefel musterte, und seine Bewunderung für ihr Schuhwerk erregte sie seltsam. Buraq trug sie mit großer Ruhe, und sie spürte sofort seine wunderbare Stärke und Gelassenheit. Seine Schönheit, seine edle Gestalt, sein Duft begeisterten sie. Die Sterne und die Nacht ließen sie erschauern. Der Mann, der neben ihr stand und unverhohlen ihre Beine musterte, ließ sie gleichfalls erschauern. Tannhäuser reichte ihr die Zügel des Kutschpferdes.
Carla nahm ihren Verstand wieder zusammen und sagte: »Ihr sagt, die Büttel hätten Euch dort erwartet?«
Nun tauchte das Lächeln wieder auf, das am Nachmittag stets hinter seinen
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