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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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großes goldenes Kreuz. Tannhäuser tauchte an Bors’ Seite auf und hakte sich bei ihm unter.
    »So«, sagte Mattias, »dein Wunsch geht also in Erfüllung. Die natürliche Ordnung der Dinge ist wiederhergestellt.«
    »Ich hätte es mir nicht um diesen gewaltigen Preis gewünscht«, erwiderte Bors.
    »Zumindest hast du nun wieder ein paar neue Geschichten, die du am Kaminfeuer erzählen kannst.«
    Bors machte eine Kopfbewegung zu den Frauen hin. »Und du hast fahrende Sänger in Frauenröcken mitgebracht, die uns zu unseren Festlichkeiten aufspielen können.«
    »Da, wo wir hingehen, wird Musik kostbarer sein als Rubine«, meinte Mattias. »Aber jetzt hör mir gut zu! Ich habe nicht die Absicht, diesen Kampf bis zum Ende mitzumachen. Wir wollen einen Jungen aus den Klauen des Kriegs befreien.«
    Im Alter von neun Jahren hatte Bors seinen Vater mit einer Hacke zu Boden gestreckt und sich in einem kleinen Boot von Carlisle aus aufgemacht, um sich zu den Truppen des Königs von Connaught zu gesellen. Als er sich daran erinnerte, runzelte er die Stirn: »Welcher Junge würde sich denn da befreien lassen wollen?«
    »Vielleicht will er nicht. Ich habe allerdings nicht vor, ihm in dieser Sache die Wahl zu lassen.«
    »Wer immer er sein mag«, sagte Bors, »ich stehe tief in seiner Schuld.«
    Mattias schüttelte lächelnd den Kopf, und Bors dankte dem Allmächtigen, daß er sich irgendwo auf seinem langen, gewundenen Lebensweg solche Zuneigung verdient hatte. Bors wäre mit Mattias geritten, wenn der geplant hätte, den Satan selbst von seinem feurigen Thron in der Unterwelt zu entführen. Mattias drückte ihm noch einmal kurz den Arm, ging dann fort und gesellte sich zu den Frauen.
    Bors wandte sich wieder der Gischt zu, die von den Ruderblätternaus der Tiefe aufgewirbelt wurde. Irgendwo auf diesem uralten Meer näherten sich in diesem Augenblick Zehntausende von Gazi ihrer eigenen Stunde der Wahrheit. Fünfzig mörderische Tage lang verharrten diese Glaubenskrieger dicht an dicht gedrängt auf den Schiffen des Sultans. Nach dieser Gefangenschaft würden sie bei der Landung nach dem Blut der Christen lechzen. Bors hatte noch nie gegen die Löwen des Islam gekämpft, aber wenn man nach Mattias gehen konnte, würden sie eindrucksvolle Gegner sein. Bei dieser Aussicht fuhr Bors ein Zittern durch Beine und Gedärme. Welche Gründe sie auch immer hierhergebracht hatten, ihn, Mattias und die Frauen, war nun nicht mehr von Belang. Der Kriegsgott hatte gesprochen, und sie waren seinem Ruf gefolgt. Die rhythmische Litanei der Ritter drang ihm bis ins Herz: »Pater noster, qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum. Adveniat regnum tuum. Fiat voluntas tua sicut in caelo et in terra. Panem nostrum quotidianum da nobis hodie, et dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris. Et ne nos inducas in tentationen, sed libera nos a malo. Amen.«
    Auf einem schwarzen Schiff mit roten Segeln glitten sie über die silbrig-dunkle See im Licht des Mondes auf das Tor der Hölle zu. Als die Ritter erneut mit ihrer Litanei begannen, stimmte auch Bors in ihre Worte ein.

F REITAG , 18. M AI 1565
In der Kalkara-Bucht – In Birgu – Auf Malta
    Seit dem ersten frühen Morgenlicht hatte Orlandu den Windhund gehetzt, als ihn ein Kanonenschuß in seiner dachlosen Behausung bei der Bucht aufgeschreckt und er die schlanke Silhouette des Tieres gesehen hatte, die sich vor dem Himmel abzeichnete. Im Osten ballten sich purpurrote Wolken zusammen, als wäre ein nächtliches Heer auf der Flucht vor der Gluthitze des Tages. DieBrise, die niemals kühler und süßer war als im Morgengrauen, trug die Stimmen von Männern heran, die Psalmen sangen.
    Beim zweiten Kanonenschuß hatte sich ihm der Windhund zugewandt. Sie standen kaum zwölf Fuß voneinander entfernt. Der Hund schaute von einem Stapel mit Segeltuch überspannter Kisten, die am Dock von Kalkara aufgestapelt lagen, zu ihm herunter. Ein früher Lichtstrahl brach durch die Wolken, und Orlandu sah, daß der Hund schneeweiß war. Seine Ohren stellten sich auf, und sie beäugten einander, der Hund und der barfüßige Junge, der eine so makellos, wie Gott ihn geschaffen hatte, der andere voller Bißwunden und mit Blut besudelt. Orlandu packte sein Messer von den Mauersteinen neben seinem Kopf und erhob sich ganz langsam. Der Hund schaute ihn mit traurigen, hellen Augen an. Seine edle Erscheinung traf Orlandu bis ins Herz.
    Soweit Orlandu wußte, war dieser weiße Windhund der

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