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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Augen gelauert hatte. »Die Büttel von Messina werden eine Weile nicht in voller Stärke antreten können.« Das kleine Lächeln verschwand. »Sie haben den jungen Gasparo umgebracht, weil er tapfer zur Verteidigung von Sabato Svi aufgestanden ist. Sie haben Sabato gefoltert, weil er ein Jude ist. Beide Männer haben mir die Ehre ihrer Freundschaft erwiesen.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie.
    »Wenn die Mächtigen sich gegen uns wenden, dann müssen wir in unserem eigenen Interesse genauso handeln wie die Mächtigen, ohne jegliche moralische Bedenken, ohne Gnade. Obwohl wir sie wie Hunde abgeschlachtet haben, ist mein Gewissen rein. Seid also versichert: Niemand ist mehr am Leben, der Euren Namen mit dieser Angelegenheit in Verbindung bringt – niemand außer Ludovico. Aber er wird sich ruhig verhalten, denn seine Rolle indiesem Debakel würde ihm vor denen, die noch mächtiger sind als er, nichts als Schande bringen.«
    Tannhäuser nahm sie beim Arm und drückte ihr das Handgelenk so fest, daß seine Finger ihr auf den Knochen schmerzten, als wollte er sie aus einem Traum aufwecken.
    »Ludovico ist nach Palermo abgereist, und von da geht er nach Rom. Geht zu Amparo zurück. Der Priester hier hat Euch niemals entführt, von diesem Gemetzel habt Ihr nichts gesehen. Sagt nichts, und niemand wird Fragen stellen. Nehmt Buraq und sorgt gut für ihn, und kehrt gleich morgen nach Frankreich zurück, als wäre nichts geschehen.«
    Tannhäusers Griff schmerzte sie, aber er hatte sie bereits aus ihrem Traum aufgeschreckt, als sie ihn das erste Mal sah, im Rosengarten, als sein Gesicht noch feucht von Tränen gewesen war. Es war Gottes Wille, daß sie diesen Weg einschlug, und dieser Weg war Seine Gnade für sie. Das wußte Carla hier und jetzt, während das große Pferd zwischen ihren Schenkeln schnaubte, die Sterne über ihr funkelten und dieser Mann ihren Arm im schmerzhaften Griff seiner Finger hielt.
    »Ich fahre nach Malta«, fuhr Tannhäuser fort. »In die Festung der Höllenhunde. Starkey bekommt doch noch seinen Willen. Ich werde Euren Jungen finden, komme was da wolle, und bringe ihn sicher nach Hause in Eure Arme.«
    Carla zweifelte nicht an seinen Worten. Trotzdem sagte sie: »Ich komme mit. So war unsere Abmachung.«
    Tannhäuser betrachtete sie schweigend. Seine Augen verrieten nichts. Er lockerte seinen Griff, wandte sich ab und ging. Sie beobachtete, wie er die Kutsche an den Straßenrand schob, dann über die Felskante, so daß sie in die Dunkelheit stürzte. Er kehrte zurück und schwang sich auf das Kutschpferd.
    »Das rote Schiff läuft um Mitternacht aus.« Tannhäuser schaute mit wissendem Blick auf den Mond. »Wenn wir das Mädchen noch holen wollen, müssen wir uns beeilen.«
    »Amparo?« Carla war sich sicher gewesen, daß er diese weitere Bürde nicht wollte.
    »In einer solch verworrenen Lage sind eine Seherin und ihre Visionen nicht zu verachten.«
    Tannhäuser lenkte sein Pferd herum und ritt in halsbrecherischer Geschwindigkeit bergab. Buraq folgte mit sicheren und geschwinden Schritten. Carla erhob sich aus dem Sattel und straffte ihre Schultern. Der Wind wehte ihr durchs Haar. Sie fühlte sich, als wären ihr Flügel gewachsen.

M ITTWOCH , 16. M AI 1565
Am Hafen von Messina – Auf der Couronne
    Die Couronne war schon eine halbe Meile auf See, als das »Orakel« explodierte. Das nun auflodernde Feuer war ungeheuerlich, und die ganze Bucht leuchtete gelb in seinem Schein. Vom Chaos an den Kais konnte Bors nur winzige, verzweifelte Gestalten ausmachen, die sich scharf vor den Flammen abzeichneten.
    Während sich das Schiff weiter in die Dunkelheit hinein durch das Wasser pflügte, wurde der Aufruhr am Ufer übertönt vom Knarren der Balken und Taue, vom Klatschen der zweiundfünfzig riesigen Ruder, vom Dröhnen des Gongs und dem Krachen der Peitschen und dem Klirren der Ketten und Fußfesseln. Auf dem offenen Ruderdeck beugten sich die Sklaven, immer zu fünft an eine Bank gekettet, über die Ruderschäfte. Bors lehnte sich an die Reling. Das »Orakel« war Vergangenheit, aber das Leben war gut. Die fernen, verzweifelten Gestalten waren in ihrer Welt, und er war es zufrieden, in der seinen zu sein.
    Mattias war auf dem Pier angekommen, als Giovanni Castrucco und Oliver Starkey angefangen hatten, sich darüber zu streiten, wie lange sie noch warten konnten. Bors, der ungern mehr Schießpulver verschwendete, als unbedingt notwendig war, weil man es doch besser zum Töten von Heiden

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