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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Straßburg zugestimmt – diese Urkunde trägt Ottos Siegel und seine Unterschrift. Geht zum Herzog, wenn Ihr dies für richtig haltet. Aber ich fürchte, wenn er erfährt, dass Ihr die Gilde verboten und damit dem Willen Ottos zuwidergehandelt habt, wird er nicht erfreut sein.«
    Sengendes Feuer loderte in Ulmans Augen. »Diese Dreistigkeit«, sagte der Bischof, »werdet Ihr noch bitter bereuen!« Er wirbelte herum und stolzierte mit flatternder Soutane davon.
    Martel begriff, dass die Schlacht verloren war, rief seine Büttel zu sich und folgte Bischof Ulman, nicht ohne den Kaufleuten einen letzten hasserfüllten Blick zuzuwerfen.
    »Zur Gildehalle!«, rief Michel.
    »Hoch lebe der Gildemeister!«, brüllten die Schwurbrüder, und Michel wurde von den jubelnden Kaufleuten regelrecht über den Platz und in das Gebäude hineingespült.
    Drinnen gab er Jean die Anweisung, mit seinen Freunden während der Versammlung vor dem Eingang Wache zu stehen, für den unwahrscheinlichen Fall, dass Bischof Ulman seine Meinung änderte und Martel doch mit Gewalt gegen die Gilde vorgehen ließ. Anschließend nahmen die Schwurbrüder an der Tafel Platz, und Michel ließ sich auf dem Stuhl des Gildemeisters nieder. Es war ein seltsames, unwirkliches Gefühl. Gerade einmal drei Monate war es her, dass man ihn in die Gilde aufgenommen hatte, und nun saß er plötzlich als gewähltes Oberhaupt am Kopf dieser Tafel.
    »Lasst uns beraten«, sagte er, nachdem sich der Überschwang der Schwurbrüder gelegt hatte. »Was können wir tun, um unsere Lage zu verbessern?«
    »Das größte Übel sind die Münzverschlechterungen«, sagte Marc Travère. »Wir müssen Bischof Ulman dazu bringen, uns ein Mitspracherecht beim Münzwesen einzuräumen.«
    »Der Salzpreis muss sinken«, fügte Melville hinzu. »Er versetzt dem Handel sonst den Todesstoß.«
    Catherine nickte. »Zusammen mit den Marktgebühren.«
    »Ich fürchte nur, das wird nicht so einfach«, gab Charles Duval zu bedenken. »Das Markt- und Münzwesen und die Salzschürfrechte sind hoheitliche Regalien – das Bistum hat sie einst vom Kaiser bekommen. Die Gilde hat dagegen keine rechtliche Handhabe. Wenn Bischof Ulman uns nicht freiwillig entgegenkommt, können wir wenig tun.«
    »Dann üben wir Druck auf ihn aus«, sagte Raymond Fabre. »So wie eben.«
    »Das war etwas anderes. Heute haben wir nur unser Recht durchgesetzt. Ein kleiner Sieg, zweifellos, aber Ulman Regalien abzutrotzen wird schwieriger. Er hat Soldaten, Ländereien, nahezu unbegrenzte Geldmittel, und er weiß die Macht der Kirche hinter sich, während wir nur eine kleine Gilde sind. Auf Dauer wären wir ihm nicht gewachsen.«
    Michel hielt sich zurück und ließ der Diskussion ihren Lauf. Die Schwurbrüder waren kluge, durchweg gebildete Leute und imstande, ihre Lage zu bewerten, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen und vernünftige Lösungen zu entwickeln. Zwar hatte Michel viele eigene Ideen, doch er wollte die Gilde nicht wie Géroux führen, der den Schwurbrüdern ständig seinen Willen aufgezwungen hatte. Zumal es durchaus möglich war, dass seine Freunde bessere Einfälle haben würden.
    »Noch mag die Gilde schwach sein, verglichen mit dem Bistum«, wandte Carbonel ein. »Aber das kann sich ändern, wenn wir die Bürger für unsere Sache gewinnen. Wenn es uns gelänge, die einfachen Handwerker, Tagelöhner und Stadtbauern zu unterstützen und ihr hartes Los zu lindern, würde dies unseren Einfluss in der Stadt beträchtlich mehren, und dann könnte sich Bischof Ulman unseren Forderungen nicht mehr ohne Weiteres verweigern.«
    Michel war beeindruckt. Was Carbonel vorschlug, war pfiffig. »Richtig. Denn dann müsste er fürchten, ganz Varennes gegen sich aufzubringen. Wie also können wir dieses Ziel erreichen?«
    »Den einfachen Leuten ist am ehesten geholfen, wenn wir den Dreck in den Straßen beseitigen und die Brunnen reinigen«, sagte Catherine. »Außerdem kann es nicht schaden, ein paar zusätzliche öffentliche Backöfen zu bauen, denn davon gibt es viel zu wenige.«
    »Das wären wirkungsvolle und billige Maßnahmen«, stimmte Melville ihr zu. »Wir könnten sie mühelos aus der Gildekasse bezahlen.«
    »Könnte uns Bischof Ulman das verbieten?«, wandte sich Michel an Carbonel und Duval, die von rechtlichen Fragen am meisten verstanden.
    »Es gibt kein Gesetz, das bestimmt, dass die Brunnenpflege, die Reinigung der Straßen und der Bau neuer Backöfen dem Schöffenkollegium vorbehalten sind«,

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