Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)
kommen.«
»Das wäre ganz in meinem Sinne.«
»Ich nehme an, Ihr habt gehört, dass der Krieg auf der Stelle tritt. Weder Otto noch Philipp können eine Entscheidung herbeiführen, denn sie sind einander ebenbürtig. Siegen wird, wem es gelingt, die meisten Fürsten und Edlen um sich zu scharen.«
Aristide nickte schweigend.
»Jeder Mann ist Otto willkommen«, fuhr von Limburg fort, »besonders, wenn er über reiche Lehen und eine Handelsstadt gebietet. Deshalb war Otto nicht wenig erfreut, als Ihr ihn wissen ließet, dass Ihr Euch ihm anschließen wollt.«
»So weit sind wir noch nicht. Ich sagte, dass ich mit dem Gedanken spiele. Ich sagte aber auch, dass meine Unterstützung einen Preis hat.«
»Was verlangt Ihr?«
»Ich fühle mich von meinem Lehnsherrn im Stich gelassen. Das letzte Mal, dass er mich für meine Treue angemessen belohnt hat, ist Jahre her.«
»Ich dachte, Herzog Simon hält große Stücke auf Euch.«
»Vielleicht war das einmal so. Aber Simon hat mich längst vergessen. Schuld daran ist mein Schwager.«
»Ferry de Bitche.«
»Ja. Er arbeitet gegen mich und verhindert mein Fortkommen. Wenn ich Otto helfen soll, will ich ein Versprechen von ihm: Sowie er den Krieg gewonnen hat und Kaiser ist, wird er mir zu meinem Recht verhelfen. Er wird mir Macht und Land schenken und dafür sorgen, dass Ferry mir nicht mehr im Weg steht. Kann er mir dieses Versprechen geben?«
»Ich denke, das wird er tun«, antwortete Ottos Unterhändler. »Die Châtenois sind seine Feinde, wie alle Anhänger des Hauses Hohenstaufen.«
»Gut. Redet mit Eurem König. Wenn ich sein Wort habe, ist ihm meine Hilfe sicher.«
»Wie wollt Ihr ihn unterstützen?«, fragte von Limburg. »Ihr könnt kaum an Ottos Seite in die Schlacht ziehen. Simon würde Euch diesen Verrat nie verzeihen. Er würde Euch der Felonie anklagen und Euch alle Lehen entziehen.«
»Das weiß ich«, gab Aristide gereizt zurück. »Glaubt Ihr, ich habe darüber nicht nachgedacht? Es gibt viele Möglichkeiten, wie ich Otto helfen kann, ohne in Erscheinung zu treten. Er wird Geld brauchen, um seinen Krieg zu führen. Ich habe viel davon. Er kann jeden Monat eine großzügige Summe haben.«
»Dringender als Silber braucht er Männer.«
»Ich kann ihm Söldner schicken, die für ihn kämpfen. Vierzig Mann in Waffen. Flamen. Sie sind die Besten. Diese Kerle würden sogar ihre liebe Großmutter schänden, wenn Otto dies verlangte.«
»So etwas befiehlt Otto seinen Männern nicht«, sagte von Limburg indigniert.
Aristide machte eine abwiegelnde Handbewegung. »Kommen wir ins Geschäft?«
»Ich spreche mit meinem König und werde Euch seine Entscheidung mitteilen.«
Und damit war alles gesagt.
Als Walram von Limburg gegangen war, um die lange Rückreise an den Niederrhein anzutreten, setzte sich Aristide ans Feuer und trank den restlichen Wein.
Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Januar 1199
V OGTEI A LTRIP
I n Altrip war Markt, wie an jedem zweiten Mittwoch des Monats. Isabelle schlenderte an den Ständen vorbei, einen Korb über den Arm gehängt, während Rémy vor Bauer Anselms Scheune mit zwei gleichaltrigen Jungen aus dem Dorf herumtobte, Quirin und Jakob. Es war klirrend kalt, und anders als im Frühjahr und Sommer war kein einziger auswärtiger Händler zugegen. Nur einheimische Bauern und Handwerker boten auf dem Dorfplatz ihre Waren feil, unter der Aufsicht des Schultheißen Gregor von Worms. Der feiste Amtsmann stützte sich mit dem Ellbogen auf einen Zaun, plauderte mit Anselm und schenkte dem Geschehen nur wenig Beachtung.
Thomasîn brauchte neue Schlachtmesser. Die alten hatte er schon tausendmal geschärft, und sie taugten nichts mehr. Isabelle schlenderte zum Tisch des Dorfschmieds und begutachtete die Auslagen. Die Werkzeuge waren ausnahmslos von hoher Qualität und konnten sich mit den Erzeugnissen der Schmiede von Speyer messen.
Sie war das letzte Mal am zweiten Advent in der Reichsstadt gewesen, und sie beschloss hinzureiten, sobald es nicht mehr so kalt war. Gewiss wartete in der Herberge am Holzmarkt ein Brief von Michel auf sie. Außerdem wollte sie nach ihrer Mutter sehen. Seit zwei Jahren war Marie ein steter Quell des Kummers. Sie hatte wieder geheiratet, einen alten, aber wohlhabenden Speyerer Kaufmann. Und obwohl ihr Gemahl ihr ein Leben in Luxus bot, gab sie sich mehr und mehr dem Wein hin. Onkel Eberold und Tante Galienne hatten angedeutet, zu Allerheiligen sei sie so betrunken gewesen, dass man sie nur knapp vor
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