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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Guillory hat sie vor über zwanzig Jahren geheiratet. Die Ehe wurde niemals rechtskräftig aufgelöst. Er hätte Eure Schwester Yolande nicht heiraten dürfen. Aber er täuschte Euch, Euren Vater und Herzog Simon, denn er versprach sich von der Verbindung mit Eurem Haus Macht und Land.«
    Ferrys Lippen zuckten. »Das ist doch absurd.«
    »Wie gesagt, ich habe Beweise. Zeugen, die beeiden können, dass ich die Wahrheit sage.« Michel forderte Velin, Conon und Pater Guy auf, ihre Geschichte zu erzählen. Ein Diener eilte in den Palas, um für den Geistlichen einen Stuhl zu holen.
    Ferry beachtete die drei nicht – er starrte Gislebert an, der ihm erst jetzt aufgefallen war. »Wer ist das?«
    »Velins und de Guillorys Sohn.«
    »Allmächtiger«, murmelte der Edelmann.
    »Die Ähnlichkeit ist unverkennbar, nicht wahr?«, sagte Michel lächelnd.
    Mit finsterer Miene hörte Ferry zu, wie Pater Guy, unterstützt von Conon und Velin, berichtete, was sich vor über zwanzig Jahren in Metz zugetragen hatte. Gelegentlich stellte er eine Frage, doch meistens schwieg er. Michel spürte, wie Ferrys Zorn von Minute zu Minute wuchs. Seine Rechte umschloss den Weinbecher, als wolle er das Tongefäß mit brachialer Muskelkraft zerdrücken.
    Als Guy schließlich zum Ende kam, meinte Ferry: »Schwört Ihr beim Heil Eurer Seele, dass das die Wahrheit ist?«
    »Was sagt er?«, fragte der schwerhörige Geistliche und beugte sich vor.
    »Ob Ihr diese Geschichte beschwören könnt!«, rief Isabelle.
    »Nicht so laut, Kindchen, ich bin nicht taub. Natürlich kann ich sie beschwören. All das ist genau so passiert, so wahr ich hier sitze. Das gelobe ich als Priester und Mönch. Meine Seele soll in der Hölle brennen, wenn ich lüge.«
    Auch Velin und Conon beeideten, dass sie die Wahrheit gesagt hatten.
    Ferry starrte abermals Gislebert an, der seinem Blick standhielt; dann wandte er sich ab und stampfte über die Wiese. Michel hatte gewusst, dass Ferry zornig werden würde. Immerhin hatte de Guillory seine Schwester entehrt, ihre Seele mit Sünde befleckt, zwei uneheliche Töchter mit ihr gezeugt und die ganze Familie belogen, betrogen, dem Spott preisgegeben. Doch was nun geschah, übertraf all seine Erwartungen. Ferrys Gesicht lief rot an, er schleuderte den Becher in den Wald und brüllte: »Dieser Hundesohn! Dieser siebenmal verfluchte Hurenbock! Ich bringe ihn eigenhändig um! Ich reiße ihm die Eingeweide raus und werfe sie den Schweinen zum Fraß vor!«
    Michel und seine Begleiter wichen zurück, als Ferry herumfuhr. Auch der Kastellan und die Waffenknechte wahrten einen sicheren Abstand zu ihrem Herrn.
    »Ich habe es gewusst. Ich habe von Anfang an gewusst, was für ein gottloser, verkommener Bastard dieser Kerl ist! Ich habe meinen Vater vor ihm gewarnt, aber dieser alte Narr wollte nicht auf mich hören.« Ferry packte den Tisch und warf ihn um. Dabei schnaubte er wie ein rasender Bulle. »Du!« Er deutete auf einen Waffenknecht. »Geh zum Sarjanten. Ich will zwanzig Mann in Waffen. Wenn ich nach oben komme, sitzen sie auf ihren Gäulen, oder ich mach ihnen Beine.«
    Der Knecht eilte davon.
    »Setz einen Fehdebrief auf«, befahl Ferry dem Kastellan, woraufhin der Verwalter der Burg Wachstafel und Griffel hervorholte.
    »›An Aristide de Guillory‹«, begann Ferry, »›den Verräter und ehrlosen Betrüger am Haus Châtenois und dem Geschlecht derer von Bitche …‹«
    Während der Edelmann seinen Brief diktierte, ergriff Isabelle Michels Hand. »Gute Arbeit, Herr Gildemeister«, sagte sie leise.
    Michel stand auf der nördlichen Schildmauer, hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und betrachtete das Land, das sich weit unter ihm ausbreitete. Ein lauer Wind umspielte die Zinnen, er trug den Duft von frischem Brot und gebratenem Wild vom Burghof herauf und zupfte an seinem Wams. Es war eine schöne Gegend, wilder, rauer und geheimnisvoller als seine Heimat. Die Täler versanken in tiefen Schatten, auf den Hügelkuppen erhoben sich zerklüftete Felsen, bedrängt von Buchen, Eichen und Bergulmen. Von den Dörfern stieg der Rauch der Herdfeuer auf und zerfaserte im Wind, sobald er sich über die Baumkronen hinauswagte.
    Michel atmete tief ein und aus. Er hätte ewig hier stehen können.
    Isabelle und er würden die Nacht in der Burg verbringen und morgen in aller Frühe nach Hause zurückkehren. Pater Guy und Conon und dessen Familie hingegen würden noch einige Wochen hierbleiben. Bevor Ferry mit seinen Kriegsknechten nach

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