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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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Staubwolke, die an der Mosel entlang durch das Tal kroch wie ein schwerfälliges Untier. Erst nach und nach konnte er Einzelheiten ausmachen.
    Reiter.
    Wehende Banner.
    Blitzende Lanzenspitzen.
    Aristide leckte sich die trockenen Lippen. Es waren viele. Bestimmt vierhundert oder mehr. Ein Vielfaches dessen, was ihm zur Verfügung stand. Trotzdem kein Grund, den Mut zu verlieren: Ein Mann, der Mauern und Türme verteidigte, zählte so viel wie vier Angreifer. Und er war vorbereitet. Seine Lagerkeller und Kornspeicher quollen über – er hatte Vorräte für viele Wochen. Neben dem Katapult stapelten sich Steine. Vor den Gebäuden standen Fässer mit Löschwasser bereit. Einige enthielten Pech, das erhitzt und von den Wehrgängen geschüttet werden konnte – eine schreckliche Waffe.
    »Ladet das Katapult«, befahl er. »Bemannt die Mauern.«
    Währenddessen erreichte Ferrys Heer den Fuß des Hügels und zog den Weg hinauf. Nach einer halben Stunde bezog die Streitmacht auf der Wiese Aufstellung, gut zweihundert Ellen vom Torhaus entfernt. Helme und Speerspitzen schimmerten in der Mittagssonne. Aristide betrachtete die Wappen auf Schilden und Bannern. Ferry hatte nahezu jeden Vasallen seiner Familie zu den Fahnen gerufen. Viele dieser Ritter kannte Aristide, hatten sie doch in früheren Jahren gemeinsam gegen Herzog Simons Feinde gefochten.
    Ein Reiter in voller Rüstung löste sich aus der Menge. Auch sein Schlachtross war gepanzert.
    Ferry.
    »Das ist mein letztes Angebot, de Guillory«, rief er. »Unterwerft Euch mir, oder Eure Burg wird gestürmt, und all Eure Leute werden getötet.«
    Aristide gab den Männern an der Mange ein Zeichen. Sie zogen den Hebel, der Arm des Katapults schnellte vor und schleuderte einen Stein über das Torhaus. Der Brocken schlug neben Ferry im Gebüsch ein.
    »Ist das Eure Antwort?«
    »Holt mich, wenn Ihr könnt!«, brüllte Aristide.
    Ferry ritt zurück, und in die Streitmacht kam Bewegung. Ritter stiegen von ihren Pferden und riefen Befehle. Kriegsknechte luden Zelte von den Ochsenwagen und begannen, sie im Schutz des Waldes aufzubauen und Latrinengräben auszuheben. Zimmerleute schwärmten aus und fällten Bäume, aus denen sie Sturmleitern, Rammen und Belagerungsmaschinen bauten.
    Die Stunden vergingen. Das Heerlager wuchs und wuchs. Aristide konnte nichts tun, als abzuwarten. Mit wachsender Sorge beobachtete er, wie die feindlichen Katapulte Form annahmen. Ferry begnügte sich nicht mit Mangen; seine Belagerungsingenieure bauten zwei Bliden, Hebelgeschütze, die zentnerschwere Steine zweihundert Ellen und weiter schießen konnten.
    Bereits zwei Tage später waren die Wurfmaschinen fertig. Turmhoch und bedrohlich standen sie am Waldrand, unerreichbar für seine Mange. Mit zwei Karren schafften Ferrys Knechte mühlradgroße Steine heran und wuchteten sie in die Schlinge am Ende des Wurfarms. Ein Belagerungsingenieur trat an die linke Blide und zog den Hebel. Das Gegengewicht sauste herab und riss den Arm in die Luft, der Brocken wirbelte über die Schildmauer und schmetterte dröhnend gegen den Bergfried. Aristides Knechte auf den Wehrgängen stöhnten gleichzeitig auf.
    Die zweite Blide schoss. Der Stein traf die Brüstung der Nordmauer und schlug ein Loch in den Zinnenkranz. Einer seiner Männer wurde mitgerissen und im Hof von den Trümmern zerschmettert.
    Ferrys Knechte luden nach. Die Bliden schossen den ganzen Tag, die ganze Nacht, ohne eine Pause.
    Isabelle hatte ihn angefleht, nicht zu gehen. Es sei zu gefährlich, hatte sie gesagt, ein Armbrustbolzen könne ihn treffen. Doch Michel musste es tun. Er musste mit eigenen Augen sehen, wie der Mörder seines Bruders zur Strecke gebracht wurde.
    Schon von Weitem sah er, dass Burg Guillory durch den Beschuss der letzten zwei Tage großen Schaden genommen hatte. Löcher klafften in den Zinnen, ein Turm der Vorburg war gar teilweise eingestürzt. Während er den Weg hinaufritt, hörte er Schreie und das Klirren von Waffen. Am Waldrand zügelte er Artos. Zwischen den Bäumen standen zwei Dutzend Zelte; Erdwälle und Palisaden schützten das Lager vor de Guillorys Bogen- und Armbrustschützen.
    An der Vorburg wurde gekämpft. Kriegsknechte erklommen vier Sturmleitern, während ihre Gefährten mit einer Ramme gegen das Tor anrannten. Die Männer auf den Mauern deckten sie mit Pfeilen, Bolzen, Steinen und kochendem Pech ein. Ein Soldat schrie, als ihn ein Schwall der heißen Masse traf, er ließ die Leiterholme los und stürzte in die

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