Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)
Salzes überzeugen konnte.
»Beste Qualität, wie immer«, stellte er zufrieden fest und ließ die weißen Kristalle durch seine Finger rieseln. Beinahe war ihm, als könnte er dabei Truchsess Ivos Silberpfennige klimpern hören.
Chonrat rief vier Tagelöhner herbei und wies sie an, die leeren Fässer von Michels Wagen zur Hütte zu tragen und acht volle aufzuladen. Während die Männer ihre Arbeit taten, nannte Chonrat den Preis und entlockte Michel damit ein Stöhnen.
»So viel?«
»Leider ja«, meinte der Vorarbeiter und schien selbst nicht glücklich damit zu sein.
»Aber das kann doch nicht sein! Ist der Salzpreis in den letzten drei Jahren wirklich so gestiegen?«
»Bischof Ulman legt den Preis fest. Ich kann da nichts machen, tut mir leid.« Verstohlen blickte Chonrat zu den Bütteln bei den Sudhütten, als fürchtete er, sie könnten seine Worte gehört haben.
Michel blieb nichts anderes übrig, als die geforderte Summe zu zahlen. Der Salzpreis war per Gesetz festgelegt, was ihm verbot, mit Chonrat zu feilschen.
»Unsere Gewinnspanne ist gerade gehörig geschrumpft«, raunte er Jean zu, nachdem sie sich von dem obersten Bornknecht verabschiedet hatten.
Sein Bruder kletterte auf den Wagenbock. »Ich fürchte, sie wird gleich noch weiter schrumpfen.«
»Wieso?«
»De Guillorys Brücke. Der Zoll.«
Michel stöhnte noch lauter als zuvor. Den verdammten Brückenzoll hatte er bei all dem Ärger um den Salzpreis völlig vergessen.
Und er war in der Tat happig. Als sie zur Brücke kamen, wurden sie barsch von den beiden Zöllnern angehalten. Die Männer schätzten den Gesamtwert des Salzes auf der Wagenpritsche und verlangten fünfzehn von hundert Teilen als Brückenzoll. Auch nachdem Michel zähneknirschend bezahlt hatte, durften sie nicht weiterfahren. Zuerst untersuchten die Zöllner den Wagen von oben bis unten nach versteckter Schmuggelware, bevor sie den Weg freimachten.
Michel war übler Laune, als sie eine halbe Stunde später zum Anlegesteg kamen. Die beiden Söldner erwarteten sie bereits. Sie hatten in einer nahen Garküche Eintopf mit Stockfisch gegessen und halfen ihnen frisch gestärkt, die Fässer abzuladen.
»Auf das Boot damit«, wies Michel sie an. »Aber vorsichtig. Sie dürfen nicht nass werden.«
»Schau mal da«, sagte Jean.
Michel wandte sich um. Über den Platz zog eine beeindruckende Schar, bestehend aus Rittern, Waffenknechten, Dienern, Geistlichen und einer Sänfte, die von vier Hörigen getragen wurde.
Zwei Männer gingen voraus. Einer war Tancrède Martel, der Schultheiß. Der andere Mann war von stämmiger Gestalt und hatte trotz des kantigen Schädels, der schütteren Haare und des leichten Doppelkinns recht attraktive Züge. Dank der Soutane, des Brustkreuzes und des Krummstabes erkannte Michel unschwer, dass es sich um Bischof Ulman handelte.
Martel trat an den Anlegesteg und sah sich um, auf seinen Gehstock gestützt. »Ist das Euer Schiff?«
Michel nickte. »Wie kann ich Euch zu Diensten sein?«
»Wir brauchen den Kahn.«
»Wie bitte?«
Bischof Ulman kam zu ihnen. » Pax vobiscum «, grüßte er und streckte die Rechte aus. Michel beugte das Knie und küsste den dargebotenen Ring.
»Exzellenz.«
»Ich bin in einer misslichen Lage«, sagte der Bischof, »und hoffe, Ihr könnt mir helfen. Mein Gast«, er wies auf den grauhaarigen Mann in der Sänfte, »Reichskanzler Johann will heute nach Trier zurückkehren. Unglücklicherweise hat er sich am Bein verletzt und kann weder gehen noch reiten. Da ich ihm kaum zumuten kann, einen solch langen Weg in der Sänfte zu reisen, möchte ich ihm ermöglichen, mit dem Schiff zu fahren. Bitte überlasst dem Reichskanzler für einige Wochen Euer Boot. Ich bin sicher, er wird es Euch danken.«
»Ich fürchte, das ist nicht möglich«, erwiderte Michel. »Ich kann das Boot nicht entbehren. Ich muss dringend diese Salzlieferung nach Traben bringen.«
»Ein anderes Boot ist aber nicht da, und ich selbst besitze keines.«
»Auch andere Kaufleute haben Flusskähne. Wenn Ihr einige Tage wartet, wird man Euch gewiss eines leihen.«
»Der Reichskanzler muss aber jetzt nach Trier«, sagte Ulman. »Nicht erst in einigen Tagen.«
»Ich kann ihn mitnehmen«, bot Michel an. »Trier liegt auf unserem Weg.«
»Johann ist die rechte Hand des Erzbischofs. Ich werde ihm gewiss nicht zumuten, tagelang zwischen muffigen Salzfässern zu kauern.«
»Dann kann ich Euch leider nicht helfen. Ich verliere viel Geld, wenn ich das Salz nicht
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