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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Bempongs
Hof ein. ‚Man sagte mir, du hättest ein fremdes Mädchen bei dir aufgenommen. Wo
ist sie? Zeige sie mir.‘
    ‚Hier
ist sie, Herr. Wir wollen sie gerade waschen und ihr die zerzausten Haare
glätten und schneiden. Bitte weine nicht, mein liebes Kind. Wir werden dich
bald nach Hause bringen. So, Frau, schneide ihr nun die strähnigen Haare ab und
ihre Eltern freuen sich um so mehr, wenn sie sie wiedersehen.‘ Daraufhin begann
das Mädchen von neuem furchterregend zu weinen und beängstigend mit den Augen
zu rollen. Man musste sie an den Armen und Beinen festhalten, um sie zur Ruhe
zu bringen. Als die Haare abgeschnitten waren, weinte und jammerte das Mädchen
schlimmer als je zuvor.
    ‚Beruhige
dich doch, meine Kleine. Es ist alles vorbei. Du siehst wunderschön aus, wie
niemand sonst in unserem Ort.‘ Bempongs Freude hielt jedoch nicht lange an. Das
hübsche Mädchen verwandelte sich augenblicklich in eine kleine alte Hexe. Alle
erschraken und blieben wie versteinert stehen. Sie erblickten ein
achtzigjähriges Kind. Ihre infantilen Augen funkelten böse aus dem faltigen,
verrunzelten Gesicht. Sie kreischte unaufhörlich und forderte, dass man ihr die
Haare genauso anbringen solle, wie sie vorher waren. Anderenfalls würden
Waldteufel in das Dorf eindringen und alles zunichte machen, was kreucht und
fleucht.
    ‚Jetzt
wirst du lernen, Bauer Bempong, was es heißt, wenn Menschen in den friedlichen
Wald einfallen und liebliche Nymphen in ihrer Freitagsruhe stören. Wir werden dich
foltern, wir werden dich verhungern lassen, wir werden dich zu einem bösen
Menschengeist verzaubern, bis du mir mein Haar zurückgibst - jede einzelne
Haarwurzel an seinem Platz, jedes Löckchen, wo es vorher war.‘
    Ein
fürchterliches Schweigen fiel über das Gehöft. Dann hob sie ihre verwurzelten
Ärmchen und beschwörte markerschütternd ihre Hexenschwestern herauf:
     
    Kommt, ihr Nymphen
des Waldes!
    Kommt aus dem
Teakholz.
    Dem Wawa- und dem
Ebenholz.
    Kommt aus den
mächtigen Odumbäumen.
    Kommt zu Bempongs
Dorf, kommt zu Bempongs Haus!
    Sein Dorf soll
nicht ruhen, Bempong soll nicht ruhen!!
    Kommt, ihr Nymphen
des Waldes, kommt alle, kommt alle hier her!!!
     
    Unversehens
geriet der nahegelegene Wald in Unruhe, brachen Äste von den riesigen Bäumen
und der Himmel verfinsterte sich zusehends. Man hörte entsetzliches Getöse. Die
Erde erbebte. Ein schauriges Lachen zerschnitt die stürmische Luft. Jeder
rannte um sein Leben. Nur die kleine Hexe saß friedlich auf ihrem Stuhl und
betrachte dieses teuflische Treiben mit sichtlichem Wohlbehagen. Nach einer
Weile verklangen die fürchterlichen Geräusche, und es wurde wieder still.
Ängstlich traten die Leute aus ihren Häusern, blickten besorgt um sich und
sahen überall Verwüstung und Zerstörung. Die Ernte war vernichtet, die gesamten
Essensvorräte aus den Speichern verschwunden. Der Dorfälteste rief eiligst eine
Versammlung zusammen, um einen Ausweg aus ihrer misslichen Lage zu finden. Sie
diskutierten die ganze Nacht hindurch, doch bei Tagesanbruch wusste immer noch
keiner, wie man die schlimme Situation beenden könnte. Gegen Mittag, als die
Sonne schon höher stand, erschallte erneut das schreckliche Gejammer und das
fürchterliche Gelächter aus dem Wald, welches den Erdboden aufs Neue
erschütterte. Die kleine Hexe kam von Bempongs Haus zum Dorfplatz gelaufen und
verlangte schimpfend abermals ihr Haar zurück. Diese schreckliche Szene
wiederholte sich mehrere Tage. Viele hungerten und einige Alte wurden sogar
ernsthaft krank. Eines Morgens erschien Afrum, der Idiot, auf den Versammlungsplatz.
‚Warum seid ihr so unglücklich, liebe Freunde?‘ fragte er verwundert. Zuerst
versuchten sie Afrum fortzujagen, doch dann begann Bempong zögerlich mit seinem
Sohne zu reden. Nachdem er ihm kurz die Ereignisse der letzten Tage geschildert
hatte, wandte sich Afrum zu der Hexe und sagte: ‚Guten Morgen, liebe Freundin.
Meine Leute erzählten mir, dass sie dir dein Haar versehentlich abgeschnitten
hätten, und du es unbedingt zurück haben willst.‘
    ‚Ja,
das will ich‘, krächzte sie aus dürrem Halse. ‚Jede einzelne Haarwurzel an
seinem Platz, jedes Löckchen, wo es vorher war.‘
    ,Gut,
mein kleines Püppchen. Dir dein Haar zurückzugeben - jede einzelne Haarwurzel
an seinem Platz, jedes Löckchen, wo es vorher war - ist ganz einfach. Ich
verspreche dir, ehe die Sonne untergeht, wird dein Wunsch erfüllt sein. Du
wirst dein Haar zurückbekommen. Jede

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