Das Salz der Mörder
Staatsanwalt. Sie werden nach
Dienststunden und Dienstjahren bezahlt. Ihre Familie wird wahrscheinlich rund
um die Uhr von staatlichen Bodyguards bewacht. Können Sie sich eigentlich in
meine Lage versetzen? Können Sie versuchen annähernd den Schmerz zu empfinden,
den man erleidet, wenn ein geliebter Mensch von einem geht? Ich rede nicht vom
Sterben und vom Tod. Das sind unumstößliche Tatsachen, die man akzeptieren
muss. Ich rede vom Verlassen werden, vom unfreiwilligen Verlassen werden, ich
rede von Menschenraub. Jemand hat mich meiner Tochter und meines Mannes
beraubt. Ich habe in den siebziger Jahren als junges Mädchen im Osten eure
‚Rote Armee Fraktion‘ bewundert. Die kamen an jeden heran. Wenn es einen von
euch erwischt hat, habt Ihr praktizierenden Christen ganz schön blöd aus der
Wäsche geguckt und wolltet uns eure Betroffenheit vorgaukeln. Gibt es die
überhaupt noch, die RAF? Möglicherweise wären die imstande meinen Mann und
meine Tochter ausfindig zu machen.“
Wieder
sah der Staatsanwalt zur Rechtsanwältin. Ohne seinen fassungslosen Blick von
ihr zu wenden, brach es aus ihm heraus: „Frau Wegner, Sie gehen zu weit. Sie
werden unsachlich und anmaßend. Frau von Bentheim, und Sie möchte ich bitten
mehr Einfluss auf Ihre Mandantin zu nehmen. Sie dürfen nicht von mir erwarten,
dass ich solche unqualifizierten Äußerungen toleriere. Ich respektiere Ihre
Gefühle, Frau Wegner, doch jetzt haben Sie sich unmissverständlich im Ton
vergriffen.“
Ei n schlimmes Zeichen ist es, . . ., dass Ihr das Salzfass eben
umgestoßen. (Heinrich Heine)
67. Eingang in das Innere der
Harmonie
Kürzlich
las ich Dostojewskis „Schuld und Sühne“. Beeindruckender Psychothriller aus dem
Russland des 19. Jahrhunderts. Maria brachte mir das Buch auf meinen Wunsch aus
der Bibliothek mit. Darin fand ich zufällig ein Werbeprospekt für die
Sommerseminare der Hansen, das der vorherige Leser der Lektüre vermutlich als
Lesezeichen benutzt hatte. Mir erschien es interessant, dieses kleine Traktat
einmal durchzublättern.
Eingang
in das Innere der Harmonie
„Transzendentale
Meditation“ ist der Schlüssel für Gesundheit, Erfolg und den vollkommenen
Umgang mit dem Menschen. Seit Jahren nutzen amerikanische und japanische
Unternehmen die unwiderlegbaren Vorzüge der Transzendentalen Meditation, um
ihre Mitarbeiter zu höheren Leistungen zu motivieren. Uns Deutschen scheint die
Beschäftigung mit dieser Materie noch immer suspekt und ein Relikt aus der Zeit
der 68er zu sein. Man erinnert sich an Flower-Power, San Francisco, indische
Fakire und Rauschgiftexzesse. Doch amerikanische Studien beweisen etwas völlig
anderes. Die Arbeitsproduktivität steigerte sich um 50 bis 60 Prozent,
Ausfallzeiten sanken bis zu 80 Prozent, und Umsätze verdoppelten sich. Wie kam
es dazu? Man weiß heute wie sich ein Organismus verhält, wenn er sich bedroht
fühlt oder einer Gefahr ausgeliefert ist: die Nebenniere erhöht den Ausstoß von
Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Atem-, Herzfrequenz und Blutdruck steigen
sprunghaft an, die Muskulatur spannt sich und Schweiß bricht aus.
Energiereserven werden mobilisiert, Verdauung und Geschlechtstrieb werden
gehemmt - der Körper ist bereit zum Kampf oder zur Flucht. Für unsere Vorfahren
waren diese Reflexe lebensnotwendig. Heutzutage haben sich die
Lebensbedingungen drastisch geändert und psychosoziale Konflikte setzen die
Abwehrreaktionen in Gang. Was wird von den tapferen Männern der Wirtschaft
gefordert, um ein Unternehmen gewinnbringend zu leiten: äußerste
Leistungsfähigkeit, verbunden mit jugendlicher Dynamik, Kreativität und
Risikobereitschaft. Diese wichtigen Erfolgseigenschaften unserer Gegenwart erzeugen
Druck, und diesen Druck nennt man Stress. Die englische Bezeichnung „stress
disease” wird im Deutschen als „Managerkrankheit“ übersetzt. Stress ist zu 70
bis 80 Prozent für direkte oder indirekte Ursachen aller Krankheiten
verantwortlich. Das zeigt sich sehr deutlich bei Topmanagern.Im alarmierenden
Umfang nahmen daher Bluthochdruck, Verdauungsstörungen, Magengeschwüre,
Erschöpfungszustände und Schlafstörungen zu.
Das
Herzinfarktrisiko liegt bei jungen um 16, bei älteren Führungskräften bei 61
Prozent. Gibt es eine therapeutische Möglichkeit diese Entwicklung, die unsere
moderne Zivilisation zunehmend gefährdet, nachhaltig zu stoppen?
Kehren
wir zurück in die sechziger Jahre, in denen amerikanische Wissenschaftler eine
einfache und
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