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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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spülte die verglühten Informationen den Ausguss hinunter.
Nochmals durchsuchte sie die Wohnung nach möglichem Beweismaterial, doch sie
fand nichts Belastendes mehr.
    Nein,
sie brauchte keine Koffer zu packen, das hatte er geschrieben, nur hinter den
Flurspiegel greifen, Pass, Flugticket und das versteckte Geld nehmen und
verschwinden. Und ab Zürich wird sie „Berliner“ heißen, Vera Berliner. Vor
ihrem Abflug hatte sie jene ausländische Telefonnummer zu wählen, die sie für
immer und ewig unzertrennlich zusammenführen würde. Sie sollte nichts weiter
als ihr Abflugsdatum auf einen Anrufbeantworter sprechen, das war alles. Man werde
sie am Bestimmungsort erwarten. Es wurde höchste Zeit. Jedoch sich so schnell
und unauffällig abzusetzen, so sang- und klanglos unterzutauchen, wie es sich
Manfred vorstellte, ging es beim besten Willen nicht. Einiger Vorbereitungen
bedurfte es schon, um ohne besondere Zwischenfälle von der aufgewirbelten,
deutschen Bildfläche verschwinden zu können.
    Katharina
von Bentheim, von leidenschaftlichem Enthusiasmus getrieben und selbst
medienbewusster Star der Münchner Schickeria, beobachtete eine seltsame Veränderung
im Verhalten ihrer Mandantin, das unerklärlicherweise ihren melodramatischen
Fernsehauftritten auf das Eklatanteste widersprach.
    „Frau
von Bentheim, warum raten Sie mir nicht von diesen öffentlichen Demütigungen
ab? Selbst Ihre Schwiegermutter meinte neulich, dass es bestimmt besser sei,
wenn ich nicht ständig im Fernsehen präsent wäre. Außerdem stehe ich diesen
Rummel um meine Person nicht mehr lange durch! Am liebsten würde ich mich
verkriechen, irgendwohin, für eine Weile untertauchen. Seit meinen
TV-Auftritten kennt mich ganz Deutschland. Auf solche Publicity kann ich
liebend gern verzichten. Die Presse belästigt immer noch meine Eltern in
Berlin. Die alten Leute wissen nicht, was um sie herum vor sich geht. Ich will
das alles nicht verantworten müssen, verstehen Sie? Das größte Problem ist, ich
weiß nicht, was ich tun soll. Bitte geben Sie mir einen Rat. Etwas Geld habe
ich zwar durch den Verkauf meiner Eigentumswohnung . . . Ach, wussten Sie das
nicht? Ich wohne vorübergehend im Hotel.“
    Nein,
das wusste Frau von Bentheim nicht. Ebenso wenig wusste die prominente
Anwältin, was Frau Wegner wusste. Doch sie spürte, dass hinter all diesen
Veränderungen eine plausible Erklärung, eine Antwort auf viele nebulöse Fragen
versteckt sein musste. Und ein weiteres Mal betraute sie einen gewissen Möller,
alias Sherlock Holmes, jenen Mann, der nach seiner Entlassung aus der Berliner
Untersuchungshaft ohne Lizenz einsam durch die bayrische Provinz tingelte, mit
einer zwielichtigen Aufgabe. Sein neuster Auftrag hieß: Observationsobjekt -
Wegner, Veronika.
    Unterdessen
sollte der berühmt-berüchtigte Brunnen von Wusterwalde geöffnet werden. Ein
Expertenteam bohrte von allen vier Seiten kleine Löcher in das massive
Mauerwerk und presste Kügelchen aus Plastiksprengstoff hinein. Plötzlich, wie
aus dem Nichts, erschien ein kleiner Junge. Mit erhobenen Armen rannte er über
den Platz, direkt auf den Brunnen zu. In seiner Linken hielt er ein zerfetztes
Schreibheft. Mit irrsinnigen Augen und absonderlichen Tönen in der Stimme
deutete er unablässig und völlig außer sich auf sein Schulheftchen. Das
einzigste, was die Beamten imstande waren aus der verkrüppelten Lautsprache des
behinderten Kindes zu definieren, bestand aus dem sich ständig wiederholenden
„Peng, Bum“.

82. Der Abschiedsbrief
     
    Meine
Maschine landete trotz der unangenehmen Zwischenlandung in Accra fast
planmäßig. Hier in Côte d‘Ivoire konnte ich aufatmen. Es war geschafft. Nachdem
ich die Einreiseformalitäten erledigt und den Zoll durchquert hatte, stand ich in
der prallen Abendsonne von Abidjan. Da ich nichts in den Händen hielt, vergrub
ich sie in meine Hosentaschen. In gut einer Stunde würde es dunkel sein.
Unschlüssig sah ich mich um: vor mir der Taxistand, daneben ein Zeitungskiosk.
Übergroße Buchstaben in übergroßen Schlagzeilen schrien mir etwas entgegen, das
ich nur zu einem Bruchteil interpretieren konnte.
    „STEVEN
S. – VICTIME OU MEURTRE?”
    „TOURISTE
ANGLAIS A POSÉ LA BOMBE!”
    „TROIS
PERSONNES DÉCHIRÉES PAR EXPLOSION!”
    Ich
überflog die französischen Überschriften und verstand soviel wie: Steven S. -
Opfer, Tourist, England, Bombe und Explosion. Was hatte das zu bedeuten. Wurde
dort über meinen Steven Smiley berichtet? Aufgeschreckt

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