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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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unserer Selbst glauben zu lassen. Und die angeblich zivilisierte Welt
fühlt sich wieder wohl und behaglich in ihren eigenen vier friedlichen Wänden,
die von derselben friedlichen Regierung gesichert und verwanzt ist.
    Wir
Demokraten sind ja bekannt für unsere Toleranz und Weltoffenheit. Da legen wir
uns gemütlich in die gepolsterten Sessellehnen zurück, schalten hin und her
zwischen Kabelfernsehen und Internet und schütteln die Köpfe über den Rest der
Welt, während uns die eigenen frei und geheim gewählten Machthaber unbemerkt
unser üppig angefressenes Fell über die Ohren zieht. Der eigentliche
mörderische Kampf um das nackte Überleben findet ganz woanders statt: am
Arbeitsplatz und in den Schlafzimmerbetten. Denn der permanente Druck,
vierundzwanzig Stunden am Tag vollkommen perfekt zu sein, wird die etablierte
Menschheit eines Tages vernichten. Todesursachen: Herzinfarkt, Schlaganfall,
Selbstmord.
    O
Freddy, in meinen letzten Stunden verspüre ich eine tobende Wut in mir. Ich
könnte diese ganze verlogene Welt in die Luft sprengen. Ich verspürte nie eine
philosophische Veranlagung in mir und nun explodiert sie scheinbar aus mir
heraus. Im Grunde wollte ich schon längst mal mit der Faust auf den Tisch
hauen, war aber wahrscheinlich immer zu angepasst dazu. Und jetzt bin ich müde.
Ich habe keine Lust mehr. Nur ein einziges Mal möchte ich die ohrenbetäubende
Explosion des Zusammenbruchs unserer verkorksten Zivilisation hören, nur ein
einziges Mal! Das Gift aus meinem Körper ist in meine Seele eingedrungen und
verändert mein Denken. Bin ich verrückt?
    Zu
guter Letzt solltest Du noch eines wissen: Wären wir beide, Du und ich, nicht
nach Ghana geflogen, hätte ich mich in Frankfurt aus dem Krankenhausfenster
gestürzt. Du warst mein Halt und meine Hoffnung nach alledem, was hinter mir
lag: meine tote Roswitha mit unserem toten Baby im Leib und meine ungesühnte
Schuld. Bitte sei mir nicht böse - ich war damals froh, als Dich Veronika
herausgeworfen hat. Freddy, ich bin ein unvollkommener Mensch, also, bitte
verzeihe mir nachträglich jene teuflische Freude im Krankenbett von Frankfurt.
    Ich
weiß, mein Lebenslicht wird sehr bald ausgeblasen werden. Ich möchte Dir noch
so vieles sagen und erklären. Jetzt, da ich weiß, es ist zu Ende, bekomme ich
Angst, nicht vor dem Tod - vor Ihm, denn ich begann zu spät über Ihn
nachzudenken. Wie wird Er mich zu sich rufen? Freddy, ich habe viel Böses getan
und Seine Strafe ist keine irdische. Ich habe Angst. Bitte bete für mich . . . mea
culpa, mea culpa, mea maxima culpa
     
    Jede
Freundschaft, die sehr alt ist, muss auch etwas von der satten Süsse haben, die
sehr alten Weinen eigen ist. Und die Redewendung ist wahr, dass man erst viele
Scheffel Salz miteinander gegessen haben muss, ehe die Voraussetzung für
Freundschaft erfüllt ist. (Marcus Tellius Cicero)

83. Der Brunnen
     
    „Peng,
Bum“, schrie er den Männern immer wieder und wieder entgegen. Verstört zeigte
er ihnen sein Heftchen und tippte unablässig mit seinen schmutzigen Fingern auf
die einzelnen Seiten. Wie sich herausstellte, hielt der schwachsinnige Junge im
wahrsten Sinne des Wortes eine Bombe in seiner Hand. Dieser verblödete,
verwachsene zehnjährige Zwerg rettete - und das kann niemand leugnen - allen
anwesenden Einsatzkräften das Leben. Ob bewusst oder unbewusst, er trug im
erheblichen Maße zur kontinuierlichen Fortsetzung der weiteren Ermittlungen
bei. Niemand vermochte zu sagen, woher er plötzlich kam. In seiner halb
zerfetzten Broschüre war der detaillierte Konstruktionsplan des Brunnens
aufgezeichnet, der einen mörderischen Mechanismus enthielt, der bei einer
unsachgemäßen Öffnung eine verheerende Wirkung auslösen würde. Fassungslos über
die vor ihnen stehende Attrappe, schauten sich die Spezialisten an. Unterhalb
des Weißen Hauses und dessen Vorplatz hatte die Hansen Hunderte von
Sprengsätzen vergraben lassen, die durch eine Kettenreaktion gezündet werden
konnten, so dass bei einer Explosion der Brunnen in sich zusammenfallen und
niemand den wahren Inhalt des eigenwilligen Bauwerks zu Gesicht bekommen würde.
Diese teuflische Frau musste zutiefst von sich überzeugt gewesen sein, um
jahrelang seelenruhig auf solch einem Pulverfass sitzen zu können.
    Das
Sprengkommando der Feuerwehr kann von Glück reden, dass nicht schon die kleinen
Bohrungen, die man voreilig in die Brunnenmauer getrieben hatte, zu einer
fürchterlichen Katastrophe führten. Dessen

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