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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Eisenstangen des Gitters vor seinem Fenster auseinander
gedrückt und die Scheibe aufgeschnitten. Weiterhin geht man davon aus, dass
Steven S. alles sehr genau beobachtet hat. Ein kleiner Junge klettert kopfüber
durch die Öffnung im Fenster. Nachdem er im dunklen Zimmer auf dem Boden kniet,
tastet er sich auf allen Vieren zu der gegenüberliegenden Tür. Er entriegelt
die Vorhängekette, dreht den Schlüssel um und drückt die Klinke herunter. Zwei
Männer schleichen herein und der Junge verschwindet lautlos hinter ihnen im
dunklen Hotelkorridor. Mit einem Revolver in der Hand tritt einer von ihnen
geradewegs zu Monsieur S. ans Bett und hält ihm die Waffe an die Schläfe. Der
andere geht unterdessen zum Fenster und zieht die Vorhänge zu. Dann kommt auch
er zum Bett. Der englische Tourist wird an Händen und Füßen gefesselt. Monsieur
Steven S. lässt offensichtlich alles mit sich geschehen, ohne Widerstand zu
leisten. Da die beiden Flaschen Whisky leer vorgefunden werden, wird vermutet,
dass Monsieur S. zu diesem Zeitpunkt volltrunken war. Man umwickelt seinen Kopf
fest mit einem Badehandtuch. Daraufhin durchsuchen die Diebe Wohnraum und Bad
nach Geld und Wertsachen. Es ist ebenso denkbar, dass Monsieur S. grausam
erstickt ist. Die Polizei ist bislang noch nicht bereit sich über die genaue
Todesursache zu äußern. Wie die Zeitungen ferner berichteten, kam es zu einer
Explosion, die das Zimmer im Erdgeschoss sowie einen darüber liegenden
Abstellraum vollständig zerstörte. Die Polizei fand drei zerfetzte Leichen.
Außerdem wurden Reste von Unmengen verkohlter Zehndollarscheine sichergestellt.
Es wird gemutmaßt, dass der Hotelgast sein wertvolles Hab und Gut mit einer
selbst gebastelten Bombe absicherte, um damit im Ernstfall sich selbst und die
Einbrecher in die Luft zu sprengen. Alles deutet auf einen geplanten Mord
beziehungsweise Selbstmord hin. Mysteriös bleibt das Motiv: Was wollte Monsieur
Steven S. damit bezwecken und woher hatte er das Dynamit? Man sollte von Glück
reden, dass der englische Tourist einige Erfahrung im Umgang mit Sprengladungen
zu besitzen schien, denn sonst wären die Folgen der Explosion weitaus
verheerender gewesen.
    Ich
sah abwechselnd zu Roger und Angelique. War das wirklich Stevens Ende oder
reiste er doch durchs Landesinnere der Elfenbeinküste und lacht sich halbtot
über seine makaberen Scherze? Nein. Es gab keine Alternative. Sein Brief war
kein Scherz, und die Zeitungen waren kein Scherz. Steven war tot! Das Dynamit,
das Dynamit - wo er es wohl her hatte, das verdammte Dynamit. Ihr blöden Hunde,
aus Obuasi hatte er es her. Von unserer Goldgrube in der Goldgrube hatte er es
her, ihr Ochsen. Es ist mir nur schleierhaft, wie er das Zeug nach Abidjan
bringen konnte. Ich war nicht mehr fähig klar zu denken. Zuerst dieses
fürchterliche Abschiedsschreiben und nun die fürchterliche Realität. Ich war
fassungslos. Ich kam in der Hoffnung hier her zurück, um uns beide zu retten.
Steven wollte ich in seine englische Heimat bringen, um dort für ihn einen
guten Arzt oder einen Spezialisten zu finden. Und ich war froh, dass ich so
glimpflich aus Ghana verschwinden konnte. Wenn wir erst mal in Europa wären,
hätten wir genügend Zeit, um alles Weitere zu planen. Geld hatten wir ja jetzt
genug und konnten damit machen, was wir wollten. Vielleicht würde sich seine
Familie wieder mit ihm versöhnt haben, nach allem was inzwischen geschehen war.
Ich vergaß alles um mich. Vermutlich sprach ich fortwährend mit mir selbst,
womöglich sogar ziemlich laut. Jemand sagte: „Allons, nous voulons dormir . .
.“ Ich glaube, Roger und Angelique verließen das Zimmer.
    „Und
die ganze Scheiße war erst gestern passiert. Steven, du darfst nicht tot sein.
Du Idiot, hättest du mit deinem selbstherrlichen Tod nicht noch ein, zwei Tage
warten können? Ich wäre dir unweigerlich in die Quere gekommen und würde dir
etwas anderes erzählt haben, du unverbesserliches Arschloch! Ich hasse dich!
Lieber Gott, mein Gott, wieso hast Du das zugelassen? Abermals hast du nur
zugesehen, wenn Deine Kinder Scheiße bauen und selbst Hand an sich legen. Mein
Gott, ich weiß nicht, wer Du bist und was Du bist. Bist Du gut oder bist Du
böse? Beides gleichzeitig kannst Du ja wohl kaum sein. Ich sage Dir was: Du
bist weder noch. Du existierst nämlich gar nicht. Du hast doch noch nie
existiert! Oder doch? Wenn ja, dann hast Du mit dem Antichristen eine
Vereinbarung getroffen. Hast wie Faust mit Mephistopheles

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