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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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sechs
Stunden lang vor der Maschine strammstehen lässt“, murmelte der Innensenator
vor sich hin, nachdem er den Feldstecher auf der Fensterbank des Towers
abgelegt hatte.
    „Das
kann ich Ihnen genau sagen“, dozierte Schmid-Mertens grinsend. „Sie wird
annehmen, dass wir einige von unseren Leuten in den wartenden Haufen
eingeschleust haben.“
    „Ja,
und? Haben Sie?“
    „Natürlich!“
    „Aha.
Und ich frage mich weiterhin, ob da unten tatsächlich mehr als fünfhundert
Frauen an der Boing stehen. Denken Sie nicht, dass das wesentlich weniger sind.
Ich schätze dreihundert bis dreihundertfünfzig. Was meinen Sie?“
    „Es
sind exakt dreihundertvierundsechzig Frauen, die dort unten warten.“
    „Aber
es war doch von viel mehr die Rede. Wo ist denn der Rest, die anderen
Hundertfünfzig?“
    „Das
ist die einzige Frage, die ich Ihnen vorerst nicht beantworten kann, Herr
Innensenator.“
    Es
war kurz vor Mitternacht. Die Besucherterrasse des Flughafen
Hamburg-Fuhlsbüttel war mit gaffenden Publikum völlig überfüllt. Dreihundert
Meter entfernt in der Maschine, abseits des gesperrten Rollfelds, wirkte Margot
Hansen nervös und ungehalten. Sichtlich aufgebracht gab sie Anweisung den
verletzten Dr. Felix Scholz in die offene Eingangsluke der 747 zu stellen. Mit
Handschellen an Händen und Füßen zerrten sie die Geisel für jeden sichtbar auf
die Gangway. Rechts und links wurde er von zwei Dienerinnen bewacht, die mit
ihren Waffen den Kopf des Mannes bedrohten. Verängstigt und bewegungslos stand
er auf der Plattform. Die Beleuchtung aus dem Innern des Flugzeugs erhellte die
bedrückende Kulisse nur mäßig. Ausgerüstet mit Handy und Megafon trat die Hansen
aus dem Licht.
    Ebenso
wie in Wusterwalde standen auch hier die Kamerateams aller einschlägigen
Sendeanstalten mit ihren überdimensionalen Objektiven und Spezialmikrofonen in
sicherer Entfernung sensationsgierig bereit und verfolgten den bedrohlichen Lauf
der Dinge.
    Die
Hansen drückte mehrere Tasten auf ihrem Telefon und schaltete die Flüstertüte
ein. Laut und theatralisch sprach sie in beide Mikrofone, dabei schallte es
krächzend über das halbe Flughafengelände: „Dies wird mein letzter Aufruf an
alle Verhandlungsteilnehmer sein: Sollten wir nicht innerhalb von dreißig
Minuten eine Startgenehmigung erhalten, ist dieser Mann neben mir zum Sterben
verurteilt. Die Schuld daran gebe ich all denjenigen, die die Verzögerung
unseres Abfluges zu verantworten haben, und damit meine ich insbesondere Sie,
Herr Innensenator. Wenn ich meine Freunde von der Presse richtig einschätze,
wird in der morgigen Ausgabe der ‚Welt am Sonntag‘ das Konterfei des Herrn
Senators auf der Titelseite prangen, mit der strahlenden Überschrift ‚Der
Mörder von Fuhlsbüttel‘.
    Ich
befahl soeben den Kapitän die Turbinen warmlaufen zu lassen, denn Sie sollten
wissen, wir sind auch ohne Ihre Starterlaubnis imstande abzufliegen. Dafür
müssen Sie selbstverständlich mit einer Leiche rechnen, die Sie nachher unseren
geilen Medienvertretern auf dem Flugfeld präsentieren dürfen, Herr
Innensenator, während wir über Hamburg schweben. Ich werde nun einen Abschnitt
aus dem Alten Testament zitieren. Bereits seit dieser Zeit hatten die Menschen
mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie Sie heute. Schon damals waren sie
ungläubig und wandten sich vom Wort des Herrn ab. Die Mission der Auserwählten
des Erlösers ist es, ich wiederhole, unsere Mission und unser Apostolat ist es,
das ein für allemal zu ändern. Ich zitiere wörtlich:
     
    Die Wächter des
Volkes sind blind,
    sie merken
allesamt nichts.
    Jeder geht seinen
eigenen Weg
    und ist
ausschließlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht.
    Der Gerechte kommt
um,
    doch niemand nimmt
es sich zu Herzen.
    Weil das Unrecht
herrscht,
    wird der Gerechte
dahingerafft.
    Bahnt eine Straße,
ebnet den Weg,
    entfernt die
Hindernisse auf dem Weg meines Volkes!
    Um den Geist der
Bedrückten wieder aufleben zu lassen
    Und das Herz der
Zerschlagenen neu zu beleben.
    Denn ich klage
nicht für immer an,
    noch will ich für
immer zürnen.
    Friede, Friede den
Fernen und den Nahen, spricht der Herr,
    ich werde sie
heilen.
    Aber die Ruchlosen
finden keinen Frieden, spricht mein Gott.
    Nein, was zwischen
euch und eurem Gott steht,
    das sind eure
Vergehen.
    Denn eure Hände
sind mit Blut befleckt,
    eure Finger mit
Unrecht.
    Ihre Taten sind
Taten des Unheils,
    Gewalttat ist in
ihren Händen.
    Sie laufen dem
Bösen nach, schnell sind sie

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