Das Salz der Mörder
detailliert mit meinen
Empfindungen auseinandersetzen, das führe zu weit. Außerdem haben sich meine ersten
empörenden Emotionen nach reiflicher Überlegung inzwischen gelegt. Lassen Sie
mich nun mit meinen Anmerkungen fortfahren.
Nachdem
also das Echo des zweiten Signaltons der „Maria Magdalena“ über dem Meer
verklungen war . . ., war die sonntägliche Ruhe wiederhergestellt und meine
Flagge mittlerweile eingeholt. Es ist kurz nach sechs Uhr morgens, trotzdem
schwenke ich mein Fernrohr langsam in südliche Richtung und halte nach der
„Steven Smiley“ Ausschau. Vergebens, denn es ist wohl doch noch zu früh. Das zwitschern
der Vögel, der herrliche Frühlingstag und das duftende Aroma von Papandreous
kolumbianischen Kaffee, das bis zu mir auf den Balkon hoch schwebt, stimmen
mich irgendwie heiter und beschwingt. Überdies lässt die Wiedersehensfreude mit
meinen Leichtwassermatrosen mein einsames Herz etwas schneller hüpfen.
Durch
Motorengeräusche werde ich aus meiner friedlichen Idylle gerissen. Mit meinem
Teleskop suche ich nach der Ursache der unfreundlichen Unterbrechung, kann aber
den Verursacher nicht entdecken. Um die Daten der „Maria Magdalena“
einzutragen, wende ich mich wieder meinem privaten Logbuch zu. Doch dieses
ungewohnte Geräusch dringt allmählich näher an mein Ohr und wird lauter. Ich
gehe durch mein Ankleidezimmer, überquere den Flur und schließe eines der
Gästezimmer auf, die an der Vorderfront meiner Villa gelegen sind, von denen
man unsere Straße einsehen kann. Nachdem ich die Balkontür geöffnet habe, höre
ich auch den Lärm besser. Ich beuge mich über die Brüstung und schaue von links
nach rechts. Dann sehe ich sie vorbeifahren: ein lautstarker LKW-Diesel mit
Aufbauten und Plane, gefolgt von einem VW-Bus ohne Nummernschild und noch eine
Kleinbus mit der Aufschrift „Policia“. Sie parken fünfhundert Meter weiter,
direkt vor dem Eingangsportal von Teds Anwesen, der Fazenda Veronica. Ganz
automatisch greife ich nach dem Feldstecher, der vergessen über meinem Bauch
baumelt. Was geht dort vor? Aus dem Polizeibus steigen sieben Personen: sechs
Männer und eine Frau. Mein Gott, was geht da nur vor? Einer der Männer trägt
eine hochrangige Polizeiuniform. Dieser geht zum Portal und läutet an der
schweren Messingglocke.
Ich
weiß, außer dem zehnköpfigen Sicherheitsdienst sind nur Justina und Gaditana,
die beiden Köchinnen, und natürlich José im Haus, und José scheint auch der
Einzige zu sein, der in der Lage ist vom Überwachungsraum aus das große
Eingangstor zu öffnen. Außerdem ist mir ebenso bewusst, dass José, wenn er eine
Polizeiuniform über einen der Kontrollmonitore flimmern sieht, niemals das
Portal öffnen wird. Die privaten Security-Leute, die Ted vor etwa drei
Jahren engagiert hatte, waren nur für den Schutz der Bewohner innerhalb der
Fazenda verantwortlich, nicht aber für das Öffnen und Schließen der Ein- und
Ausfahrten.
Das
Klingeln des Telefons unter mir aus dem Herrenzimmer, schreckt mich aus meinen
Überlegungen auf. Mein alter Papandreou wird den Hörer gleich abheben und das
Gespräch entgegennehmen, denke ich, während ich weiterhin mit dem Fernglas die
Vorgänge auf der Straße zu überblicken versuche. Was mochten die vier
europäisch gekleideten Herren, die im Halbkreis beieinander stehen und sich
gegenseitig Zigaretten anzünden, in ihren Aktenkoffern verbergen. Das
Telefonläuten verstummt. Eine Minute später steht Papandreou schwer atmend vor
mir und berichtet aufgeregt, dass José dringend nach mir rufe. Er habe durch
die Überwachungskameras einen Polizeioffizier vor der Einfahrt gesehen und
wisse nicht, wie er reagieren solle. Vorsichtshalber wies er jedoch das
Wachpersonal an, die Waffen zu entsichern und sich am Haupteingang zu
postieren. José bräuchte umgehend meine Hilfe, um denkbare Missverständnisse
mit den Behörden zu vermeiden.
Es
ist nun keine Zeit mehr zu vergeuden. Ich habe irgendetwas zu verhindern, doch
ich weiß nicht was.
Papandreou
hilft mir rasch beim Ankleiden. Dabei geht mir so einiges durch den Kopf: Ted
ist also in Schwierigkeiten, denke ich, das kann man bei einer solch
großangelegten Aktion am arbeitsfreien Sonntagmorgen nicht verleugnen. Hat er
Probleme mit seinen Geschäften und Geschäftspartnern, vielleicht mit den
Gewerkschaften? Wenn ich es heute recht bedenke, sprachen wir eigentlich nie
ausführlich über seine Arbeit, nur andeutungsweise hin und wieder. Ja, es sind
seine Geschäfte,
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