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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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in Kirche
und Welt zu erfüllen?“
    „Ja.“
    Der
Priester segnete unsere Eheringe, die ihm von seinem Gehilfen auf einem
goldenen Tablett gereicht wurden.
    „Da
Sie also beide zu einer christlichen Ehe entschlossen sind, so schließen Sie
jetzt vor Gott und der Kirche den Bund der Ehe, in dem Sie das Vermählungswort
sprechen. Dann stecken Sie einander den Ring der Treue an. Herr Manfred Wegner,
nehmen Sie Ihre Braut Veronika Buchwald als Ihre Frau an und versprechen Sie
Ihr die Treue zu halten in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit,
und sie zu lieben, zu achten und zu ehren, bis der Tod Sie scheidet?“
    „Ja.“
    „Stecken
Sie Ihrer Braut den Ring der Treue an und sprechen Sie: Im Namen des Vaters und
des Sohnes und des Heiligen Geistes. Vor Gottes Angesicht nehme ich dich als
meine Frau.“
    Ich
sprach’s nach und steckte ihr den Ring an. „Trag diesen Ring als Zeichen meiner
Liebe und Treue.“
    „Nun
reichen Sie einander die rechte Hand. Euch alle aber, die Ihr zugegen seid,
nehme ich als Zeugen dieses heiligen Bundes. Was Gott verbunden hat, das darf
der Mensch nicht trennen.“
    Ich
war zwanzig und sie knapp achtzehn, meine Mutter dagegen und meine
Schwiegereltern sprachlos. Omi freute sich auf ihren Urenkel, den wir bereits
in der Planungsphase hatten. Doch wir benötigten gute zwei Jahre, um ihn auf
die Welt zu bringen. Wir tauften ihn Daniel.
    Als
ich meine Armeezeit beendet hatte, fand ich eine Stelle in einer Autowerkstatt
am Prenzlauer Berg. Von Montag bis Freitag musste ich hart ran. Nach der
offiziellen Arbeitszeit konnte ich mich vor Privataufträgen gar nicht mehr
retten. Mein Spezialgebiet: Trabant und Wartburg - Made in German Democratic
Republic. Der Rubel rollte. Abends kam ich oft erst gegen neun nach Hause und
fiel tot ins Bett. Vroni, Danny und ich wohnten bei meiner Mutter in der
Friedrichstraße. Die Wochenenden waren ebenfalls voll ausgebucht. Ich hatte bei
der Armee von jemandem ein bisschen Kontrabassspielen gelernt. Obwohl, so gut
kam ich mit dem sperrigen Ungetüm nicht zu recht, demzufolge stieg ich später
auf Bassgitarre um. Die lag mir wesentlich leichter im Arm. Noch während ich
fleißig in meinem Kämmerlein auf allen vier Saiten meine täglichen
Fingerübungen vollführte und mir schmerzhaft antrainierte wie Paul McCartney
als Linkshänder zu spielen, gründeten ein paar Freunde und ich eine Rockband.
Wir nannten uns „ad libitum 80“. Wir legten Geld zusammen, um uns gute
Instrumente und eine einwandfreie Verstärkeranlage zu kaufen. Nach kurzer
Probezeit gingen wir jedes Wochenende auf Tour, vorwiegend in Berlin und
Umgebung. In den Sommermonaten spielten wir manchmal sogar an der Ostsee, in
Kühlungsborn oder Ahlbeck, in Rostock und Warnemünde, was weiß ich wo sonst
noch. Wenn wir all die Engagements, die man uns anbot, akzeptiert hätten, hätte
jeder von uns seinen Job kündigen müssen. Das war allerdings im real
existierenden Sozialismus nicht möglich, ohne einen Berufsausweis als Musiker
zu besitzen. Und um den zu bekommen, setzte man eine solide musikalische
Ausbildung an einem namhaften Konservatorium voraus. Doch dafür waren wir
entweder zu alt oder zu faul. Wir spielten einfach nach dem Gehör.
Erstaunlicherweise war unsere Band sehr beliebt – wir zogen ja auch eine tolle
Bühnenshow ab. Lothar, unser Sänger, konnte Udo Lindenberg und John Lennon
imitieren, wie kein anderer. Lindenberg war wohl damals auf dem Höhepunkt
seiner Karriere, zumindest im Osten, und Lennon wurde von einem Verrückten
erschossen. Jeder wollte, nein, forderte die Musik der beiden – wir konnten sie
liefern. Double Fantasy. Ich darf gar nicht daran denken, wie viele Nächte wir
hinter Bühnen, in Abstellkammern, unter Steinway-Flügeln oder auf nassen
Biertresen geschlafen haben. Wenn wir uns in die geborgten Autos setzten und
zum Spielen aufbrachen, war Vroni stets dabei, um mich zu begleiten. Meine
Mutter passte ohne zu murren auf Klein Danny auf, vorausgesetzt sie hatte
keinen Spätdienst.
    Ja,
der Rubel rollte: wochentags die Autos, am Wochenende die Musik, und unsere Ehe
kam zu kurz dabei.
    Omi
starb als mein Junge drei Jahre alt wurde. Stundenlang habe ich geheult. Mein
Gott, wir hatten sie viel zu selten besucht in den letzten Jahren und jetzt war
es zu spät dafür. So vergeht die Zeit, so vergeht ein Menschenleben, während
ein anderes gerade beginnt zu erblühen. Die Eltern meines Vaters hatte ich nie
kennen gelernt. Sie starben kurz vor meiner

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