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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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er begrüßte den Mann dermaßen überschwänglich, wie man
einen guten, alten Bekannten begrüßt, den man nach zwanzig Jahren zufällig
wiedertrifft: „Hey, Kwame, is it you? Long time no see. How are you?“ und
schüttelte ihm herzlich die Hände dabei. Der in dieser Weise Begrüßte nahm ein
Stück Kreide und malte grinsend - ohne unsere Sachen weiter zu untersuchen -
mit etwas schnellerer Bedächtigkeit ein weißes Kreidekreuz nach dem anderen auf
unser Reisegepäck, was bedeuten sollte, dass alles ordnungsgemäß kontrolliert
worden war. Wir gelangten ohne erneuten Zwischenfall zum Ausgang.
    „Was
hast du denn mit dem gemacht?“ fragte ich Steven kopfschüttelnd.
    „Ich
habe ihm einen Fünfzigmarkschein in die Hand gedrückt.“
    Es
wimmelte überall von Menschen. Schließlich gelangten wir ins Freie. Jemand
zupfte mich am Ärmel: „Taxi? Taxi?“
    „Pass
auf deine Brieftasche auf, Freddy! Hast du die noch?“
    „Ja,
ja, alles klar. Steven, wo ist dein englischer Freund?“
    „Ich
kann ihn in diesem Durcheinander nicht ausfindig machen. Ein bisschen Geduld
musst du schon haben. Lass uns dort drüben auf die Bank setzen. Mir tut mein
Bein weh - verdammte Scheiße.“
    Ich
wusste, dass Steven noch nicht richtig auskuriert war, doch ich sagte nichts.
Wir warteten eine halbe Stunde, aber sein Freund tauchte nicht auf. Ich wollte
uns was zum Trinken kaufen, doch das wurde mir unmöglich gemacht, weil man
leeren Flaschen mitzubringen hatte. Nach längerem Hin und Her und jede Menge
Deutschmark, war es mir gelungen eine Flasche ghanaisches Bier und zwei Gläser
zu beschaffen. Anstatt sich zu freuen, hielt mir Steven einen
wissenschaftlichen Vortrag: „Hör mir gut zu, Freddy. Ich las im Krankenhaus in
Frankfurt, dass man nicht in jedem afrikanischen Land aus Gläsern trinken
soll.“
    „Wie
bitte?“
    „Da
könnten Wasserreste drin sein, vom Spülen, weißt du?“
    „Ja,
na und? Die Reste kann man doch auskippen.“
    „Das
hiesige Trinkwasser ist ein wenig anders zusammengebraut als unseres. Oder hast
du schon mal was von einer Choleraepidemie in Oberbayern gehört? Denk dran,
auch beim Zähneputzen solltest du abgefülltes Mineralwasser verwenden. Alles
klar? Also, lass uns aus der Flasche trinken. Ich weiß, wir beide sind immer
noch am sterilsten. Prost!“
    Nach
der vierten Flasche Bier auf der Bank im Freien riss uns der Geduldsfaden.
Stevens Bekannter war nirgendwo zu sehen, stattdessen belagerten ein paar Boys
unseren Platz, die ausgerechnet mit uns Freundschaft schließen und unser Bier
trinken wollten. Als es Steven gelungen war, die aufdringlichen Burschen
abzuwimmeln, meinte er entnervt: „Was auf dem Flughafen abläuft, ist nicht normal.
Ich bin müde. Was ist mit dir? Komm, wir nehmen ein Taxi und suchen uns ein
Hotel. Morgen Früh werde ich meinen Kumpel anrufen und ihn fragen, was los war.
Bestimmt ist ihm etwas Wichtiges dazwischengekommen, sonst würde er uns niemals
so hängen lassen.“
    Es
war wirklich nicht normal, was hier vor sich ging, und wo man hinsah,
bewaffnete Soldaten. Der überfüllte Taxistand wurde ebenfalls von Uniformierten
umzingelt; auch die trugen Stahlhelme und Schnellfeuergewehre. Wie ich später
erfuhr, handelte es sich um die ghanaische Polizei. Polizei und Armee
arbeiteten demnach zusammen.
    Wir
ergatterten eines der schrottreifen Taxis, packten unsere Sachen in den
Kofferraum und stiegen ein. Ich setzte mich nach vorn neben den Fahrer. Steven
lag hinter mir quer auf den Rücksitzen, die Krücken über seine Beine gelegt.
Wir hatten klare Sicht, denn in diesem Kraftfahrzeug befand sich keine
Windschutzscheibe. Wir fuhren los. Der warme Fahrtwind trocknete mir die
verschwitzten Haare. In der ersten Linkskurve öffnete sich meine rechte
Wagentür. Ich konnte gerade noch mit meiner Hand ins Lenkrad greifen, sonst
wäre ich unweigerlich herausgeflogen.
    Das
war also Ghana.
    „Steven,
was ist hier eigentlich los? Überall lungern Armee und Polizei herum, und dazu
noch bis an die Zähne bewaffnet. Du hast mich doch wohl nicht in eine Gegend
verschleppt, in dem eine Militärdiktatur an der Macht ist? Ich kenne mich
nämlich aus mit Diktaturen. Und ich mag die nicht besonders“, schrie ich zu ihm
nach hinten, um den ohrenbetäubenden Motorenlärm zu übertönen.
    „Das
wird dir David gewiss alles ganz genau erklären können, du wirst sehen“, rief
er zurück. „Freddy, erinnere mich bitte morgen Früh, dass ich irgendwo Geld
umtauschen muss. Wenn wir weiterhin

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