Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)

Titel: Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
Vom Netzwerk:
hatte? Natürlich würden sie das! Dann fiel ihm der Arm ein. Es lief ihm kalt über den Rücken. Er wußte, er hatte hier noch eine verdammte Pflicht zu erfüllen.
    „Igor, ich möchte dir etwas zeigen. Es mag banal sein, aber es ist der Schlüssel zu unserem Zusammentreffen. Es hat etwas Symbolhaftes, zumindest für mich. Ich kann nicht erklären – jedenfalls in diesem Moment nicht – wofür es steht, aber ein Gefühl sagt mir, daß es für mein weiteres Leben wichtig ist. Möchtest du es sehen?“
    Igor hatte ihn die ganze Zeit beobachtet. Sanders Erregung war deutlich erkennbar. Die Ereignisse in dieser Kaverne müssen für ihn schicksalhaft gewesen sein. „Klar sehe ich mir das an! Erst recht, wenn es der Schlüssel zu unserem Zusammentreffen war! Immerhin führst du mich aus dem Berg! Gehen wir!“
    Mühselig, die schmerzenden Knie vorsichtig streckend, standen sie auf. Sander ging voran. Er vermied es, den Lichtkegel auf den Schutt zu seiner Rechten fallen zu lassen. Er suchte im Lichtschein den Stollen, in dem er das Erdbeben mit knapper Not überlebte, als ihm plötzlich das Blut in den Adern gefror. Kaum ein Meter links von ihnen tat sich dort, wo ursprünglich die Stollenwand war, ein Spalt auf, keilförmig nach links sich öffnend und schroff in dunkle, unergründliche Tiefen stürzend. Der Berg hatte sich über einer tiefer gelegenen Kaverne um gut anderthalb Meter geöffnet. Sander schickte den Lichtstrahl in den Abgrund. Er schätzte ihn auf zehn, vielleicht zwölf Meter Tiefe. Ihm wurde bewußt, wie nah er dem Tod gewesen war, als er, sich in der Finsternis die Stollenwand entlang tastend, plötzlich ins Leere griff. Ein halber Schritt noch, und er wäre in die Tiefe gestürzt, aus der es kein Entrinnen mehr gegeben hätte!
    „War es das, was du mir zeigen wolltest?“ Igor spürte instinktiv, daß sie einen Ort erreicht hatten, der Sanders Gefühlswelt in Aufruhr versetzte.
    „Nein, daran habe ich nicht gedacht. Ich wußte davon nichts. Ich habe den Abgrund nicht gesehen, ich habe ihn instinktiv gespürt. Der Anblick löst in mir größere Angstgefühle aus, als meine damalige Vorstellung!“ Sander machte sich nicht die Mühe, seine Gefühle zu verbergen. „Komm, es sind nur noch wenige Meter!“ Sie folgten dem hin und her huschenden Lichtkegel, bis Sander gefunden hatte, was er suchte. Da lagen sie, seine Steine, ausgerichtet wie eine Windrose. „Du erinnerst dich, daß mir in der Finsternis Steinwürfe die Orientierung ermöglichten? Siehst du die flachgedrückte Stelle in der Mitte der ‚Windrose‘? Da habe ich mich mit dem Hintern auf der Stelle gedreht! Schau hier, die beiden Spuren, die auf uns zuführen, das sind meine Hacken gewesen, rechts und links davon die Handabdrücke, siehst du sie?“ Sander war sichtlich aufgeregt. Plötzlich schien er sich jedoch zu sammeln, auf etwas zu konzentrieren. Er musterte jeden Abdruck, jeden Stein. Der Russe beobachtete, wie der Deutsche dieses Ensemble, Symbol des Sieges über die Hoffnungslosigkeit, in sein Gedächtnis brannte. Sander ging zur ‚Windrose‘, sammelte die Steine auf, jeden für sich, und steckte sie in die Brusttaschen seiner Montur. Sechs Steine würden ihn den Rest seines Lebens begleiten, sollte Gott ihnen jemals den Weg aus diesem verdammten Verlies weisen.
     
     

02. August, 23:55 Uhr Ortszeit; Windenstation der Sulaiman Coal Mine
    Abdul lag unbeweglich hinter der Deckung und beobachtete den gegenüberliegenden Hang. Der Mond stand mittlerweile hoch am Himmel, sein kaltes Licht zeichnete scharfkantige Schatten in die zernarbte Oberfläche des Bergrückens. Die Szene erinnerte ihn an die Zeit mit Bassett im Hindukusch, wo sie im Rahmen gemeinsamer Kommandoaktionen so manche Mondnacht im Freien verbrachten, dort dem Feind auflauerten. Der Feind, Gegenden und Gefechtslagen mochten sich ändern, doch Anspannung und Mond, so er schien, waren stets dieselben geblieben.
    Er erinnerte sich an das Desaster, bei dem Bassett fast sein Leben verlor, als er hoch am Khyber-Paß auf diese verdammte Mine trat, die in Sichtweite seiner Posten – seiner eigenen Posten! – dort im Staub verbuddelt lag. Wie er ihn in rasender Fahrt nach Peshawar fuhr, ohne Licht durch unsicheres Terrain. Auch damals wies ihnen der Vollmond den Weg. Er hatte Bassett das Leben gerettet, sie waren quitt. Wie oft hatte Bassett ihn zuvor aufgrund seiner größeren Erfahrung vor dem sicheren Tod bewahrt! Ja, sie waren quitt – und unzertrennliche Freunde

Weitere Kostenlose Bücher