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Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe

Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe

Titel: Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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gerade sie, diejenige war, die all die Privilegien genoß, die sie hatte.
    Nicht daß sie je darauf verzichtet hätte. Das tat sie nicht. Vielleicht hatte sie sogar ein Recht darauf. Sie sah weiß Gott blendend aus. Alle hatten das gesagt, solange sie sich erinnern konnte. Aber sie war, und darüber hatte sich ihre Mutter stets beklagt, eine Beobachterin, eine Außenstehende.
    »Du dringst nie in die Dinge ein, Janet! Du mußt versuchen, über das hinwegzukommen!«
    Aber es war schwer, >darüber hinwegzukommen<. Sie sah ihr Leben wie die zwei Seiten einer Stereoaufnahme an — beide verschieden und doch in ein einziges Bild zusammenlaufend. Auf der einen Seite war die gutaussehende junge Dame aus untadeliger Familie, enorm reich, mit einer gesicherten Zukunft, verheiratet mit einem gutaussehenden, ungemein reichen, untadeligen Mann. Auf der anderen Seite stand ein Mädchen mit gerunzelter Stirn und fragenden Augen.
    Denn dieses Mädchen dachte, die Welt wäre größer als die eingeengte Sphäre, die ihr präsentiert wurde. Größer und viel zwingender. Aber niemand hatte ihr erlaubt, jene größere Welt zu sehen.

    Nur ihr Mann.
    Und der Teil der Welt, den er ihr gezeigt hatte, den anzusehen er sie gezwungen hatte, war erschreckend.
    Und deshalb trank sie.
     
    Während die Vorbereitungen für die Geburt andauerten, unterstützt durch einen beständigen Strom von Janets Freunden und Familienangehörigen, die ein und aus gingen, überkam Ulster Stewart Scarlett eine seltsame Passivität. Besonders diejenigen, die ihn scharf beobachteten, stellten das fest. Aber selbst andere konnten erkennen, daß sein hektisches Tempo langsamer geworden war. Er war ruhiger, weniger sprunghaft, manchmal nachdenklich. Und dann kam es wieder häufiger vor, daß er ganz allein verschwand. Nie für lange, nur für drei oder vier Tage. Viele, wie Chancellor Drew, schrieben das seiner bevorstehenden Vaterschaft zu.
    »Ich sage dir, Mutter, es ist einfach wunderbar. Er ist ein neuer Mensch. Und weißt du, ich habe ihm gesagt, daß Kinder die Lösung aller Probleme wären. Sie setzen einem Menschen ein Ziel. Du wirst schon sehen — wenn alles vorüber ist, wird er bereit sein, einen richtigen Männerberuf zu ergreifen. «
    »Du besitzt die Fähigkeit, das Offensichtliche zu erkennen, Chancellor. Dein Bruder sieht sein Ziel darin, dem auszuweichen, was du einen richtigen Männerberuf nennst. Ich nehme an, seine bevorstehende Rolle als Vater langweilt ihn zu Tode. Oder er trinkt schlechten Whisky.«
    »Du bist zu streng mit ihm...«
    »Ganz im Gegenteil«, unterbrach Elizabeth Scarlatti ihren älteren Sohn, »ich glaube, er ist viel zu streng mit uns.«
    Chancellor Drew sah sie verblüfft an. Er wechselte das Thema und begann, einen Bericht über Scarwycks neuestes Projekt vorzulesen.
    Eine Woche später brachte Janet Scarlett im französischen Krankenhaus einen Jungen zur Welt. Zehn Tage später wurde er in der Kathedrale von St. John dem Göttlichen auf den Namen Andrew Roland Scarlett getauft.
    Und einen Tag nach der Taufe verschwand Ulster Stewart Scarlett.

11.
    Zunächst achtete niemand darauf. Ulster hatte auch schon früher das Weite gesucht, und obwohl dies nicht gerade das Verhalten war, das man von einem jungen Vater erwartete, paßte Ulster ja auch nicht in irgendwelche konventionellen Schemata. Man nahm an, daß ihm die Stammesriten im Zusammenhang mit der Geburt eines männlichen Kindes einfach zuviel gewesen waren und daß er sich daher in Aktivitäten geflüchtet hatte, die man am besten nicht näher beschrieb. Als man aber auch nach drei Wochen noch nichts von ihm gehört hatte und eine Vielzahl von Leuten keine befriedigenden Erklärungen hatte liefern können, begann die Familie unruhig zu werden. Am fünfundzwanzigsten Tag nach seinem Verschwinden bat Janet Chancellor, die Polizei zu rufen. Statt dessen rief Chancellor Elizabeth an, was sich als wesentlich sinnvoller erwies.
    Elizabeth wog die ihr offenstehenden Alternativen sorgfältig ab. Die Polizei zu verständigen — das bedeutete Ermittlungen und wahrscheinlich ziemlich viel Publicity. Angesichts von Ulsters Aktivitäten im letzten Jahr war das nicht wünschenswert. Wenn Ulster sich aus freien Stücken entfernt hatte, würde man ihn nur provozieren, wenn man die Polizei einschaltete. Ihr Sohn war schon unberechenbar genug, ohne provoziert zu werden. Wenn eine Provokation hinzukam, so konnte es durchaus geschehen, daß er über die Stränge schlug. Sie beschloß, eine

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