Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe
nachdenklich in die Augen. »Wer sind >sie<, Mr. Canfield?«
»Das weiß ich nicht. Deshalb müssen wir miteinander reden. «
»Sie glauben, diese Leute stehen mit dem Verschwinden meines Sohnes in Verbindung, nicht wahr?«
»Ja, das glaube ich. Sie nicht?«
Darauf antwortete sie nicht direkt. »Sie sagten, wir sollten von vorne beginnen. Was verstehen Sie darunter?«
»Wir erfuhren, daß amerikanische Wertpapiere im Wert von einigen Millionen Dollar unter der Hand an einer ausländischen Börse verkauft worden waren. Damit fing alles an.«
»Was hat das mit meinem Sohn zu tun?«
»Er war dort. Er befand sich in dem speziellen Gebiet, als
die Gerüchte entstanden. Ein Jahr später, nach seinem Verschwinden, erhielten wir verläßliche Informationen, daß der Verkauf getätigt worden war. Er war wieder dort. Auffällig, nicht wahr?«
»Oder ein Zufall.«
»Diese Theorie haben Sie vom Tisch gefegt, als Sie mir vor einer Stunde die Tür öffneten.«
Die alte Frau starrte den Buchprüfer an, der mit ausgestreckten Beinen in einem Lehnstuhl saß. Er seinerseits beobachtete sie aus halb geschlossenen Augen. Er sah, daß sie wütend war, sich aber unter Kontrolle hatte.
»Sie sind anmaßend, Mr. Canfield.«
»Das glaube ich nicht. Und da wir wissen, wer der Mann war, der Sie ermorden wollte, und für wen er arbeitete – Godwin Soundso Wall Street – glaube ich, daß das Bild ziemlich klar ist. Jemand in der fünftgrößten Maklerfirma in New York ist wütend genug auf Sie oder hat genügend Angst vor Ihnen, um Ihnen nach dem Leben zu trachten.«
»Das ist reine Spekulation.«
»Zum Teufel mit Spekulationen! Ich habe genügend Schrammen, um das zu beweisen!«
»Wie hat Washington diese – zweifelhafte Verbindung hergestellt ?«
» >Washington< umfaßt viel zu viele Leute. Wir sind eine sehr kleine Abteilung. Üblicherweise befassen wir uns in aller Stille mit unehrlichen Regierungsbeamten in gehobenen Positionen.«
»Das klingt ja sehr geheimnisvoll, Mr. Canfield.«
»Ganz und gar nicht. Wenn ein Onkel des schwedischen Botschafters einen großen Coup in schwedischen Importen landet, dann ziehen wir es vor, das in aller Stille zu bereinigen. « Er musterte sie scharf.
»Jetzt wirken Sie wieder harmlos.«
»Ich bin weder mysteriös noch harmlos, das kann ich Ihnen versichern.«
»Und die Wertpapiere?«
»Der schwedische Botschafter...« « Canfield lächelte. »Der übrigens nach meinem besten Wissen keinen Onkel im Importgeschäft hat.«
»Der schwedische Botschafter? Ich dachte, Sie hätten gesagt, Senator Brownlee wäre derjenige, welcher.«
»Das war nicht ich. Das waren Sie. Brownlee hat genügend Wirbel gemacht, so daß das Justizministerium jeden vorlud, der irgendwann einmal mit Ulster Scarlett zu tun hatte. Auf einmal lag der Fall auf unserem Tisch.«
»Sie sind bei Reynolds!«
»Das haben auch wieder Sie gesagt, nicht ich.«
»Hören Sie auf, mit mir zu spielen. Sie arbeiten für diesen Reynolds, nicht wahr?«
»Eines bin ich ganz bestimmt nicht – Ihr Gefangener. Ich werde mich nicht ins Kreuzverhör nehmen lassen.«
»Also gut. Was ist mit diesem schwedischen Botschafter?«
»Sie kennen ihn nicht? Sie wissen nichts über Stockholm?«
»Herrgott noch mal, nein, ich weiß nichts!«
Canfield glaubte ihr. »Vor vierzehn Monaten ließ Botschafter Walter Pond Washington wissen, daß ein Syndikat in Stockholm dreißig Millionen Dollar für größere amerikanische Wertpapierpakete bereitgestellt hatte, falls man sie einschmuggeln konnte. Sein Bericht war am 15. Mai datiert worden. Das Visum Ihres Sohnes zeigt, daß er am 10. Mai nach Schweden eingereist ist.« «
»Schwach! Mein Sohn befand sich auf Hochzeitsreise. Eine Reise nach Schweden war dabei nichts Außergewöhnliches. «
»Er war allein. Seine Frau blieb in London. Das ist außergewöhnlich. «
Elizabeth erhob sich von ihrem Bett. »Das liegt mehr als ein Jahr zurück. Das Geld wurde nur bereitgestellt.«
»Botschafter Pond hat bestätigt, daß die Transaktion durchgeführt wurde.«
»Wann?«
»Vor zwei Monaten. Kurz nach dem Verschwinden Ihres Sohnes. «
»Ich habe Sie etwas gefragt, ehe Sie diesem Mann nachgerannt sind.«
»Ich erinnere mich. Sie haben mir einen Job angeboten.«
»Sind Sie seitens Ihrer Behörde befugt, mit mir zusammenzuarbeiten? Wir haben dasselbe Ziel. Es liegt kein Konflikt vor.«
»Was soll das bedeuten?«
»Ist es Ihnen möglich zu berichten, daß ich mich freiwillig erboten habe, mit Ihnen
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