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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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noch ein gutes Stück. Nach einiger Zeit sagte die schöne Frau: »Sieh die Früchte auf jenem Baum! Wirf mir doch von den Früchten herab. Steige hinauf und pflücke mir von den Früchten!« Der Baum war sehr hoch. Der Jäger stieg aber hinauf. Der Jäger stieg bis oben hin und warf der Frau von oben her Früchte zu. Er warf viele Früchte herab. Der Mann stieg immer höher. Als er ganz oben war, rief die schöne Frau von unten herauf: »Wenn du nach oben zum Himmel hin fort willst, so versuche es! Wenn du nach unten hin zur Erde herab fliehen willst, so versuche es! Wo du auch hinwillst, ich werde dich heute noch fressen.« Der Jäger sah hinunter. Er sah, wie die schöne Frau sich in eine gewaltige Irri (Schlangenart) verwandelt hatte, die sich um den Fuß des Baumes geschlungen hatte.
    Der Jäger sah das. Er schrie! Er schrie die Namen seiner Hunde. Die drei Hunde hießen: Oke Makeren (das war der Abschneider), Osoquako Gwenini (der Zuschnappende) und Ogballe Gbarawes (der Reiniger des Platzes). Als der Jäger schrie, waren die drei Hunde daheim eingeschlossen. Als der Jäger schrie, begann Oke Makeren die Tür des Hauses aufzuschneiden. Alle drei Hunde liefen eiligst durch den Busch. Sie kamen unter dem Baum an, auf dem der Jäger saß. Osoquako Gwenini stürzte sogleich auf die Irri zu, biß ihr den Kopf ab und verschluckte ihn. Die Schlange war tot. Darauf begann Oke Makeren die Schlange in Stücke zu zerschneiden und Ogballe Gbarawe schichtete das Fleisch auf. Dann reinigte er den Platz vom Blut.
    Der Jäger kam von seinem Baum herab. Er ging erst zu den Hunden und dankte ihnen. Dann betrachtete der Jäger das Fleisch und sagte: »Soviel Fleisch! Wer wird mir das nach Hause tragen können!« Die drei Hunde sagten: »Versprich uns, daß du nichts darüber sprechen willst, so wollen wir dir das Fleisch nach Hause tragen. Du darfst aber auch deiner Frau nichts davon sagen!« Der Jäger sagte: »Ich verspreche euch, daß ich niemandem, auch meiner Frau nicht, etwas sagen will.« Darauf gingen die drei Hunde in den Busch und holten sich Palmblätter. Sie machten aus dem Fleisch drei Pakete. Sie nahmen die Pakete auf und richteten sich empor. Sie waren nun drei Männer. Als Menschen trugen sie das Fleisch nach Hause und zum Agballa (Hinterhaus) des Jägers. Sie gingen von hinten hinein, während der Jäger von vorn kam. Die drei Männer legten hinten das Fleisch nieder, dann verwandelten sie sich wieder in Hunde. Der Jäger kam von vorn herein. Er begegnete beim Eintritt seiner Frau und sagte zu ihr: »Sieh das Fleisch, das ich dir in das Agballa geschickt habe!« Die Frau sagte: »Du hast mir ins Agballa Fleisch geschickt? Wen hast du mit dem Fleisch geschickt? Wer hat das Fleisch gebracht?« Der Jäger sagte: »Die Leute sind schon wieder fortgegangen. Ich traf sie unterwegs. Ich kannte sie gar nicht. Es waren wohl Fremde.« Die Frau ging in das Haus und sah das viele Fleisch. Die Frau sagte: »Das müssen drei starke Männer gewesen sein!« Am andern Tag ging die Frau zu einem Babalawo und fragte den: »Was waren das für Leute, durch die mein Mann gestern das Fleisch hat heimschicken lassen?« Der Babalawo sagte: »Kaufe Emu (echten Palmwein) und Ogoro (Wein von der Bambuspalme), mache gutes Essen. Setze das deinem Mann vor, dann kannst du es erfahren.« Die Frau des Jägers ging nach Hause. Die Frau kaufte Emu und Ogoro. Sie bereitete gute Speise. Sie setzte dem Mann die gute Speise vor. Als er gegessen hatte, gab sie ihm den Emu und Ogoro. Der Mann trank beides. Der Mann wurde betrunken. Die Frau fragte den Mann: »So sage mir doch, wer neulich das Fleisch heimgetragen hat!« Der Jäger sagte: »Eigentlich kann ich es nicht sagen. Du bist meine Frau. Du wirst nichts darüber sprechen. Ich kann es dir schon sagen. Das Fleisch haben mir meine Hunde heimgetragen. Die drei Hunde verwandelten sich in Menschen. Aber behalte es bei dir.« Die Frau sagte: »Ich will es bei mir behalten.«
    Die Hunde lagen jeden Morgen vor dem Zimmer des Jägers. Am andern Morgen wollte die Frau dort auffegen. Sie jagte die Hunde, die dort lagen, fort und sagte: »Macht, daß ihr fortkommt, die ihr weder richtige Hunde, noch richtige Männer seid!« Als die Hunde das hörten, sagten sie zueinander: »Der Jäger hat das seiner Frau aufgeschwatzt.« Darauf liefen die Hunde fort in den Busch.
    Die Frau des Jägers war damals schwanger gewesen. Drei Monate später gebar sie ein Kind. Das Kind konnte nicht hören, das Kind konnte nicht

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