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Das Schattenbuch

Das Schattenbuch

Titel: Das Schattenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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überreizten Nerven. Er nahm den
nächsten Pfad bergan, ging über den Helenenblick, von
dem aus man eine wunderbare Sicht auf die beiden Burgruinen
hatte, die nun von gelblichem Strahlerlicht liebkost wurden, und
hatte bald wieder die Höhe mit den Feldern erreicht.
Überall raschelte und wisperte es: Leben des Nachtwaldes.
Was immer ihm begegnet war, würde nicht in dem Wald
zurückbleiben. Denn es steckte in ihm selbst.
    Zu Hause schaute er nach, ob die Katzen gefressen hatten. Ihre
Schälchen waren leer, aber sie selbst waren wieder einmal
nirgendwo zu sehen. Arved ging zu Bett.
    Er träumte von Lioba, davon, wie sie neben ihm lag,
entspannt, glücklich. Und neben ihr lag die Gestalt mit den
langen Haaren und dem versteckten Gesicht.
    * * *
    Auch am Morgen ließen sich Salomé und Lilith
nicht blicken. Nachdem er ihre Näpfe aufgefüllt hatte,
umschlich Arved das Telefon. Sie hatte noch nicht angerufen. Er
sehnte sich nach ihrer dunklen, angenehmen Stimme. Immer wieder
ging er vom Wohnzimmer in die Diele und zurück. Endlich rang
er sich durch, nahm den Hörer auf und wählte Liobas
Nummer.
    Sie war nicht zu Hause; ihr Anrufbeantworter sprang an. Es
durchfuhr ihn, als er wenigstens ihre Stimme hörte. Er
wusste nicht, was er auf das Band sprechen sollte, und legte
wieder auf. Kurz danach klingelte sein Telefon.
    Wie elektrisiert sprang er in die Diele, riss den Hörer
hoch und rief erwartungsvoll: »Ja?«
    »Kommen Sie. Kommen Sie bitte!«
    Das war nicht Lioba. Er erkannte die Stimme zuerst nicht.
»Wer ist da?«
    »Schult. Bitte schnell! Ich weiß nicht…
keine Zeit für Erklärungen. Verdammt, was ist
das?« Das Gespräch brach ab. Arved starrte den
schweigenden Hörer an, legte auf, zog sich mechanisch die
Schuhe an, holte den Autoschlüssel, den
Wohnungsschlüssel, und erst als er hinter dem Steuer seines
alten Bentley saß, fragte er sich, was er da tat. Verdammt,
was ging ihn Manfred Schult an? Trotzdem startete er den Motor.
Der machtvolle Achtzylinder wurde schnurrend lebendig, und Arved
setzte rückwärts aus der Garage. Er fuhr durch das Dorf
in Richtung Niedermanderscheid und Autobahn. Als er an der
Abzweigung nach Pantenburg vorbeikam, dachte er an sein gestriges
Erlebnis. Er warf einen verstohlenen Blick auf die Straße,
die sich in den Wald bohrte, als dringe sie in ein
unaussprechliches Geheimnis ein. Niemand war zu sehen, auch auf
dem Beifahrersitz saß niemand, selbstverständlich
nicht, wie hätte er denn in den Wagen gelangen sollen, und
auch war kein sonderbarer Geruch zu bemerken, nichts
Außergewöhnliches an diesem sonnigen Sommertag, an dem
die Welt sich in Freude selbst zu umarmen schien.
    Schult hatte so verzweifelt geklungen. Nachdem Lioba Arved die
Geschichte ihres Ex-Mannes erzählt hatte, empfand er Mitleid
mit dem Abgerutschten und verzieh ihm seine ungerechten Aussagen
über Lioba.
    Arved lenkte den schweren Wagen zur Autobahn und rollte auf
Trier zu.
    Wieso hatte Schult ihn angerufen? Er hatte fürchterlich
verzweifelt geklungen. Hatte es etwas mit dem Schattenbuch zu
tun? Arved bemerkte, dass er das Interesse an Thomas Carnacki zu
verlieren begann. Es war so viel geschehen. Das Buch war der
Auslöser gewesen, und durch es hatte er seine große
Liebe gefunden, dessen war er sich sicher. Dabei sollte er es
belassen, vor allem, da auch Lioba die Suche aufgeben wollte. Das
Buch hatte genug Schicksal gespielt; nun reichte es.
    Arved schämte sich, mit seinem protzigen, ererbten Auto
bei Manfred Schults Haus vorzufahren. Also parkte er am
Grüneberg und ging die kurze Strecke zu Fuß. Er
würde schon noch rechtzeitig kommen.
    Er klingelte, niemand öffnete. Nun machte sich Arved doch
Sorgen. Hatte er nicht schnell genug reagiert? Schult hatte nicht
nüchtern geklungen, beruhigte er sich. Er war bestimmt
eingeschlafen. Also klingelte Arved noch einmal. Wieder ohne
Erfolg. Er trat einen Schritt von der Haustür zurück
und sah hoch zu Schults Fenster im ersten Stock. Nichts regte
sich, die vergilbten Gardinen hingen wie ein Schleier aus
verfilztem Haar vor der fleckigen, staubigen Scheibe.
    Eine Horde kreischender Kinder trampelte heran, dem Lärm
nach musste es eine Hundertschaft sein. Arved drehte sich nach
ihnen um und stellte erstaunt fest, dass es nur vier waren. Sie
rannten auf die Haustür zu, klingelten überall, es
wurde ihnen aufgedrückt, und bevor die Tür wieder ins
Schloss fallen konnte, schlüpfte Arved

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