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Das Schattenkind

Das Schattenkind

Titel: Das Schattenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Alexander
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mir nicht einmal seinen richtigen Namen genannt, dafür aber mein Kind g e nommen.
    "Mommy!"
    Laura blickte auf. Manuel stand auf der anderen Seite des Hügels. Bisher hatte sie ihn nur im Traum so deutlich gesehen. Vorsichtig hob sie die Hand und streckte sie nach ihm aus.
    Der kleine Junge machte ein paar Schritte auf sie zu. Jetzt hob auch er die Hand. Ihre Finger berührten sich fast, doch dann drehte er sich um und rannte davon.
    "Manuel, bleib stehen!" Laura rannte ihm nach, ohne daran zu de n ken, daß es ihr nicht möglich sein würde, einen Geist einzuholen.
    Lachend drehte er sich um, dann war er von einer Sekunde zur a n deren verschwunden.
    Die junge Frau fühlte eine tiefe Enttäuschung in sich. Sie ging zu der Stelle, an der sie Manuel zuletzt gesehen hatte. Erst jetzt bemerkte sie den marmornen Engel, der dort stand. Sie beugte sich hinunter, um die Inschrift im Sockel zu entziffern. Sie war in italienisch abgefaßt. "In Erinnerung an ein geliebtes Kind", übersetzte sie hal b laut.
    Laura berührte den kühlen Stein, der noch nicht die geringsten Sp u ren einer Verwitterung aufwies. Länger als ein paar Jahre stand der Engel bestimmt noch nicht auf dem Friedhof, aber es waren weder eine Jahreszahl noch ein Name eingraviert.
    Es wurde allerhöchste Zeit, daß sie nach Thorburn Hall zurüc k kehrte. Sie hatte mit Lady Ireen ausgemacht, David in einer Stunde abzuholen. Eine Verspätung würde man ihr kaum ve r zeihen.
    Kurz vor sechs betrat Laura die Halle des Herrenhauses. "Wo w a ren Sie denn, Miß Newman?" wurde sie vom Butler empfangen. "Lady Thorburn hatte zweimal nach Ihnen g e fragt."
    "Ich bin ein Stückchen spazierengegangen", antwortete die junge Frau. "Ist etwas mit D a vid?"
    "Master David ist bei Herrn Thorburn", entgegnete James Burton. "Sie sind zum Spie l platz gegangen."
    "Und Lady Thorburn?"
    "Lady Thorburn ist mit ihren Freunden nach Minehead gefahren." Der Butler sah sie vorwurfsvoll an. "Lady Thorburn ist sehr ungehalten gewesen, weil wir Sie nicht erreichen konnten, Miß Newman."
    "Das tut mir leid, Burton", bemerkte Laura. Was bildete sich diese Frau eigentlich ein? Glaubte sie wirklich, daß ihr überhaupt keine Freizeit zustand? Auch wenn es ihr Freude machte, sich vierundzwa n zig Stunden am Tag um David zu kümmern, ab und zu brauchte sie ein paar Minuten für sich.
    Sie verließ das Haus und wandte sich dem Spielplatz zu. David saß in seinen hellen Hosen im Sandkasten und war eifrig damit beschäftigt, gemeinsam mit seinem Onkel Rougemont Castle nachzubilden. Die Krawatte hatte er achtlos in den Sand geworfen. Das Jackett hing über der Schaukel.
    "Störe ich?" fragte Laura.
    Die beiden Männer blickten auf. "Sie können uns helfen, Miß La u ra", sagte David. "Bitte, holen Sie etwas Wasser. Der Sand will nicht richtig halten."
    "Am besten, Sie borgen sich eine der Gießkannen von Wolters aus", schlug Jonathan vergnügt vor. Er stand auf und streifte sich mit den Händen die Hosen ab. "Nein, lassen Sie nur. Ich wollte David nur bis zu Ihrer Rüc k kehr beschäftigen."
    "Was ist denn passiert?"
    "Sagen wir, es war nicht gerade Davids Tag", erklärte Jonathan und zwinkerte seinem Neffen zu. "Zuerst hat David seine Milch umgewo r fen und dann hat er auch noch Lady Ireen widersprochen." Er hob die Schultern. "Vermutlich wird Ihnen meine Schwägerin noch einiges dazu sagen."
    David kletterte aus dem Sandkasten. Er schob seine Hand in La u ras. "Es tut mir leid", meinte er. "Ich wollte die Milch nicht umwe r fen."
    "Schon gut, David, mach dir deshalb keine Sorgen."
    "Gehen wir noch ein paar Schritte." Jonathan hob die Krawatte se i nes Neffen auf und ergriff auch das Jackett. "Wo waren Sie?" fragte er, als sie den Weg zu den Klippen einschlugen. David rannte ihnen vo r aus.
    "Auf dem Friedhof", erwiderte Laura. "Mir ist dort ein Marmore n gel aufgefallen. Die Inschrift ist italienisch und spricht von einem 'geliebten Kind'. Wissen Sie, welches Kind damit gemeint ist?"
    "Nein." Ihr Begleiter schüttelte den Kopf. "Mein Bruder hat den Engel vor einigen Jahren aus Italien mitgebracht. Er behauptete d a mals, er hätte die Skulptur im Garten eines Freundes gesehen. Er sei so begeistert von ihr gewesen, daß der Mann sie ihm geschenkt hätte."
    "Klingt nicht, als würden Sie daran glauben, Mister Thorburn", bemerkte die junge Frau.
    "Nein, ich glaube auch nicht daran", gab Jonathan zu. "Samuel hat die Skulptur nicht ohne Grund auf unserem Friedhof aufgestellt. Aber was nützt alles

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