Das Schicksal der Paladine - Gejagt (German Edition)
nehmen. »Ihr tragt eine große Verantwortung, Tristan«, sagte er nach einer Weile. »Mögen die Schwingen der Vanari Euch beschützen. Ich werde mich nun ausruhen, wenn Ihr etwas braucht, dann ruft. Es wird Euch jemand hören und mich benachrichtigen.« Er nickte Tristan noch einmal zu und ging.
Eine große Verantwortung, wiederholte Tristan in Gedanken. Das konnte man wohl laut sagen. Die Nekromanten waren hinter ihm her, und wer Tristan Schutz bot, brachte sich damit selbst in Gefahr. Er hatte fast ein schlechtes Gewissen, bei ihnen zu bleiben, aber die Vanamiri hatten ja davon gesprochen, dass die Nekromanten das Amulett hier womöglich nicht finden konnten. Vielleicht war er hier ja sicher.
Was wollten die Nekromanten eigentlich mit dem Amulett, fragte er sich. Verhindern, dass neue Paladine kamen, die ihnen gefährlich werden konnten? Wollten sie nur die Macht kontrollieren, die das Amulett den Paladinen und wohl auch ihrem Anführer Mardra verlieh? Oder würde Mardra es zerstören, wenn es ihm in die Hände fiel? Vielleicht wollte er auch zur Erde zurückkehren. Und wenn er dort noch eine Zeitlang seine Untoten-Zauber wirken konnte, so wie Darius noch eine Weile heilen konnte, dann – der Gedanke jagte Tristan einen Schauer über den Rücken. Keine Frage, die Nekromanten durften das Amulett nicht bekommen.
Tristan grübelte einige Zeit vor sich hin, erkundete aus Langeweile die Ecken des Raumes, die aber auch keine Überraschungen zu bieten hatten, und trat dann hinaus. Wie lange würde er wohl warten müssen, bis man ihn wieder zum Hochlord rief? Wie lange brauchte ein Del-Sari, um zur entferntesten Vanamiri-Stadt auf der Insel und wieder zurückzufliegen? Vermutlich Stunden. Viel Zeit für die Nekromanten, um ihn einzuholen. Selbst wenn sie ihn hier nicht fanden, würden sie doch in der Nähe sein, wenn man ihn fortschickte. Und fort schicken würde man ihn, da war Tristan sich sicher. Hochlord Selron hatte jedenfalls nicht so geklungen, als ob man ihn hier länger als nötig dulden würde, und sicher würde man ihm erst recht nicht gestatten, das Amulett hier zu lassen und nach Hause zurückzukehren.
Tristan ballte die Fäuste. Das war so ungerecht. Wenn die Legende stimmte, hatten die Vanamiri die Amulette erschaffen, auch jenes, durch das die Nekromanten gekommen waren. Letztlich war doch alles ihre Schuld. Warum sollte ausgerechnet er, Tristan, das Amulett verstecken und sich in Gefahr bringen?
Die Antwort lag natürlich auf der Hand, wie Tristan sich eingestehen musste. Mit dem Amulett um den Hals war er quasi unbesiegbar, auch wenn er sich ganz und gar nicht so fühlte. Denn es gab ja immer noch die schwarzen Pfeile, die seine Kräfte würden schwinden lassen. Trotzdem konnte er es wohl eher mit den Nekromanten aufnehmen als die wenigen Vanamiri.
Wenn Johann also gefallen, gefangen oder verschollen war – und das befürchtete Tristan -, dann musste Tristan so lange durchhalten, bis sein Vater zurückkehrte. Er blickte auf das Amulett. Konnte sein Vater überhaupt zurück, während Tristan es um den Hals trug? Wohl kaum. Also musste er es hinlegen. Aber wann? Wann würde Darius wohl zurückkommen?
Tristan rechnete. Es waren etwas mehr als 24 Stunden vergangen, seit sie sich getrennt hatten, also etwa – er seufzte – erst dreieinhalb Stunden auf der Erde. Darius hatte sich erst umziehen müssen, und war dann vermutlich mit einem Taxi zum Krankenhaus gefahren. Und wie lange mochte der Heilprozess selbst dauern? Tristan hatte keine Ahnung, erinnerte sich aber, dass Darius gegenüber Katmar von ein bis zwei Wochen geredet hatte, die er brauchen würde. Konnte es wirklich so lange dauern? Oder hatte Darius noch Zeit für andere Dinge eingeplant, die er auf der Erde angehen wollte?
Mit einem Mal war Tristan klar, was er zu tun hatte. Forschen Schrittes ging er zurück ins Gästehaus, schloss die Tür und legte das Amulett ab. Mit der Spitze seines Schwertes ritzte er seinen Finger und rieb das Blut auf das Portlet. Es dauerte eine Weile, dann kam der helle Blitz und der Lichtzylinder erschien, hinter dem nur Dunkelheit zu sehen war. Fünfzehn Minuten, ermahnte sich Tristan, länger durfte er nicht wegbleiben. Damit schritt er durch das Portal.
Er stöhnte, als er in die dunkle Kammer stolperte, die auf der anderen Seite lag. Es war, als hätte ihn ein schwerer Hieb getroffen. Seine Glieder schmerzten, er hatte mit einem Mal furchtbaren Muskelkater und die kleinen Blessuren, die er in Nuareth
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