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Das Schicksal in Person

Das Schicksal in Person

Titel: Das Schicksal in Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verschwand gemeinsam mit Joanna. Mrs Riseley-Porter, die einen verspäteten Versuch gemacht hatte, ihre Nichte zurückzurufen, erklärte jetzt, dass sie sich in die Halle setzen würde, da es angenehmer sei, dort zu warten. Miss Lumley stimmte ihr zu, und Mr Caspar begleitete die Damen ritterlich.
    Professor Wanstead und Miss Marple blieben allein zurück.
    »Ich glaube«, sagte der Professor, »dass es nett wäre, sich vors Hotel zu setzen. Es ist eine kleine Terrasse da mit Blick auf die Straße. Haben Sie Lust mitzukommen?«
    Miss Marple nickte und stand auf. Sie hatte bisher kaum ein Wort mit Professor Wanstead gewechselt. Er war meistens in eines seiner wissenschaftlichen Bücher vertieft gewesen und hatte sogar den Versuch gemacht, während der Omnibusfahrt zu lesen.
    »Aber vielleicht wollen Sie auch lieber Einkäufe machen«, sagte er. »Ich selbst möchte gerne irgendwo in Ruhe auf die Rückkehr von Mrs Sandbourne warten. Ich finde es wichtig zu erfahren, woran wir sind.«
    »Ich bin ganz Ihrer Ansicht«, sagte Miss Marple. »Und da ich mich gestern in der Stadt umgesehen habe, muss ich es heute nicht schon wieder tun. Ich möchte hier warten, falls ich gebraucht werde. Sicher ist es gar nicht nötig, aber man kann ja nie wissen.«
    Sie gingen zur Hoteltür hinaus, und der Professor führte Miss Marple zu der kleinen Terrasse, auf der einige Korbstühle standen. Es war im Augenblick niemand dort, und so konnten sie es sich bequem machen. Miss Marple betrachtete den Professor nachdenklich, sein zerfurchtes Gesicht, die buschigen Augenbrauen und seine graue Haarmähne. Ihr war aufgefallen, dass er gebückt ging. Ein interessantes Gesicht, dachte sie. Seine Stimme war trocken und beißend.
    »Ich irre mich doch nicht«, sagte der Professor nun. »Sie sind Miss Jane Marple, nicht wahr?«
    »Ja, ich bin Jane Marple.«
    Sie war überrascht über diese Frage. Aber sie war ja auch zwei Tage nicht mit den andern zusammen gewesen, und man hatte deshalb wenig Gelegenheit gehabt, sie kennen zu lernen.
    »Das habe ich mir gedacht«, meinte der Professor. »Sie sind mir nämlich beschrieben worden.«
    »Beschrieben?«, fragte Miss Marple ungläubig.
    »Ja, Sie sind mir beschrieben worden«, sagte er. Und fügte mit leiserer Stimme hinzu: »Von Mr Rafiel.«
    »Ach«, sagte Miss Marple erstaunt. »Von Mr Rafiel?«
    »Überrascht Sie das?«
    »Ja, etwas. Ich habe nicht erwartet, dass – «, begann Miss Marple und brach ab.
    Professor Wanstead schwieg und schaute sie forschend an. Gleich wird er mich fragen, wie sind die Symptome, dachte Miss Marple. Beschwerden beim Schlucken? Oder Schlaflosigkeit? Ist die Verdauung in Ordnung? Sie war fast sicher, dass er Arzt war.
    »Wann hat er mich Ihnen denn beschrieben? Das muss – «
    »Sie wollen sagen, es muss schon eine Weile, ein paar Wochen her sein. Ja, das war kurz vor seinem Tod. Er erzählte mir, dass Sie diese Reise mitmachen würden.«
    »Und er wusste, dass Sie auch dabei sein würden? Dass Sie mitkommen würden?«
    »Ja, so kann man es ausdrücken«, antwortete Professor Wanstead. »Er sagte, dass er es so eingerichtet habe, dass Sie dabei seien.«
    »Es war sehr freundlich von ihm«, sagte Miss Marple. »Wirklich sehr freundlich. Ich war sehr überrascht, als ich davon erfuhr. So eine Reise hätte ich mir selbst nie leisten können.«
    Professor Wanstead nickte.
    »Es ist sehr traurig, dass nun so etwas passiert ist«, sagte Miss Marple. »Da uns allen die Reise soviel Spaß gemacht hat.«
    »Ja«, meinte Professor Wanstead. »Sehr traurig. Und es kam so unerwartet, finden Sie nicht? Oder doch nicht ganz so unerwartet?«
    »Wieso? Wie meinen Sie das, Professor Wanstead?«
    Er lächelte.
    »Mr Rafiel hat mir viel von Ihnen erzählt, Miss Marple«, sagte er. »Er meinte, dass es gut wäre, wenn ich diese Reise mitmachte. Da sich die Reisenden einer solchen Tour nach ein paar Tagen automatisch kennen gelernt hätten, würde ich schon zur rechten Zeit Ihre Bekanntschaft machen. Er meinte außerdem, dass ich – nun sagen wir – ein Auge auf Sie haben sollte.«
    »Ein Auge auf mich haben?«, wiederholte Miss Marple leicht missbilligend. »Aus welchem Grund?«
    »Wahrscheinlich, um Sie zu beschützen. Er wollte sicher sein, dass Ihnen nichts geschieht.«
    »Aber was sollte mir denn geschehen? Das möchte ich wirklich wissen.«
    »Vielleicht dasselbe, was Miss Temple passiert ist.«
    In diesem Augenblick kam Joanna Crawford um die Ecke, in der Hand eine Einkaufstasche. Sie

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