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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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auf und einige trugen einen falschen Kinnbart aus Gold und farbigem Glas. Wieder andere waren in einfache Leinengewänder mit bunten Mustern gekleidet.
    »Das ist offenbar ein antiker Marktplatz«, verkündete Anselm. »Und zwar ein internationaler.«
    Filine trat an einen der Stände und betrachtete eine Silberschale, deren Rand mit Hieroglyphen bedeckt war.
    »Seltsam!«, meinte sie, nachdem sie die Inschrift in Augenschein genommen hatte.
    »Was denn?« No war neben sie getreten und sah sich die ausgestellten Waren ebenfalls an.
    Filine schüttelte den Kopf. »Ich kann das hier nicht lesen.«
    Anselm lachte. »Was ist denn daran so seltsam? Du weißt doch nicht einmal, wo wir sind! Für mich sieht das sowieso alles chinesisch aus.«
    »Jetzt bleib doch mal ernst«, wies ihn Filine zurecht. »Du hast recht, das ist ein Marktplatz. Und es sieht auch total danach aus, als würden hier Waren aus aller Welt angeboten. Aber jetzt pass mal auf! Auf der Schale hier sind ägyptische Hieroglyphen, aber nur zum Teil. Und das ist wirklich verrückt …«
    Bent trat zu Filine. Oliver folgte ihm.
    Filine deutete auf einige Buchstaben. »Ich kann Ägyptisch. Und das Wort hier kann ich lesen, es heißt ›Pharao‹. Aber was danach kommt, ist nicht mal ein Name. Man kann es einfach nicht aussprechen. Es sieht aus wie eine Kinderschrift oder eine Krakelei …« Sie beugte sich über ein paar Teller. »Diese Hieroglyphen gibt es nicht. Die hat irgendjemand sich ausgedacht und dahin gemalt. Das ist völlig sinnlos.«
    »Du meinst, das sind Fantasiebuchstaben?« No beugte sich neugierig vor und musterte die Teller.
    Rufus stand immer noch am Rand des Platzes und sah den anderen zu. Filine hatte sie komplett abgelenkt. Das verschaffte ihm Zeit, sich umzusehen und zu überlegen, was er tun sollte. Schnell lief er die Stufen des großen Gebäudes mit den glatten Mauern nach oben. Niemand sah ihm nach.
    »Diese ganze Stadt kommt mir total zusammengewürfelt vor«, sagte Filine. »Habt ihr gesehen, dass die Menschen Kleidung aus aller Herren Länder tragen? Und sie sehen auch so aus, als kämen sie von überall her.«
    »Vielleicht sind das alles Touristen«, meinte No.
    Filine schnaubte. »Mann, No, es gab keinen Tourismus im Altertum.« Sie deutete auf ein hohes Gebäude. »Sieh mal da oben! Siehst du diese merkwürdigen Sonnenvögel über dem Portal?«
    Sie zeigte auf einige in das Gesims geritzte Vogelfiguren, aus deren Flügeln Sonnenstrahlen hervorbrachen.
    »Ja«, nickte No.
    »Die sehen auch nach Ägypten aus. Aber wir sind nicht in Ägypten. Denn dort gab es nur die Strahlen, aber keine Vögel! Diese Vögel sind aber wiederum eindeutig nach einem ägyptischen Vorbild gestaltet, nämlich der geflügelten Sonnenscheibe. Wer auch immer das hier angefertigt hat, er hat das Symbol nachgemacht und es dabei verändert. Aus der geflügelten Sonnenscheibe ist ein Sonnenvogel geworden.«
    Und wer macht so was?, schrieb Oliver auf seinen Block und hielt ihn hoch.
    Filine zuckte die Schultern. »Die Chetiter oder die Assyrer, keine Ahnung.« Sie zeigte auf einen Schmuckanhänger an einem der Stände – eine menschenähnliche Figur mit Armen und Beinen. »Und seht mal da! Das ist das ägyptische Lebenszeichen, das Henkelkreuz, an das irgendjemand zusätzlich Arme und Beine angefügt hat. Das ist wieder so eine total verrückte Mischung!«
    »Hm …«, brummte No. »Und was bedeutet das jetzt?«
    »Wenn ich das nur wüsste«, seufzte Filine. »Wo auch immer wir sind, die Menschen hier kennen das alte Ägypten. Aber es sind keine Ägypter. Dafür gibt es hier viele Griechen. Doch wir sind auch nicht in Griechenland. Dafür stehen die Häuser zu eng. Das alles wirkt wie eine Zwischenwelt. Ich habe wirklich keine Ahnung, wo wir sind.«
    Rufus ging es in diesem Augenblick ganz ähnlich. Vorsichtig blickte er sich nach der Taube um, aber diese schien zum Glück verschwunden zu sein. Hatte er sich vielleicht geirrt und sich zu sehr von seiner Furcht beherrschen lassen?
    Er stieg weiter die Stufen des hohen Gebäudes hinauf. Dabei war ihm zumute, als liefe er durch ein Labyrinth, dessen Wege immer enger wurden. Endlich war er oben angekommen und drehte sich um. Von hier hatte er tatsächlich einen guten Überblick über die Stadt und die Flut schien zu halten. Rufus erkannte jetzt, dass sie auf einer nicht sehr großen Felsinsel waren, die so vollgebaut mit Häusern war, dass sie auch von oben wie eine enge, moderne Großstadt wirkte.
    »Sor!«,

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