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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wieder heraus. Dann gab er ihr zwei starke Kreislaufinjektionen und massierte das Herz. Als wieder etwas Farbe in Erikas leichenblasses Gesicht kam, lehnte sich der alte Arzt erschöpft zurück und nickte Haußmann zu.
    »Bene …«, sagte er.
    »Ich danke Ihnen, Doktor.« Karl zitterten die Knie. Mehr konnte er nicht sagen. Was er in der letzten halben Stunde mitgemacht hatte, war nicht in Worten auszudrücken.
    »Legen Sie sich hin, Herr Direktor«, sagte Marion, als der Arzt gegangen war. »Ich bleibe bei Ihrer Frau und halte Wache.«
    »Das kann ich nicht verlangen«, stotterte Karl.
    »Verlangen nicht. Aber ich tue es.«
    »Sie haben es entdeckt.« Karl schluckte mehrmals. »Ihnen verdanke ich die Rettung meiner Frau.«
    »Reden wir nicht mehr davon.« Marion setzte sich an die Bettkante. »Ruhen Sie sich jetzt aus.«
    »Sie können in meinem Zimmer schlafen.« Frank Hellberg stand am Fenster. »Ich bleibe auch hier.«
    »Danke. Ich … ich bin völlig durcheinander.«
    Hellberg wartete, bis Karl das Zimmer verlassen hatte. Dann trat er hinter Marion und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    »Du bist besser, als du aussiehst«, sagte er leise.
    Marion verstand ihn. Er schien das Doppelspiel durchschaut zu haben.
    »Man täuscht sich oft«, antwortete sie.
    Erika schlief drei Tage lang. Zweimal täglich kam der alte Arzt, gab ihr eine Kreislaufspritze, schimpfte über den Lumpen Tezza und trank auf Kosten Haußmanns nach der Konsultation einen Liter Rotwein in der Wirtschaft.
    »Sie ist über'n Berg«, sagte er am dritten Tag. »Aber zehn Tage Ruhe ist das mindeste, was sie braucht. Wenn sie aufwacht, haben wir die Krisis überstanden.«
    In diesen drei Tagen waren viele Fragen zwischen Karl, Marion, Frank und Claudia besprochen worden. Zunächst ging es darum, die Schiffsplätze in Bari auf dem Fährschiff ›Sveti Stefan‹ zu bekommen. Hellberg, der in Bari angerufen hatte bei der Stazione Marittima, erfuhr, daß telefonische Anmeldungen völlig sinnlos seien. Man schlage sich um die Schiffskarten. Aus Foggia und Brindisi habe man schon Polizeiverstärkung heranholen müssen. Die Menschen benähmen sich wie die Raubtiere. Die Todesangst zerriß alle Erziehung und Moral.
    »Es bleibt nichts übrig, als nach Bari vorauszufahren, die Karten zu besorgen und Sie und Ihre Frau dann abzuholen«, sagte Frank. »Sonst warten wir in Bari zwei oder drei Wochen. Vielleicht gelingt es mir, Karten für eine baldige Passage zu bekommen. Es wird alles nur eine Geldfrage sein.«
    »Bieten Sie, was man vertreten kann. Ach was, zahlen Sie jeden Preis!« Karl Haußmann wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Und Sie wollen wirklich das Opfer auf sich nehmen und vorausfahren, Frank?«
    »Das bedarf doch keiner Frage, Herr Haußmann.«
    »Sie sind ein wahrer Freund.« Karl drückte Frank die Hände. »Ich kann noch immer nicht begreifen, daß Erika so etwas getan hat. Ich habe ihr nie die Verzweiflung über die Krankheit angemerkt. Es muß ein Kurzschluß gewesen sein. Das Erlebnis bei diesem Schuft Tezza … das war zuviel für sie.«
    Die anderen nickten stumm.
    Auch sie blieben in dem Irrtum befangen, Erika sei angesichts ihrer Krankheit verzweifelt.
    Wenn sie die Wahrheit gewußt hätten!
    Vielleicht hätte die Fahrt nach Bari zum ›Schiff der Hoffnung‹ nie so stattgefunden, wie sie an diesem Abend beschlossen wurde.
    »Ich fahre mit«, sagte Marion, als man wieder auf die Fahrt kam. »Ich kann dich ablösen, Frank. Ich fahre zwar nicht gut, aber besser schlecht gefahren, als gut gelaufen.«
    »Und ich?« fragte Claudia leise.
    »Sie natürlich auch.« Frank nickte ihr zu. »Sie gehören jetzt zur Familie.«
    »Das walte Gott!« Marion nahm einen Schluck Wein. Was sie sonst noch sagen wollte, mußte sie hinunterspülen.
    Frühmorgens, gleich nach der Morgendämmerung, starteten sie. Es war ein sonniger, aber windiger Tag. Über die Hänge von Capistrello pfiff der Wind und rüttelte die Pinien.
    Zuerst saß Frank Hellberg am Steuer. Er fuhr die Straße Nr. 82 über Sora bis zur Kreuzung der Straße Nr. 6, die nach Cassino entlang dem Höhenrücken der Monti Simbrunini führt. Über Cassino erreichten sie die Autobahn nach Neapel. Aber Hellberg fuhr nicht bis zu der vielbesungenen Straße, sondern zweigte vorher ab auf die Straße Nr. 7 in Richtung Caserta – Benevento – Foggia. Ihm schien dies der nächste Weg zu sein, quer durch den Appennino Meridionale, durch Weingärten und rauhe Felsschluchten, verlassene Täler

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