Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
verschiedenes Eis. Schokolade, Erdbeer, Pistazien.
    »Und nun auf zur Zimmersuche!« sagte Hellberg, als sie das Eis gegessen hatten. »Das wird ein harter Brocken.«
    Seine Ahnung trog nicht.
    Bari war ein Heerlager geworden. Rund um den Hafen waren alle Hotels, Pensionen, Privathäuser, ja selbst die Lagerhäuser besetzt. Auf der Piazza Christ. Colombo standen Wohnwagen an Wohnwagen, die findige Italiener beim Einsetzen des Krankensturmes sofort dorthin gefahren hatten und für teures Geld vermieteten. Denn kein Platz war günstiger als der Kolumbus-Platz. Links von ihm ging die breite Molo Foraneo ab, eine mit Schienensträngen übersäte künstliche Halbinsel, der Hauptumschlagplatz des Hafens von Bari. Am Ende der Mole aber lag der Ankerplatz der ›Sveti Stefan‹, dem Fährschiff nach Jugoslawien.
    ›Das Schiff der Hoffnung.‹
    Drei Stunden lang liefen Hellberg und die beiden Mädchen durch Baris Straßen. Durch die enge, winkelige Altstadt, durch die saubere, schachbrettartig angelegte Neustadt mit ihren breiten Boulevards, dem Corso Vittore Emanuel II., Corso Cavour und Corso Mazzini. Vom Hauptbahnhof bis zum alten Castello liefen sie, vom Fischereihafen bis zurück zur Piazza Garibaldi mit dem ewig plätschernden Brunnen und der subtropischen Pflanzenpracht. Der Verkehr brandete an ihnen vorbei. Omnibusse, Schlangen von Autos, Pferdekarren, Droschken, schreiende Kinder.
    Vom Fremdenverkehrsbüro Uffizio Informazioni Corso Cavour 2 hatte Hellberg eine Liste mit Privatpensionen, kleinen Hotels und Privatzimmern erhalten.
    »In den großen Hotels – unmöglich, Signore«, sagte der freundliche, aber erschöpfte Mann hinter der Theke des Fremdenverkehrsbüros. Seit Tagen und Wochen sagte er immer das gleiche. Er kam sich wie ein Papagei vor. »Alles ausgebucht. Für Wochen. Im Hotel Palace? Nicht für 1.000 Dollar, Signore. Sie glauben ja nicht, was hier los ist!«
    Hellberg glaubte es. Er sah es ja. Um den Hafen herum und auch in der Stadt stauten sich die Autos mit fremden Nummernschildern. Es schien, als sei man dörferweise nach Bari gezogen. Und in allen Augen, in die er am Hafen blickte, sah er Entschlossenheit und Kampf um das nackte Leben.
    Hinüber nach Jugoslawien.
    Hinüber nach Sarajewo.
    Die Wunderkapsel HTS.
    Sechzehn Stück sollen einen Krebskranken heilen!
    Sechzehn Stück!
    Und heute nacht fährt wieder das Schiff über das Meer nach Dubrovnik.
    Auf dem Schwarzmarkt in Bari, in den Gäßchen hinter dem Fischereihafen, verkauft man die Fährkarte schon für 100 Dollar.
    Die Zimmerliste nützte Hellberg wenig. Überall, wo er hinkam, was das Zimmer schon besetzt. Aber in einem Haus in der Via Tanzi erlebte er einen Teil des Wunders, auf das er wartete. Der Padrone, der Hauswirt, der ihm öffnete, hob sofort beide Hände, als er die Liste in Hellbergs Hand sah.
    »Nix! Nix!« sagte er in richtiger Einschätzung, einen Deutschen vor sich zu haben. »Voll bis unters Dach.« Und dann zog er Hellberg in die Diele der Pension, beugte sich vor und sagte: »Billietti für Schiff, ja? Quanta? Drei … vier …«
    Hellberg hielt den Atem an. War so etwas möglich?
    »Fünf!« sagte er.
    »Prego.« Der Padrone griff in die Tasche. »Stück 200 deutsche Mark. Data … prego …« Er holte eine der Schiffskarten hervor. Es war die Reservierung von zwei Kabinen zweiter Klasse für eine Überfahrt nach Dubrovnik in 11 Tagen. »Macht 1.000 deutsche Mark. Hast du?«
    »Ich habe!« Hellberg zählte 10 Hundertmarkscheine in die schmuddelige Hand des Padrone. Dann nahm er die Karten entgegen und verstaute sie wie einen Goldschatz in seiner Brieftasche.
    »Und wo bekommen wir drei Betten?« fragte er danach. »Seit drei Stunden rennen wir herum.«
    »Ich habe einen Freund.« Der Padrone riß von der Zeitung, die auf dem Tisch in der Diele lag, den Rand ab und schrieb eine Adresse darauf. »Hier, Signore. Zeigen Sie Schrift, er kennt sie. Sie werden Betten bekommen.«
    »Das Wunder zweiter Teil!« sagte Hellberg, als er wieder bei den Mädchen war. »Wir haben die Karten und wir haben Betten! Wir müssen wahre Glückskinder sein!«
    So kamen sie zu der Pensione Renzo. Sie lag in einer der engen, winkeligen, schmutzigen Gassen der Altstadt. Ein Haus, an dem Hellberg normalerweise schnell vorbeigelaufen wäre.
    Der Hauswirt las den abgerissenen Zeitungsrand, nickte und gab den Eintritt frei.
    »Dritte Etage«, sagte er. »Nummer 14. Nur ein Raum, aber mit zwei Betten. Eins kommt noch. Pro Kopf und Nacht 100.000 Lire.

Weitere Kostenlose Bücher